In Basel-Stadt herrscht Wahlkampf, ums Erziehungsdepartement und daneben noch für die Bestätigung von Conradin Cramer als Regierungspräsident.
Doch die nächsten Wahlen werfen bereits ihre Schatten voraus, die Gesamterneuerungswahlen vom 20. Oktober 2024.
Den Auftakt für einen thematisch heissen Herbst liefert ausgerechnet ein Baselbieter, Regierungsrat Thomi Jourdan, seines Zeichens Gesundheitsdirektor des Kantons Baselland.
Mit einer Kampfansage an seinen Kollegen Lukas Engelberger: Wenn es nicht gelänge, mit Basel-Stadt „bis Ende Jahr“ eine Lösung für eine engere Zusammenarbeit im Spitalwesen zu finden, stehe „die volle Patientenfreizügigkeit auf dem Prüfstand.“
Was Basel-Stadt und seine Spitäler ziemlich hart träfe, überweist doch der Landkanton rund 10 Millionen im Jahr nach Basel für die Abgeltung der Wahlfreiheit seiner Bürger.
Die Ansage aus Liestal besagt demnach nichts anderes, als dass der Baselbieter den bestehenden Staatsvertrag für eine gemeinsame Spitalplanung in Frage stellt.
Die Stellungnahme von Jourdan ist insofern bemerkenswert als sein Vorgänger, weil SVP, sofort in die SVP-Schmuddelecke gestellt worden wäre. Doch mit EVP-Jourdan geht das nicht mehr, die Basler müssen das ernst nehmen.
Dass Thomi Jourdan mit seinem Muskelspiel die überwiegende Mehrheit der Baselbieter Landräte glücklich macht, steht ausser Frage.
Dass Thomi Jourdan mit Blick auf die Herbstwahlen in Basel-Stadt derart heftig auf die Pauke haut, muss darüber hinaus als interessanter politischer Schachzug gewertet werden.
Ein Basler Gesundheitsdirektor im Wahlkampf ist um einiges verwundbarer, zumal als Vertreter einer schwächelnden Partei, die demnächst den Ausstieg aus der erst kürzlich vereinbarten bürgerlichen Allianz mit der LDP, der FDP und der SVP verkünden wird.
Der Ball liegt im Feld Engelberger.
Popcorn!
M.M. meint
@Treyer + Anonymus; kann mich auch noch in die Diskussion einbringen: Das Herzzentrum Bad Krotzingen behandelt jährlich mehr Herzpatienten als das Universitätsspital Basel.
https://www.bad-krozingen.de/herzzentrum
Mathias Treyer meint
Das Herzzentrum Bad Krotzingen (als Teil der Uniklinik Freiburg) hat meines Erachtens sogar als Spezialklinik fast gleich viel Patienten wie das KSBL gesamthaft…
Das KSBL hat übrigens wegen der gemeinsamen Spitalliste Leistungsaufträge verloren in den Bereichen Urologie, HNO und Kardiologie – das sind alles lukrative Bereiche. Aber der Verlust dieser Leistungsaufträge spricht für sich…
Kollege Anonymus meint es sicherlich gut: aber wenn man sich ein wenig in dem Metier auskennt und realistisch ist, muss man leider erkennen, dass der Stand des KSBL problematisch ist, auch wenn man das nicht akzeptieren will. Und wenn der Kanton seine Drohungen dann doch umsetzen wird, dann wird das USB seine Muskeln spielen lassen. Da gibt es schon die eine oder andere Strategie in der Schublade. Und das KSBL will dann ernsthaft den ganzen Kanton versorgen? Mit was und wem? Will man dann das Bruderholz hochfahren und Laufen reaktivieren? Ein Neubau ist frühestens 2030 einsatzbereit. Und der Kanton BL darf dann das seit 2012 „selbständige“ Krankenhaus mit Darlehen unterstützen, welche dann gezwungenermassen in Eigenkapital umgewandelt werden. So wie beispielsweise im 2019 die 153 Mio. Soviel zur Unabhängigkeit – und der Steuerzahler muss dafür aufkommen.
Gregor Stotz meint
Ich weiss nicht wie zum Beispiel die Allschwiler die
Streichung der vollen Freizügigkeit sehen.
Mathias Treyer meint
Einmal mehr eine Posse in der gemeinsamen Gesundheitspolitik von BL und BS. Da meint der Kanton BL Druck ausüben zu können, doch der Kanton BS ist wohl in allen Belangen überlegen.
Oder will man einfach davon ablenken, dass man im eigenen Kanton die Gesundheitspolitik schlichtweg einfach nicht unter Kontrolle hat? Dass man beispielsweise die Zulassungsbeschränkung der Ärzte in den Sand gesetzt oder die gemeinsame Spitalliste vergeigt hat (da die Privatspitäler erfolgreich vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen diese geklagt haben). Eine Erfolgsstory sieht anders aus. Der Kanton BS hat meist seine Hausaufgaben gemacht – der Kanton BL/das KSBL ist schon lange nicht mehr ein verlässlicher Partner.
Eine gemeinsame Spitalplanung wird nur funktionieren, wenn beide Partner gleichermassen agieren und zusammenarbeiten. Vielleicht ist es auch strategisch einfach klug, das Problemkind KSBL nicht zu adoptieren…
Und sollte es zur Trennung kommen, wird das USB es sich nicht nehmen lassen und als direkter Konkurrent im Vorgarten des KSBL auftreten. Das Ende wäre dann absehbar – dirty overtaking.
Hunde die bellen, beissen nicht.
Thomas Schaltegger meint
Meinten sie mit dem Schlusssatz sich selbst – oder sind sie einfach nur unhöflich?
Mathias Treyer meint
Das ist nicht unhöflich, sondern ein Weisheit, die leider zu oft auch in der Politik gilt. Es wird sich zeigen, A) wir wirkungsvoll diese Ansage ist und B) was am Ende dann noch effektiv übrig bleibt. Meiner Meinung nach ist diese Kampfansage rein strategisch – da steht David vor Goliath, bewaffnet mit einer Schleuder und einem Gummiball. Das ist in keinster Weise lösungsorientiert und läuft einer gemeinsamen Gesundheitspolitik komplett zuwider.
Ein kleines Beispiel: die gemeinsame Spitalliste wurde von zwei Privatspitäler UND dem KSBL beanstandet – der Kanton BS war ob dieser Aktivität des KSBL höchst erstaunt. „Wir haben nicht damit gerechnet“. Offensichtlich hat hier der Kanton BL sein eigenes Spital nicht unter Kontrolle. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Spitalliste zurückgewiesen. Das ist auf mehreren Ebenen ein Trauerspiel.
Anonymus meint
Fakt ist: Das KSBL ist seit 2012 selbständig. Der Vergleich David und Goliath trifft nicht zu. BS ist auf die Patienten aus BL angewiesen. Das Bundesgericht hat nicht inhaltlich entschieden. Die Beschwerde wurde wegen „Verfahrensfehlern“ gutgeheissen. Sobald man etwas verändern will im Gesundheitswesen und jemanden Pfründe wegnimmt, wird der Rechtsweg beschritten. Wenn schon, ist das ein Trauerspiel.
Mathias Treyer meint
Auch das USB ist seit 2012 selbständig… das ist kein Argument.
Aber Sie kennen die Zahlen schon, oder? Das USB hat grob doppelt so viele Patienten, mehr als doppelt so viele Mitarbeiter und fast drei Mal soviel Umsatz. Zudem hat das UBS mehrere erfolgreiche Kooperationen, z.B. mit dem Claraspital etc.
Auch wenn ich das Ranking der Spitäler gemäss Newsweek (2023) anschaue, finde ich das USB auf Platz 15 weltweit – das KSBL hat es nicht einmal in das Ranking geschafft. In einem CH-Ranking liegt das USB auf Platz 3, das KSBL auf Platz 25 – ei ei ei.
Ich empfehle Ihnen folgende Suche in Google: +KSBL +Probleme oder +Kritik und schränken Sie die Suche mal auf 1-2 Jahre ein. Die draus resultierenden Artikel werden Sie einen Abend lang beschäftigen.
Definitiv David gegen Goliat.
Anonymus meint
Ich kenne diese Artikel. Es ist eine jahrlange Strategie, das KSBL schlechtzuschreiben. Mir ging es bei David gegen Goliath nicht um die Häuser, sondern um die Anzahl der Patienten aus beiden Kantonen.