Wie gesagt, so muss es jetzt dort oben in den Bergen aussehen.
Herr Thiriet, vulgo @DickMo, hat ein schönes Stück geschrieben über das Schicksal eines Flüchtlings aus Eritrea.
Gehen wir mal davon aus, denn das müssen wir beim Tagi tun, dass Herr Thiriet mit seinem Beitrag die geneigte Leserschaft besagten Blattes aufrütteln will, in dem er ihnen an einem Einzelschicksal an diesem Samstagmorgen einmal mehr deutlich macht, wie elend das Leben eines Eritreers sein kann.
Wer meine weiteren Ausführungen nachvollziehen will, soll jetzt zunächst den Artikel von @DickMo lesen: «Ohrentropfen oder drei Tage Knast»
Gelesen? Gut, dann kann ich weiterfahren.
Zunächst: In der Kommunikationswissenschaft gilt der Grundsatz, nicht die Intention einer Botschaft ist für die Meinungsbildung des Empfängers bestimmend, sondern deren Interpretation durch denselbigen.
Aus der geradezu exemplarischen Darstellung eines Flüchtlingsschicksals eines Eritreers durch Herrn Thiriet lesen wir also Folgendes heraus:
- Wer eine Hochschulausbildung (eritreischer Massstab) geniesst, will Eritrea wenn immer möglich verlassen, weil er davon ausgeht, keine angemessene Karriere im Land machen zu können.
- Weil die Regierung befürchtet, dass wer gut ausgebildet wird, früher oder später das Land verlassen will, werden Studenten (sind eh nur Männer) ab 16 kaserniert (Schulpflicht bis 13; nur 21 Prozent besuchen eine weiterführende Schule). Ergo ist jeder Student auch gleichzeitig ein Soldat.
- Wessen Familie 2000 bis 3000 US-Dollar (Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung 295 USD) aufbringen kann, hat die Chance, in die Schweiz zu kommen und dort
ArbeitAsyl zu bekommen. - Wie der von Herrn Thiriet zitierte Asylaufenthalter sagt, sind in seinem ehemaligen Universitäts-Kasernen-Campus noch weitere 12’000 junge Männer in derselben Situation.
- Das Schicksal für einen Eritreer, ob gut oder gar nicht ausgebildet, ist unvergleichlich härter als das des durchschnittlichen Schweizers.
Was man auch noch aus dem Artikel von @DickMo herauslesen kann, ist, dass es sich um ein Problem „der überzähligen jungen Männern“ handelt. 2002 waren 43 % der Bevölkerung unter 14 Jahre alt, rund 960’000 männlichen Geschlechts.
Einem Familieclan, dem es gelingt, einen oder zwei Söhne – von Analphabetentöchtern ist eh nie die Rede – in Europa sesshaft zu machen, der hat von da an dank der Geldüberweisungen weitaus bessere Lebensperspektiven als der Rest der Bevölkerung.
Es ist also verständlich weil ökonomisch durchaus sinnvoll, dass ein eritreischer pater oeconomicus ein Flüchtlingsinvestment in einen der zahlreichen Söhne tätigt.
So ist die Welt.
Markus Schär meint
Mir fiel vor allem der letzte Abschnitt auf, wo sich der junge Eritreer ganz uneigennützig gibt:
„Aber die Frauen, die Alten und Kranken, die können nicht mehr kommen, wenn sie nicht auf einer Schweizer Botschaft in Äthiopien oder im Sudan ein Gesuch stellen können. Für viele ist das die einzige Hoffnung auf ein Leben in Freiheit.“
Damit entlarvt sich der Artikel von Herrn Thiriet endgültig als das, was er ist: Als – vermutlich von einem Komitee formulierte – Abstimmungspropaganda.
Blacky meint
Gemäss M. M. ist doch auch dies eine Klamauk-Abstimmung. Nachzuschlagen bei Shakespeare: „Much ado about nothing“.