Kürzlich meinte jemand: Es ist schlimm, wenn wir nun damit beginnen, Moslems zu hassen.
Ich hasse keine Moslems; ich hasse überhaupt niemanden, entgegnete ich.
Das stärkste Grad der Abneigung ist für mich: Der oder die geht mir so richtig auf den Kecks.
Es sind, ich gebe es zu, nicht wenige.
Aber, fuhr ich fort, es ist nicht der Hass, es etwas anderes, das mir Sorge bereitet: Misstrauen.
Beim überqueren der Traminsel beim Barfüsserplatz mussten wir kurz halten, um einer jungen Frau mit einem Kinderwagen den Vortritt zu lassen, einer Frau mit Kopftuch und langem Mantel.
Schau, sagte ich, zum Beispiel diese Frau dort mit dem Kinderwagen – mein spontaner Gedanke war als ich sie sah: Hat sie am 7. Oktober auch gejubelt?
Misstrauen ist ein schleichendes Gift.
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Mein Koordinatensystem ist dabei, sich nach der neuen Zeit auszurichten. Sieht nicht gut aus. Was gestern noch Gewissheit war, scheint heute nur noch fraglich.
Oder muss über Bord geworfen werden.
Zu diesem Prozess gehört, dass meine Akzeptanz anderer Kulturen erodiert. Toleranz gegenüber anders Denkenden, als Grundvoraussetzung des Zusammenlebens, ist nicht mehr selbstverständlich also keine weiteren Gedanken wert.
Man muss sich justieren.
Wer auf der Strasse Meinungsfreiheit als Selbstverständlichkeit für sich beansprucht, muss akzeptieren, dass es sich dabei um eine westliche Regel handelt, die besagt, dass ich eine völlig konträre Meinung vertreten kann.
Ohne dass ich mich und vor allem andere sich an Leib und Leben bedroht fühlen.
Meinungsfreiheit ist einer der Eckpfeiler für unsere Art zu leben. Ich denke nicht, dass wir es akzeptieren müssen, wenn der Strassenmob die Vernichtung Israels fordert.
Wer Probleme mit unserer Lebensart hat, soll das Land, soll Europa verlassen.
Ich denke, beiden Seiten wäre damit sehr geholfen.
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Ein Bekannter hat mir einen Link zu einer arabischen Website geschickt, die zu einem Newsunternehmen in Ramallah gehört. (Google übersetzt).
Im September hatte die UNRWA in Gaza ihren Mitarbeitern mit einem „Code of Contact“ an die Grundsätze der UNO erinnert, wonach die Gleichstellung der Geschlechter gilt, d.h. „dass sie auch lesbische, schwule, bisexuelle und transsexuelle Kollegen (UNRWA-Mitarbeiter) und Begünstigte (Dienstleistungsempfänger – die Flüchtlingsbevölkerung) umfasst.“
Das Komitee für Flüchtlinge im Gazastreifen stellte umgehend und empört fest, dass „dieser Kodex das moralische System unseres palästinensischen Volkes verletzt…. und die Gefühle von Flüchtlingen und Mitarbeitern eklatant verletzt und zum Laster aufruft und alle Bräuche, Traditionen, Kämpfe und die Geschichte unseres palästinensischen Volkes beleidigt und gegen die Gesetze des Gastlandes verstösst“.
Der Kodex wurde nicht eingeführt.
Meine Gefühle sind verletzt.
Michael Przewrocki meint
Ist Baz Artikel 11.10.16 sind die online oder nur für abonneten?
Riechemer meint
Das Schweizer Volk hatte das Sensorium schon lange, es ist nur nicht bei allen angekommen. Wikipedia: „Der Souverän nahm die [Minarett-]Initiative am 29. November 2009 mit einem Volksmehr von 57,5 : 42,5 und einem Ständemehr von 19 ½ : 3 ½ an.“ Was wurde alles dagegen geschwafelt, insbesondere aus jenen Ländern, die jetzt die Kontrolle verloren haben. Ich war damals auch gehen die Initiative, ich war 2009 noch viel zu naiv. Das Volk lag richtig.
Europa hat die Kontrolle vor allem aber auch wegen des abgehobenen Richterkollegiums des EGMR verloren. Diese Instituiton muss totalreformiert werden. Europa ist bis zur Selbstpreisgabe Handlungsunfähig geworden augfrund dieser legitimationslosen Juristenclique.
Andrea Müller meint
Ja, der 7. Oktober hat Einiges bewirkt – weit über die aktuelle Israel – Gaza – Muslim – Integration-/Migrationsfrage hinaus.
Wir müssen weitere Heilige Kühe“ schlachten oder wie Du es schreibst „unser Koordinatensystem“ justieren.
Ein schmerzhafter Prozess.
Thomas Kessler meint
Hatte soeben ein längeres Gespräch mit einem sehr gut informierten Bekannten aus Kurdistan. Für ihn ist Deine Justierung die langsame Annäherung des Westens an die Realität des Orients und seiner Menschen in Europa. Alle orientalischen Minderheiten, die Intellektuellen und Menschenrechtlerinnen wissen nur allzugut um die rabiaten Absolutheitsansprüche der Herrschenden und die mittelalterliche Intoleranz. Die Geschichte mit dem Kodex in Gaza stimmt, der eine Sponsor der Hamas, das (im Iran verhasste) Mullahregime, hängt Homosexuelle an Baukränen auf. Realismus ist gefragt.
Andrea Müller meint
Und wie sieht dieser Realismus in der Politik der Schweiz oder der Stadt Basel aus?
R. Bertschmann meint
Zu Ihrem Koordinatensystem: meine innere Kompassnadel spielt auch verrückt und das beunruhigt mich durchaus. Kürzlich riet ich ebenfalls einem an sich wertgeschätzten, aber kulturell, konfessionell, politisch, familiär (ethnisch, darf man das sagen?) ganz anders konditionierten Zeitgenossen, der sich hier schrecklich unwohl fühlt, vielleicht in sein gepriesenes Eldorado zurückzukehren. Antwort: o nein, wir (wir?) sind da, um Euer System zu ändern. Das Missionierungsbusiness schlägt offenbar zurück.
U. Haller meint
Nein, ich hasse auch niemanden. Aber die Entwicklung und – ich nenne das Kind beim Namen – die verdeckte wie offene Islamisierung Europas bereitet mir Sorgen. Ist denn meine Hypothese derart verwegen, dass zwischen wahrgenommener Kopftuchdichte und antisemitischen Übergriffen eine klare Korrelation besteht? Wie hat man doch seinerzeit über Oriana Fallacis „Die Wut und der Stolz“ gelästert. Und doch war sie schon in ihrer Zeit weitsichtig. Erst recht sollte man heute dieses Buch lesen, weil es zeigt, dass diese kluge Autorin schon vor recht langer Zeit zu auf der Hand liegenden Erkenntnissen kam, die heute immer noch von den selbsternannten Eliten („Wir schaffen das!“) aus welchen Gründen auch immer einfach geleugnet und mit einem Bannstrahl bedacht werden.
Zur weiteren Vertiefung:
https://www.bistum-chur.ch/wp-content/uploads/2016/11/BZ-Bassam_Tibi.pdf