In den lokalen Medien herrscht helle Aufregung: Ueli Vischer, der Verwaltungsratspräsident der MCH Group wurde im Talk von Telebasel-CEO Michael Bornhäusser ziemlich respektlos angegangen.
Ich habe zufällig reingeschaut und bin hängengeblieben, was sonst selten der Fall ist. Weil ich ehrlich gesagt ziemlich verblüfft war, dass es so ein Streitgespräch überhaupt in einer Schweizer TV-Anstalt gibt.
Die geschlossene Phalanx der lokalen Journalisten finden zwei Dinge unverzeihlich: Dass da einer mit Vischer ein Interview führt, DER GAR KEIN JOURNALIST IST, sondern der CEO des Unternehmens.
Und zum anderen, dass sich dieser Kerl nicht an die Regeln der hierzulande üblichen Interviewform hält – kurze Fragen, lange Antworten -, sondern ein Streitgespräch führt.
Weshalb sich jetzt alle einig sind: Bornhäusser fehlt die Qualifikation, Herrn Vischer interviewen zu dürfen.
Das eine ist mir egal. Der CEO von Ringier führt auch hin und wieder Interviews.
Das andere scheint mir einem grundsätzlichen Irrtum zuzuschreiben zu sein: Ein Talk ist, wie der Name schon sagt, kein Interview sondern ein Gespräch.
Was der Unterschied zwischen einem Talk und einem Interview ist, verstehen offenbar die wenigsten Journalisten.
Auch die bei Telebasel nicht.
Ich schaue ziemlich viel BBC. Genau aus dem Grund, weil es dort hart zur Sache geht.
Zum Beispiel ist da einer wie Andrew Marr. Oder nehmen wir Andrew Neil, den Altmeister.
Momentan sorgt Piers Morgan auf itv mit „Good Morning Britain“ für Aufsehen.
Weil er, wie die anderen, kein Blatt vor den Mund nimmt.
Dass diese Sendungen mit dem Attribut „Show“ gekennzeichnet sind, unterstreicht den Sinn der Sache. BBC Journalisten in Nachrichtenbeiträgen interviewen ihr Gegenüber.
Andrew Marr, Andrew Neil verstehen sich als Gesprächspartner mit einer eigenen Meinung. Und mit der konfrontieren sie ihr Gegenüber, zumeist Politiker.
Was die machen, ist grosse journalistische Klasse.
Nun behaupte ich nicht, der Bornhäusser von Telebasel könne denen das Wasser reichen. Dafür fehlt ihm die Übung. Und die mediale Umgebung.
Aber immerhin war sein Talk anders als die allermeisten zuvor. Und das ist immerhin etwas.
Was ist denn im Talk genau abgelaufen?
Schon der Auftakt hat jedem, der Ueli Vischer kennt, gezeigt, wohin dieser Talk führen wird. Das ging so: Bornhäusser hat seine Einführung ins Thema gegeben und anschliessend noch einen Einspieler gezeigt.
Mit all den schlechten Zahlen der letzten Jahre.
Dann hat er in einem Setup nochmals all die Ereignisse der letzten Tage Revue passieren lassen – eine ziemlich vernichtende Zusammenfassung. Dann fragt er Ueli Vischer, was er denn seinen Aktionären am Freitag an der GV erzählen werde.
„Uninteressant ist gerade ihre letzte Frage“, antwortet Vischer ziemlich süffisant: „Ich erzähle denen gar nichts, weil die gar nicht da sind.“
Um damit dem Zuschauer klar zu machen, der Typ dort am Tisch hat ja keine Ahnung.
Dann holt er zu einer langfädigen Erklärung aus, die in der Feststellung gipfelt: Die Strategie der Messe sei „mehr denn je richtig.“
Das wäre dann der Punkt gewesen, wo ich mich, und wahrscheinlich noch viele andere, ausgeklinkt hätten.
Wäre da nicht die Frage gewesen: Wie reagiert jetzt Bornhäusser.
Wider der allgemeinen Erwartung machte der nicht den Bückling.
Er wiederholte das, was Lokaljournalisten in Kommentaren und Beiträgen zur Messe seit Wochen schreiben.
Ueli Vischer reagierte so, wie er meistens tut: säuerlich
Und Bornhäusser redete sich in Rage.
Ein solches Streitgespräch ist bei uns wahrlich nicht journalistischer Alltag.
Bei uns gibt es Regeln.
An die hat man sich zu halten.
Basta.
Weshalb es nichts langweiligeres gibt, als (gegengelesene) Interviews in Zeitungen und Befragungen von Politikern im Regionaljournal.
Ich halte nichts von Telebasel. Das ist ein Sender ohne Führung und ohne Konzept.
Telebasel ist ein Kaminfeuerchen zum Wohlfühlen.
Ab und zu legt eine ein Scheit nach.
Mehr ist da nie.
Doch bei diesem Talk war plötzlich Zug im Kamin.
Und alle sind erschrocken.
Michael Przewrocki meint
Interessant: MMs Gedanke kam mir heute auch. DARUM BH. Wetten dass er bleibt?
Oder Telebasel lädt MM ein um über ein neues Messekonzept zu referieren. mit BH, UV und dem Zürcher Allesbesserwisser KSt. Auweiah da schalt ich gerne wieder den Online-TV ein.
Das Tragische in Basel ist die Parteipolizei. Die vernichtet von vorherein Querdenker. Wieviele oder wer fiel eigentlich der zum Opfer in all den Jahrzehnten? Vermute nicht Wenige.
Karl Linder meint
Natürlich gefallen sich jetzt alle, die auf den schlechten Stil des möchtegern-Journalisten hinweisen. Aber eigentlich könnte man hier, und das gehört dazu, auch ein neues Fass aufmachen: Die meisten Leute der Öffentlichkeit, aus Politik, Kultur und Wirtschaft in der Nordwestschweiz sind allzu sehr gewohnt, mit Samthandschuhen angefasst zu werden. Man kennt die Journalisten, ist per Du, lässt die nötige professionelle Distanz vermissen, und hat dann, wenns hart auf hart werden müsste wie hier bei der Messediskussion (weil ja diese wichtige Branche der Region wegzubrechen droht..), generell alles sehr pflegeleichte Journalisten. Häufig auch ohne das nötige wirtschaftliche Wissen, um in der Materie mithalten zu können. Wenn nun sogar ein Ausländer (pfui – wie kann der nur…) eine etwas andere Gangart (die in der Tat journalistisch nicht professionell war, dafür aber Kante hatte), sich getraut in einem Gespräch auf tutti zu gehen, dann erwacht das baslerische Schutzschild. Immer schön lieb zueinander sein. Ob das die Medien letztlich besser macht oder gar relevant, ich bezweifle es mal.
Christoph Meury meint
Das Virus hat sich bereits in den Köpfen eingenistet. Die Quarantäne macht offensichtlich klaustrophobisch und verwirrt die Geister.
Warum auf den Mann schiessen und nachtreten, wenn es offensichtlich um die Zukunft der MCH Group geht und Basel als Messe- und Eventstadt unmittelbar zur Disposition steht?
Wenn die strategische Ausrichtung des Unternehmens MCH Group zur Debatte steht, sind Konzepte und Umsetzungsszenarien gefragt. Die personelle Fragen sind dabei nachgelagert. Und Manöverkritiken aus dem Gebüsch sind langweilige Scheingefechte. Besserwisser gibt es ja immer und überall. Und persönliche Ressentiments sind ein schlechter Treiber für konstruktiven Input.
Marcus Denoth meint
Es wäre interessant, wenn TeleBasel den Mut hätte, MM mit dem Entwurf und der Umsetzung eines Konzeptes zu engagieren. Und sich dann daran hält.
Wetten, TeleZüri und wie sie alle hiessen, hätten kaum noch etwas zu melden?
TV-Kritiker meint
Jaja.
Und Trump ist ein intellektueller Kopf und ein Querdenker, weil er anders ist. ..
Und Bolsonaro hat Mut, weil er das ausspricht, was der einfache Rassist am Stammtisch doch noch sagen möchte…
Wenn irgendjemand irgendwo eine noch so krasse Fehlbesetzung ist, kommt immer irgendjemand, der das schönreden will ( – vielleicht weil er hofft, weiterhin als Experte für irgendwas eingeladen zu werden)
Bornhäusser hat Telebasel ins Elend geführt. Jeder, der konnte, hat in den letzten Jahren das sinkende Schiff verlassen. Die journalistische Belegschaft besteht zu grossen Teilen aus Quereinsteigern ohne Berufserfahrung, die Sendungen unterschreiten in erstaunlicher Regelmässigkeit alle Qualitätsansprüche, in wenigen Jahren wurde ein ordentlicher Lokalsender völlig demontiert, das Produkt ist ein Debakel.
Bornhäusser hat in diesem „Talk“ gezeigt, warum das so ist: Er hat keine Ahnung. Und sein Ego lebt nicht auf diesem Planeten. Das ist eine tödliche Kombination und eine Garantie fürs Versagen. Dafür hat er aber das goldene Kärtle…
Marc Schinzel meint
Da war einfach einer, der gern Messechef geworden wäre und nun bei Telebasel hängen geblieben ist. Seine Fragen liefen ins Leere, weil ihn die Antworten gar nicht interessierten. Darum konnte er auch nie nachhaken. Mehrwert für die ZuschauerInnen gleich null. Wir wissen jetzt einfach, dass Bornhäusser “s goldene Kärtle“ hat und lang “schnurre“ kann.
Arlesheimreloadedfan meint
Herr Schinzel, der „Mehrwert“ stammt doch aus Karl Marxs Mottenkiste.
Diese Komödie hat mir sehr gefallen.
Motto:“Der Besserwisser und der Geschlagene“
Herzlichen Dank an Herr Mesmer für den Link.
M.M. meint
Ueli Vischer sitzt seit 1992 im VR der Messe, seit 2006 als deren Präsident.
Ich gönne ihm, dass er – inzwischen 69 – als wohl letzter Akt, das Unternehmen jetzt abwickeln darf.
Jeder kann sein Leben verplempern, wie er will. Gilt besonders für die Gefährdeten in diesen Coronazeiten.
Marc Schinzel meint
Nun, es gab auch etliche fette Jahre. Da haben viele, die jetzt Gift und Galle speien, das Geld, das die Messe brachte, sehr gern genommen.
M.M. meint
Kann mich noch gut erinnern, das war doch damals, als man sich zur Begrüssung noch die Hände gab, oder nicht?
Thomas Zweidler meint
Einfach schade, das TeleBasel öffentliche Gelder bekommt.
Selbstdarsteller sind geblieben. Alle Anderen gegangen.
Zu diesem Talk:
Beide Herren unsympathisch. Vischer – weil schon immer arrogant.
Und dieser Hochdeutschsprechende: Eben ein Selbstdarsteller – einer der Gebliebenen – der Chef.
Die Basler bekommen es bei den Medien einfach nicht hin.
Niemand. Ob Radio, TV oder Print.
Zürich ist Vorbild: Radio 1 mit „Roger gegen Markus“ – echte Infotainment-Action. „Doppelpunkt“ – die legendärste Talkshow der Schweiz – und jetzt „Corona TalkRadio“ – vom Feinsten.
Und wer hats erfunden? Roger Schawinski – der letzte echte Journalist in diesem Land.
Nach dem er nicht mehr als Taglöhner bei SRF arbeitet, wird er wieder richtig gut.
Esther Jundt meint
Bei BBC haben die Zuschauer und Zuschauerinnen wenigstens nach der Sendung etwas Neues erfahren. Bei Bornhäusser haben die Zuschauer nur einen aufgeplusterten Gockel gesehen, der sich selbst inszenieren will. Kann er machen, als CEO, sowieso, aber dazu braucht es kein Gegenüber. Die dümmste Feststellung oder Frage war, ob der Messe-CEO französischen sprechen könne. Wieso diese Frage? Braucht es diese Sprache in der heutigen Geschäftswelt? Und wenn Du die hiesigen Journalisten kritisierst, weil sie so brav sind, dann schau Dir doch mal ARD oder ZDF an, wenn sie Merkel interviewen. Die liegen ihr zu Füssen. Das finde ich schlecht, ebenso die autorisierten Interviews in den Zeitungen.