Der Baselbieter Regierungspräsident Isaac Reber schreibt:
Jedem seine sicht der dinge, geschätzter manfred messmer, aber das ist jetzt doch eine arge verdrehung der tatsachen.
An jenem wochenende gab es weder auf öffentlichen noch internen kanälen irgendeinen noch so kleinen hinweis, dass der bund in absehbarer zeit weiter gehen wollte als eben am vortag kommuniziert.
Weil rasches handeln aber von höchster dringlichkeit war, hat der baselbieter regierungsrat am 15. märz den hebel nach vorne gelegt und die notlage erklärt.
Die zugrundeliegende einschätzung war absolut richtig. das zeigte sich auch daran, dass sich umgehend weitere kantone anschlossen. ebenso richtig und erwünscht war dann aber, dass der bund am 16. märz das heft selbst in die hand genommen hat.
Geschätzter Isaac Reber
Wir sind uns wohl einig, dass eine „im-Nachhinein-Diskussion“ wenig bis nichts bringt. Ob die Massnahmen der Baselbieter Regierung etwas gebracht haben oder nicht, lässt sich jetzt im Juni ohnehin nicht mehr nachweisen.
Was jedoch als bleibender Eindruck bestehen bleibt: Die Baselbieter haben es nicht fertig gebracht, sich mit den Basler Kollegen abzusprechen.
In Basel ging gar die Rede um, die Baselbieter hätten sich nicht mal bemüht, ins Gespräch zu kommen.
Was umgekehrt auch gilt. Die Basler hatten ihre Massnahmen schon am Freitag verkündet.
Ihr habt das an jenem Sonntag damit begründet, dass das zuviel Zeit beansprucht hätte, die man jetzt nicht mehr habe. Zum anderen habe die Baselbieter Regierung ihre Massnahmen mit Blick auf andere Länder (!) wie Deutschland (!) getroffen.
Die Läden in Basel blieben offen, im Baselbiet wurden sie geschlossen. Birsfelden zu, d’Albe offen.
Gut, da war der Wille der Baselbieter Regierung zum Handeln.
Der beunruhigende Satz in der Wortmeldung des Regierungspräsidenten ist der: „An jenem wochenende gab es weder auf öffentlichen noch internen kanälen irgendeinen noch so kleinen hinweis, dass der bund in absehbarer zeit weiter gehen wollte als eben am vortag kommuniziert.“
Da gab’s echt keinen Kontakt des Kantonsarztes zum BAG, der Politik zum Bundesrat?
Ihr habt genau so wenig gewusst wie ein hundsgewöhnlicher Bürger wie ich?
Aber schauen wir nach vorne, jetzt wo ihr die volle Verantwortung trägt. Da gibt es jetzt neue offene Fragen, die beantwortet werden müssen.
Wobei niemand erwartet, dass die Regierung alle Antworten auf sämtliche möglichen Fragen parat hat.
Trotzdem.
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- Wie läuft das in Zukunft mit der Koordination mit Basel-Stadt?
- Wird man eine gemeinsame Taskforce einrichten?
- Wer ist im Landkanton für was zuständig?
- Was ist die Aufgabe des Krisenstabes?
- Wie bereitet man sich auf lokale Lockdowns vor?
- Wie läuft das im Landkanton mit der Rückverfolgung der Positivfälle?
- Wieviele Mitarbeiter stehen wo zur Verfügung?
- Wo wird getestet?
- Besteht die Absicht, die tägliche Zahl der Coronafälle (dank Tracking/Tracing) auf Ortsebene und online zu veröffentlichen?
- Werden schwere Coronafälle weiterhin zentral behandelt?
- Wann werden Kontaktsportarten wieder zugelassen?
- Wie sieht das mit Bewilligungen für grössere Anlässe aus?
- Wird man für die BLT eine Maskenpflicht einführen?
- Wie läuft künftig die Koordination zwischen Bund und Kanton?
Und überhaupt: Für was genau ist der Kanton in Sachen Corona ab jetzt zuständig? Welche Bereiche sind nach wie vor dem Bund vorbehalten?
Wie gesagt, die Baselbieter Regierung muss nicht auf alles eine abschliessende Antworten bereit halten. Im Vordergrund steht zunächst einmal aufs Neue Vertrauen zu schaffen, den Eindruck zu vermitteln, ihr hättet die Dinge im Griff.
Soweit man sie überhaupt im Griff haben kann.
Denn die Uhren wurden letzte Woche auf Null zurückgedreht. Was im März gesagt und wie gehandelt wurde, zählt im Juni nichts mehr.
Herzlichen Dank für die Wortmeldung nach Liestal.
U. Haller meint
Jetzt ist die Regierung am Zug, nachdem der Landrat eine dringliche Interpellation von Frau Prof. Christina Jeanneret – immerhin kein Nobody – zum Thema «Corona – Verhinderung einer zweiten Infektionswelle»(siehe unten) unlängst abgelehnt hat.
Wenn man schaut, wie unbekümmert die Spass- und Freizeitgesellschaft sich wieder aufführt, kann einem angst und bange werden…..
Covid 19 – Vorsorgestrategie zur Verhinderung
einer zweiten Infektionswelle im Kanton Basel-Landschaft
Eine zweite Pandemiewelle würde unsere Wirtschaft erneut und noch empfindlicher schädigen. Seit Beendigung der «ausserordentlichen Lage» und dem Übergang in die «besondere Lage» erfolgte die Übergabe der Kompetenzen in der Epidemiebekämpfung an die Kantone (Epidemiengesetz). Der Kanton Basel-Landschaft ist damit in der Pflicht, eine nächste Infektionswelle verhindern zu helfen. Dazu gehören die Meldepflicht Erkrankter sowie das Tracing (= Zurückverfolgen) der Ansteckungsketten. Zum jetzigen Zeitpunkt können offenbar nur 3 von 12 Ansteckungswegen zurückverfolgt werden. Die Verfolgung der Ansteckungswege ist jedoch für die Verhinderung weiterer Infektherde von höchster Wichtigkeit, insbesondere seit wiederum Versammlungen von 1’000 Menschen zugelassen sind. Die medizinische Taskforce des Bundes (Prof. Matthias Egger) ist beunruhigt über die raschen Lockerungsschritte und befürchtet, wie viele andere namhafte Epidemiologen, einen Anstieg der Infektzahlen. Aus diesem Grund bitte ich den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
Wer koordiniert die Meldung der Anzahl Covid-positiver Laborwerte sowie die Anzahl
Covid-positiver hospitalisierter PatientInnen im Kanton Basel-Landschaft?
Wer macht und supervidiert das Tracing?
Ist vorgesehen, die vom Bundesrat empfohlene Tracing App den Bürgerinnen und Bürgern des Kanton Basel-Landschaft zu empfehlen? Wenn ja, wer kontrolliert die so notwendig wer- denden Quarantänemassnahmen?
Sind Szenarien vorgesehen, möglichst rasch eine Wiederbesetzung des Kantonsärztlichen Dienstes zu erlangen, aktuell ist lediglich eine Teilzeitstellenbesetzung vorhanden?
Ist vorgesehen, dass der Kantonsarzt in Zukunft dem Krisenstab in dualer Führung mit dem Leiter der VGD vorsteht?
Welches sind die Szenarien bzw. ab welcher Fallzahl Covid-positiv getesteter Personen wird wieder ein Krisenstab eingerichtet?
Christina Jeanneret-Gris
Landrätin FDP
Oberwil, 25.06.2020