Es ist ein unscheinbarer Satz, den die Regierungen der beiden Basel am Dienstag in ihre gemeinsame Medienmitteilung geschrieben haben:
Die Tramverbindung Margarethenstich soll eine schnelle und direkte ÖV-Verbindung vom Leimental zum Bahnhof SBB gewährleisten.
Ein Satz, als wäre da nie was gewesen.
Und nicht nur das: Die beiden Regierungen stufen die Tramverbindung aus dem Leimental zum Bahnhof SBB gar zum „Schlüsselprojekt“ hinauf.
Bumm!
SVP-Landrat Hanspeter Weibel, der vermeintlich überragende Sieger der Abstimmung vom September 2017, steht denn bereits in Bottmingen auf der Barrikade.
Eine Missachtung des Volkswillens sei dieser Satz.
Man werde das Projekt erneut bekämpfen, sollten „die Baselbieter erneut über den Kredit für den Margarethenstich abstimmen müssen“.
Herr Weibel und seine Mitstreiter können den selbst gebuddelten Schützengraben verlassen.
Es wird keine Abstimmung mehr geben.
Über den Baselbieter Anteil von 7.3 Millionen Franken hätte schon 2017 nicht abgestimmt werden müssen, hätte die damalige Baudierektorin die politische Lage (einmal mehr) nicht falsch eingeschätzt.
Weil man das Projekt auch anders hätte finanzieren können.
Zum Beispiel hätte Basel-Stadt die gesamten Baukosten übernehmen können, was im Vorfeld diskutiert worden war. Die BLT hätte über die Abschreibungszeit von 40 Jahren, quasi als Pacht, die Baselbieter Millionen zahlen können: 17’500 Franken im Jahr.
Was zeigt, wie man mit alternativen Fakten auch bei uns zu der Zeit noch Abstimmungen gewinnen konnte: «Zu teuer für 5 Minuten Zeitgewinn».
Doch mit der Abstimmung war lediglich eine Schlacht verloren. Für Basel-Stadt und den Bund war das Ergebnis das, was es war: kein Nein zum Projekt, sondern lediglich ein Nein zum Baselbieter Beitrag. Auch wenn die Gegner die Abstimmung gerne anders interpretieren.
Das Projekt wurde ohne Unterbruch weiterbearbeitet.
Im Juni 2019 hat der Bund die Baugenehmigung erteilt. Was insofern ein wichtiger Meilenstein ist, weil er die Bundesmittel von 40 Prozent der Baukosten garantiert.
Die für die neue Stecke nötigen Anpassungen bei den Tramhaltestellen sind inzwischen vorgenommen worden: Bei der Haltestelle Dorenbach für 2,3 Millionen Franken und bei der Haltestelle Margarethen für 4,2 Millionen Franken.
Die Kredite im Bund (im Rahmen seines 20,8 Milliarden-Agglomerationsprogramms) und in Basel-Stadt sind gesprochen, die Finanzierung ist gesichert.
Die Einsprachen sind bereinigt.
Die 365 Meter Geleise auf Basler Boden – lediglich der Pfosten für die Ampel stände auf Baselbieter Boden – könnten schon nächstes Jahr verlegt werden.
Theoretisch.
Die heutigen Argumente der Gegner – bald kommen die autonom fahrenden Autos, da braucht es keinen Schienenverkehr mehr – sind genau so lächerlich, wie damals: Eine neue Lichtsignalanlage beim Margarethenstich brächte Unheil über Leimentaler Autofahrer: „Dann stehen wir im Stau.“
Hanspeter Weibel hat am Dienstag, 22. Januar 2021, den Krieg um den Margarethenstich verloren.
Endgültig.
Rampass meint
Autonome Autos werden von allen möglichen Seiten bemüht. Solange die Haftungsfrage nicht geklärt ist, bleiben die Wunschtraum.
In der Zwischenzeit wurde „Homeoffice“ salonfähig und der ÖV verlor markant Kunden. Ein weiterer Ausbau macht keinen Sinn. Momentan wird das Waldenburgertal in eine Grossbaustelle verwandelt. Die 300 Millionen für eine neue WB mit weniger Kunden (Homeoffice, Bauzonen ausgereizt, Firmen wandern ab) müssen ja verbrannt werden. „Synergieeffekte“ hiess das Zauberwort. Schlussendlich: völlig anderes Rollmaterial als auf den übrigen BLT-Linien und vollautomatisch gesteuerte Bahn. „Synergieeffekt“?
Phil Bösiger meint
Endlich gehts am Margarethenstich weiter. Wo einfache Logik nicht ausreicht, müssen wie eben den Kantönligeist bemühen, natürlich ganz ohne Höhenfeuer:
1. Der Margarethenstich befindet sich auf Stadtbasler Boden.
2. Die BS-Stimmbevölkerung wurde noch gar nie dazu befragt.
3. Der Umweg, den der 10er (17er) heute via Theater machen muss, belastet den Stadtverkehr und die städtische Infrastruktur.
Die Begründung „der Schienenverkehr hat keine Zukunft“ gerade von Baselbieter Seite tönt bestenfalls seltsam. Gleichzeitig werden nämlich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um dem Stedtli Liestal den Anschluss ans internationale Bahnnetz zu sichern, das Läufelfingerli wird auf Teufel komm raus seit Jahrzehnten künstlich beatmet und den paar Einwohnern des Waldenburgertals wird eine 300 Millionen Franken teure, nagelneue Waldenburgerbahn geschenkt – was ich als Freund des ÖV alles irgendwie ok finde, ist ja nicht mein Portemonnaie.
Aber klar, der Schienenverkehr hat im Baselbiet schynts keine Zukunft.
Es wird interessant sein, zu sehen, ob ein SVP-Weibel mit seiner kruden Argumentation noch einmal einen ganzen Kanton für eine so schräge Nein-Kampagne vereinnahmen kann – der Stern der SVP leuchtete nämlich auch schon heller.
Chienbäsebärti meint
Ziemlich daneben: Das Stedtli Liestal ist von Andreas Meyer mit gütoger Hilfe von Lukas Ott (heute Basler Stadtplaner) vom Internationalen Verkehr abgehängt worden.
Walter Basler meint
Es geht hier ums Leimental, das vier mal so viele Einwohner hat wie Liestal. Und die Leute (zumindest viele) dort fordern nicht etwa eine rasche Verbindung nach Paris oder Mailand, sondern nur eine in die Stadt, in der sie täglich arbeiten und einkaufen und leben. Das scheint mir relevanter zu sein als das Liestaler Hauptstadt-Getue.