Heute schreiben wir für einmal etwas Nettes über Medien. Weil es sich nicht um eine Lokalausgabe handelt. Die sind wie gesagt….
Wir loben die Neue Zürcher Zeitung.
Die haben einen neuen Webauftritt, der mir persönlich zu betulich daherkommt. Die neue Website der NZZ ist bedingt originell. Man dachte wohl, wenn man so daherkommt, wie ein Magazin, weise das auch optisch auf den höherwertigen Inhalt hin. Die Süddeutsche versucht sich auch in diese Richtung.
Ich halte nicht viel von diesem Magazinlayout bei einem Newsportal.
Ich bin ein Anhänger des klassischen Newssite-Auftritts, wie ihn beispielsweise die NYT, die FAZ, DIE ZEIT, der Guardian und all die anderen pflegen.
Misst man den neuen Auftritt der Neuen Zürcher Zeitung am Layout von WELT-ONLINE, ist klar, wer den ersten Platz in Sachen Übersichtlichkeit, Leserführung und Layout-Ordnung belegt.
Es ist nicht die NZZ.
Bei dieser scrollt und scrollt und scrollt und scrollt und scrollt man, als hätte man für den Rest des Morgens nichts anderes mehr zu tun.
Das ist halt so eine typische Designfuzzi-Lösung, wie man sie im Print bei Neulancierungen auch immer mal wieder präsentiert bekommt.
Doch das legt sich.
Die NZZ-Homepage wird in einem oder zwei Jahren ziemlich anders aussehen. Wenn die Designfuzzis weg sind und die Redaktoren wieder das Sagen haben.
Das war jetzt der kritische Teil (es geht halt nicht ohne Gemotze in diesem Blog).
Der lobende Teil kommt jetzt.
Die NZZ, ich stelle das als news addict jeden Tag mit wirklich grossem Vergnügen fest, hält Tag für Tag das Versprechen, das bei vielen anderen lediglich ein Lippenbekenntnis ist, das der journalistischen Qualität.
Die Neue Zürcher Zeitung ist die einzige Qualitätszeitung der Schweiz.
Deshalb bin ich auch bereit, für diesen Inhalt zu bezahlen. Und nicht nur das – ich will, dass alle ausgeschlossen werden, die nicht bereit sind, dafür zu bezahlen.
Des Kunden Anspruch auf Exklusivität gilt nicht nur für die Automobilindustrie sondern auch für die Medienbranche.
Das Angebot der Neuen Zürcher Zeitung – ich lese sie nur noch via App – kann mit den Hunderten von Nachrichtenbeiträgen, Hintergrundinformationen, Analysen und Kommentaren, die ich sonst noch während des Tages lese und per RSS-Feed, mit Twitter oder als Auswahlsendung über Flipboard aufs iPad geliefert bekomme, nicht nur standhalten, sondern sie ist genau die Ergänzung, die ich von einer „Zeitung“ erwarte.
Ich setze, so wie die NZZ im Kommentar ihres Chefredaktors, „Zeitung“ bewusst in Anführungszeichen, weil die NZZ heute Abschied von der Zeitung genommen hat.
Diese versteht sich künftig nicht mehr einfach als eine „Zeitung“, sondern als eine medienkonvergente Plattform für hochwertig Informationsleistungen.
Gut, seien wir nachsichtig, den geschraubten Satz hat der Herr Spillmann wohl dem Strategiepapier eines verlagsinternen HSG-Absolventen abgeschrieben. (Den Kommentar gibt’s übrigens nicht online.)
Wo bei der NZZ nachgedacht und ergänzt wird, schreiben die anderen schreiben zumeist einfach ab oder basteln aus den Quellen, die ich im Original schon Tage zuvor auch gelesen habe, ihren Beitrag.
Deshalb bin ich der Meinung, dass es der Neuen Zürcher Zeitung als einzigem Onlineangebot in der Schweiz gelingen wird, das Bezahlschrankenmodell à la NYT durchzusetzen.
Trotzdem bin ich gespannt, wie dieses Experiment ausgehen wird.
Peter Hogenkamp meint
>> Ich finde es sehr nett, dass er sich so nett für den Beitrag bedankt.
Ist das Ironie? Hoffe nicht.
Bin dankbar für jede differenzierte Auseinandersetzung mit unserer Site. Und diese finde ich sehr interessant, inbesondere wegen der vermuteten Rollenverteilung.
Peter Hogenkamp meint
Wer denkt, bei uns sei ich für die komplizierten Formulierungen zuständig, die Markus Spillmann dann von mir übernimmt, der kennt uns beide schlecht. Übrigens verhält es sich beim Design ähnlich: Das ist von der Agentur, die die Zeitung gemacht hat. Die Logik „Irgendwann übernehmen wieder die Journalisten“ teile ich daher nicht. Das heisst nicht, dass ich nicht auch denke, dass die Site sich noch recht wandeln wird.
M.M. meint
Für die, die es nicht wissen: Herr Hogenkamp ist der zuständige Onliner bei der NZZ.
Ich finde es sehr nett, dass er sich so nett für den Beitrag bedankt.
Kann man als Beispiel für Kontakt Unternehmen / Kunde beim nächsten Social Media-Vortrag verwenden.
Cornelis Bockemühl meint
Die NZZ ist wohl die einzige Zeitung die noch wirklich Leute in der Redaktion hat! Die anderen Redaktionen sind doch alle Schritt für Schritt auf Wirtschaftlichkeit zusammengespart.
Und was können solche Spar-Redaktionen dann noch tun? Genau: Abschreiben! Fällt den Abonnenten zunächst nicht auf – solange sie nicht auf die Idee kommen, auch andere Medien, z.B. online, zu konsumieren!
Und weil das so ist kann auch keiner dafür Geld verlangen – für ein Online-Angebot in dem eh nur dasselbe steht wie in hunderttausend anderen!
Die Geschichte mit der Bezahlschranke ist doch einfach die Frage: Was generiert mehr Geld – die neu gewonnenen „exklusiven“ Online-Abos oder die verlorenen Werbeeinnahmen? Oder anders gesagt: Wie viel Geld ist den „Exklusiv-Lesern“ nicht die Nachricht wert, sondern die Tatsache dass andere sie NICHT lesen können?
Ehrlich gesagt ist das für mich nicht besonders wichtig… 😉
Klar: WENN in der CH eine Zeitung das wird durchsetzen können dann wohl wirklich NUR die NZZ! Weil sie eben noch eine „echte Redaktion“ haben. Also Artikel die andere nicht bringen.
Und warum können sie sich das leisten? Dank finanzstarken Gönnern, die – wie die BaZ – ebenfalls eine ideologische Agenda haben?
Klar – sicher – ja! Allerdings bei der NZZ „schon ewig“, und eigentlich auch offen erklärt anstatt „hinten herum“. Man kann’s also quasi als Korrekturfaktor immer mit einberechnen, weil bekannt.
Dennoch wäre dies noch ein möglicher zweiter Grund die Online-NZZ gegen Geld zu abonnieren: Wenn man für die überall auch sonst und gratis erhältlichen News auch noch eine wirtschafts-liberale Kommentar-Sosse braucht. Tendenziell natürlich fundierter als die unsäglichen Somm’schen Samstagspredigten, aber eben doch ideologische Sosse. Die in dieser Form dann eben allein in der NZZ stehen wird.
Markus Saurer meint
Es klappt noch nicht ganz alles… so klappen – soweit ich das getestet habe – die RSS-Feeds nicht. Und das ist sehr mühsam. Und die Scrollerei für den Rest des Vormittags trifft zu. Eine kompaktere Darstellung wäre effizienter.
Zum Inhalt: Einige Wirtschaftsredaktoren sind aus meiner Sicht weltweit einsame Spitze! Da happert es dann bei der Inlandredaktion schon eher – oder sogar sehr. Und Spillmann pflegt auf kritische Mails nicht zu antworten… das ist sehr überheblich.
Michael Przewrocki meint
Das waren die schon vor 20 Jahren. Dieses Panorama(Namens-link anklicken) ist ihnen gar nicht aufgefallen, denn das ganze Bildmaterial(einen Karton voller Filmrollen)) haben die vor 20 Jahren gar nicht erst durchgeschaut. Gilt auch für namhafte andere europ. und amerik. Printmedien.
Michael Przewrocki meint
Solange die Parteien am Tropf der Banken hängen wird die NZZ weiter bankenhörig bleiben.
Wahrsager meint
Wenn die NZZ die Bankenhörigkeit ablegt und nicht auf den Larifari-Journalismus(über Schwachsinn berichten)aufspringt kann sie sich zur Weltbesten entwickelen. Spillmann in der Arena: Spitze!
Henry Berger meint
M.E. hat auch die NZZ massiv an Qualität verloren, hat die „Einäugige“ unter vielen Blinden…
Henry Berger meint
sollte heissen „haLT die Einäugige unter vielen Blinden“
M.M. meint
Das beruht auf einem Mythos.Das wsr noch zu der Zeit, wo man lediglich drei TV-Programme hatte und die Nachrichten am Radio von der Schweizerischen Depeschenagentur.
Hottinger war Massstab für den Nahen Osten, weil der ausführlich geschrieben hat.
Der zeitgemässe Massstab ist jedoch der, ob ein schweizerisches Bezahlmedium auf dem iPad (Das Medium ist die Botschaft) neben den anderen Newsquellen, die ich nutze, bestehen kann.
Die Basellandschaftliche Zeitung beispielsweise ist schlicht unterirdisch.
Und zwar auch bei Meldungen, die ich bereits gelesen habe.
Das machen die meisten Berichte der NZZ. Und dann haben die jeden Tag mindestens ein zwei grössere Beiträge, bei denen ich nicht mal wusste, dass es dieses Thema überhaupt gibt.
Henry Berger meint
Ich glaube nicht, dass das ein Mythos ist: Nehmen Sie z.B. das Feuilleton, am Wochenende war das früher ein recht dicker Bund, auch wenn Sie heute die Feuilletons der Freitags-, Samstags- und Sonntags-NZZ zusammennehmen, erreichen Sie nicht den ehemaligen Umfang, weder quantitativ noch qualitativ. Und sagen Sie jetzt nicht: Ja, das Feuilleton – für mich einer der entscheidenden Punkte, in welcher sich Zeitungen unterscheiden können. Für jemanden wie Herr Somm natürlich jedoch völlig irrelevant, ist ja klar…