Das mit Corona ist halt so eine Sache.
Des Vertrauens.
Vertrauen in die, welche uns sagen, wo’s lang gehen soll.
Im März habe ich „denen in Bern“ vertraut, Berset, Boris Zürcher, Koch.
Doch das hat sich inzwischen geändert.
Was Herr Berset und Frau Sommaruga vor zwei Tagen kommuniziert haben – ehrlich, ich hab’s nicht verstanden.
Und im Januar übernimmt Parmelin das Mikrofon.
Oh. Mein. Gott.
Heute vertraue ich „denen in Liestal“, Weber, Lauber, weil sie einfach näher dran sind am Geschehen.
Klar wäre die aktuelle Coronalage für viele (Onlinekommentatoren) leichter einzuordnen, wenn die Baselbieter den Engelberger machten, alles kurzerhand vorsorglich schliessen würden.
Um dann Fallzahlen zu gucken.
Ein neuer Shutdown über die Festtage bis tief in den Januar hinein käme vielen recht gelegen.
Erneut ein paar Wochen (vom Staat bezahlte) Zwangsferien, wären doch, gebt es zu, ganz toll. Die meisten sagen, diese Shutdown-Wochen im März und April sei die angenehmste Zeit ihres Lebens gewesen.
Staatliche verordnete Entspannungswochen.
Für ein ungestörtes Weiterleben dieser happy Swiss haben viele von den Ausländern gesorgt, denen Herr Wahl jetzt vorwirft, sie füllten die Intensivstationen.
Klar sind die Fallzahlen auch im Baselbiet hoch. Aber wer von uns ist denn in der Lage, die täglichen Wasserstandszahlen sachgerecht zu deuten?
Zwanzig Fälle mehr im Baselbiet als in Basel-Stadt – mal ehrlich, was sagt uns das ausser, dass es sowohl hier als auch dort noch immer Covid-Positive gibt?
Klar, die Epidemiologen haben den Durchblick. In ihrem doch ziemlich beschränkten Auschnitt des Ganzen.
Doch ein chaotisches System mit seinen unendlich vielen Variablen auch nur anähernd zum Wohle aller zu steuern, kann nicht allein auf zwei, drei Kennzahlen basieren.
Das mit der Demokratie war schon immer eine schwierige Sache.
Deshalb ist es eben gut, dass Herr Weber nicht wie Herr Engelberger nur für die Gesundheit zuständig ist, sondern auch für die Wirtschaft.
Weil er mehr überlegen muss.
Klar möchte die Linke einen Interessenkonflikt mit populistischem „Geld statt Leben“-Vorwürfen konstruieren.
Die können halt nicht anders.
Die Westschweizer Kantone haben dieser Tage bewiesen, dass der Föderalismus sehr wohl fürs Krisenmanagement taugt, dass eine Kantonsregierung auch ohne Bund eine schwierige Lage meistern kann.
Wenn man ihr ein wenig Zeit einräumt.
Auch wenn die Experten-Kakophonie aus Bern und „besorgte“ Journalisten uns in den letzten Wochen etwas anderes einreden wollten.
Weshalb nichts dagegen spricht, dass die Baselbieter Regierung, abgestimmt mit anderen ausser Basel-Stadt, es sehr wohl schaffen wird, das Schiff durch die Krise zu steuern.
Das heisst, wenn die Menschen eigenverantwortlich auch mitmachen.
PS: Die Frage sei noch gestellt: Was hat eigentlich Herr Engelberger in den letzten Tagen gemacht, um diese unmögliche Situation zwischen Bund und Kantonen und Kantonen zu verhindern? Ist der zentristische Die-Mitte-Regierungsrat einmal mehr an seine Grenzen gestossen?
Michael Przewrocki meint
Gestern 90 min vor Ladenschluss kurzer Stromausfall. System blockiert. M-Partner zu. Heute Abend-jetzt vor 18 Uhr oder früher- Innenstadt Basel: Entgleisung. Durchfahrt blockiert. Was entgleitet Morgen? Die Nerven nicht verlieren.
Daniel Flury meint
Wenn wir das Rauchverbot nehmen, dann stellen wir fest, dass es bis heute in den meisten Beizen des Baselbiets nicht durchgesetzt ist. Liegt es auch daran, dass Lauber und Weber «näher beim Volk» sind? Wenn das schon nicht geht, wie soll dann der Rest funktionieren? Immerhin sind wir in einer Pandemie, und es sterben viele Menschen. Viele. Und Lauber und Weber sind «nah beim Volk». Ich frage mich, bei welchem?
Steven meint
Wo wird geraucht?
Daniel Flury meint
https://www.baselland.ch/politik-und-behorden/gemeinden
Michael Przewrocki meint
In Italien wollen sie sehr restriktives Rauchverbot. Chapeau Italia.
Steven meint
Der Bundesrat fühlt sich international unter Druck gesetzt. National spühre ich diesen Druck kaum. Gerade die links/grüne Basis steht nicht hinter den Massnahmen – oder hält sich daran.
Anonymus meint
Sehr treffend, Herr Messmer. Chapéau!
A.M: meint
Ich glaube, der Bundesrat ist verzweifelt, respektive diejenigen Bundesräte, die das Sagen haben. (Und sie sind müde!). Sie erkennen jetzt, dass die Delegation des Krisenmanagements an die Kantone anfangs Sommer ein grosser Fehler war.
Es ist ein grosses Chaos entstanden mit viel zu vielen Playern, was wiederum zu einer Kakophonie von Meinungen und häufig widersprüchlichen Massnahmen geführt hat. Dabei ist das höchste Gut zur Bewältigung einer Krise verloren gegangen: Das Vertrauen in die Behörden, die die Krise managen müssen/sollten.
Ich glaube, der Bundesrat überlegt sich, wieder die ausserordentliche Lage auszurufen und damit die alleinige Führung der Krise wieder zu übernehmen. Aber er weiss/ahnt, dass die Akzeptanz dafür wohl sehr klein sein wird. Es fehlt das Vertrauen in den Bundesrat.
Und der Bundesrat hat nicht den Mut dazu, jetzt hinzustehen und zu sagen: Es war ein Fehler, den Lead abgegeben zu haben. Wir werden ab sofort autoritär führen.
Er hat nicht den Mut, jetzt einfach die Verantwortung allein zu übernehmen. Vielleicht kann er das auch gar nicht mehr, weil eben die Voraussetzung dazu nicht mehr vorhanden ist: er hat das Vertrauen verspielt.
Wir sind in einer beschissenen Lage. Eine solche Krise ist eigentlich mit unseren „demokratischen“ und föderalen Strukturen nicht bewältigbar. Wir müssen sie wohl einfach aushalten. Bis jetzt ist sie ja auch erstaunlich glimpflich verlaufen. Und wir können nur hoffen, dass tatsächlich bald geimpft werden kann.
Franz Bloch meint
Besten Dank für Ihre unaufgeregte Analyse.
Rampass meint
Die vom BAG angedachten Massnahmen sind genial:
– weniger Leute pro m2 Ladenfläche, dafür früher schliessen
– fast leere Beizen um 21 Uhr schliessen – Evidenzen über höhere Ansteckungen ab 21:01 gibt’s keine
– Sport ist gesund – halbleere Fitnesscenter schliessen noch gesünder
– . . .
Der Überbietungswettbewerb ist voll im Gang, die Infektionskurve macht trotzdem, was sie will, sie D, F und I. Die „Experten“ sind am Ende ihres Lateins und die Politiker überfordert.
Baresi meint
Die Menschen machen was sie wollen (oder müssen oder meinen tun zu müssen), nicht die Infektionskurve.
Wir wissen zu viel, um nichts zu machen und die Folgen dem Gesundheitssystem zu überlassen (wäre vor 150 Jahren anders gewesen). Und zu wenig um das wirtschaftlich und soziale Optimale zu machen.
Speilt aber auch nur bedingt eine Rolle, weil falls wir es wüssten, siehe erster Abschnitt.
Baresi meint
Mal abgesehen von Vertrauen. Ist es zu vorurteilsbehaftet wenn man als Städter den Eindruck hat, BL entscheidet stärker unter Einbezugnahme der zur Verfügung stehenden Intensivbetten in BS als umgekehrt?
M.M. meint
gute Frage, ob die freie Wahl des Spitals auch für Corona-Patienten gilt.
Ich weiss es nicht.
Marcud Denoth meint
Und die Linke – vor allem aber die Grünen – nutzen die Gunst der Stunde und propagieren den Staatsumbau.
Weg vom föderalen Staat, hin zum Zentralstaat, Abschaffung/Umwandlung des Ständemehrs, wahlweise Ersatz durch ein Städtemehr etc.
Damit man, sollte man einmal zusammen mit den Linken eine Mehrheit haben oder einen eigenen Bundesrat, dann Topdown regieren kann, denn man will ja nur das Beste fürs Volk und das Volk soll sich doch nicht zieren, sie haben in der Masse sowieso kaum Ahnung.
Die Landbevölkerung ist nur lästig und zu rückwärtsgewandt, daher muss man ihnen ihre Vetomacht nehmen und es den progressiven Städter geben, weil sie mit ihrer Begeisterung für Grün zeigen, dass sie es verstanden haben, im Gegensatz zu denen auf dem Land.
Jean Ackermann meint
Eine der besten CORONA-Politik-Auslegeordnungen die ich mitbekommen habe. Wenn nur ALLE eine so vernüftigee Einschätzung hätten, die Schweiz wäre jetzt im Winter nicht so düster und leer. Ein guter Kotrast zu den Schreihals- und Panikmache-Leserbriefen in der BAZ. Bin nicht immer mit allen Sichtweisen des Autors gleicher Meinung mit dieser aber total.