Es gibt Veranstaltungen, die sind wie ein Echo aus einer vergangenen Zeit. Oder eines aus einer untergehenden Zeit.
Lesungen von Autoren in Buchhandlungen. Beispielsweise.
Und wenn es sich, wie bei der „Buchhandlung Bachletten“, noch um eine richtige „Buch-Handlung“ handelt und nicht um ein Bücheraufvielenstockwerkenwarenhaus, stellt sich dieser Eindruck des Ausgefallenen erst recht ein.
Wir gingen also hin, gestern Abend, weil uns auch die Autorin interessierte und wir Matthyas mal wieder treffen wollten. Seit ich mich von Facebook verabschiedet habe, ist der zuvor tägliche Kontakt lose geworden.
Frau Binswanger las also aus ihrem Buch „Macho Mamas“ (wir verlinken bewusst nicht auf Amazon, weil wir die obgenannte Buchhandlung für den Kauf des Buches empfehlen, Tel. 061 281 81 33, man kann dort jedes Buch auch online bestellen).
Man kann nun berechtigterweise die Frage stellen, was zum Geier interessiert ausgerechnet dieses Thema M.M.
Nun, wir interessieren uns für ziemlich viel.
Und zweitens hatten wir schon einiges über das Buch gehört und zahlreiche, zumeist empörte Kommentare in einschlägigen Onlineportalen gelesen.
Ich denke, gerade nach der Lesung, „MachoMama“ ist ein wichtiges Buch. Zum einen für die betroffene „Generation Golf“, der 30 bis 40-Jährigen. Zum anderen aber auch für die Generation derer Eltern. Zum besseren Generationenverständnis.
Es handelt sich um eine Momentaufnahme einer Generation, die in den 70er, 80ern des letzten Jahrhunderts aufgebrochen ist, auf einem Weg, der in vielen grundsätzlichen Fragen geebnet worden war durch uns, die Babyboomer, um nun den Traum von…. na ja, die wussten es auch nicht so genau, zu leben.
Einfach irgendwie anders. Unabhängiger, zwangsfreier, auch geschlechterrollenmässig.
Modernen Frauen stehen nicht mehr die Männer im Weg, sondern der gefühlte oder eingelöste Kinderwunsch. Die Biologie aber lässt sich nicht durch eine Frauenquote überwinden. Während kinderlose Frauen heute genauso Karriere machen können wie kinderlose Männer und Väter, gelingt das den Müttern praktisch nicht.
Tja, wie das Leben so spielt, kommt es anders, als man denkt.
Das ist die eigentliche Botschaft des Buches, man kann es drehen und wenden, wie man will: Die Summe aller Probleme bleibt sich für jede Generation ungefähr gleich.
Die Sache ist die, dass „unsere“ Kindergeneration zu begreifen beginnt, falls nicht: begreifen muss, dass sie ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen muss. Wir verabschieden uns, weil materiell unabhängig, in andere Lebenskonzepte.
Wenn also Macho Mamas den – berechtigten – Wunsch haben, nach Studium und Job auch nach der Geburt des Nachwuchses weiterhin berufstätig zu sein und für dieses Konzept Kinderkrippen benötigen, weil wir, die neue Grossmütter/väter-Generation ihr eigenes Ding drehen wollen, weshalb eine regelmässige Grosskinderbetreuung einfach nicht drinliegt, sorry, ja dann müssen die Macho Mamas das halt politisch erkämpfen.
Das kostet zum einen Steuergelder, welche in erster Linie von der aktiven Generation erarbeitet werden müssen. Und, politisch explosiv, seit der Personenfreizügigkeit braucht „die Wirtschaft“ die Mütterfrauen nicht mehr, weil der ausländische, schier unbegrenzte Stellenmarkt abgeschöpft werden kann.
Das Buch der Frauen Althaus und Binswanger ist für die 30 bis 40-Jährigen wichtig, weil es den Ausgangspunkt für eine politische Diskussion darstellt, die von dieser Generation erstaunlicherweise nicht geführt wird. Obwohl die Lage der Frauen und Männer dieser Generation brisant ist.
Es ist eine ernüchternde Erkenntnis: Wir Frauen der Generation Golf studierten und arbeiteten, wir verdienten Geld und Titel, wir schliefen, wo und mit wem wir wollten, wir verhüteten und trieben ab. Gerade schritten wir noch im Gleichtakt mit den Männern vorwärts. Dann wurden wir Mütter. Und mit einem Schlag glich unser Alltag demjenigen unserer Grossmütter – und nicht mehr dem der Väter unserer Kinder.
Die gesellschaftspolitische Sprengkraft, die in diesen Sätzen liegt, ist gewaltig.
PS: Wer von der Elterngeneration jetzt irgendwelche klugscheisserische Bemerkungen über die richtige Kindererziehung absondern will, soll zuerst mal vor der eigenen Türe kehren und sich um den eigenen in vielen Jahren aufgetürmten Mist kümmern.
Denn die meisten von ihnen haben kein Konzept für ihr Leben über 60, haben keine Vorstellung, wie sie ihr restliches Leben verbringen werden.
Ihr zentrales Problem: Sie haben eine Frau und sie einen Mann, mit dem sie noch nie 24/7 über mehr als zwei Wochen zusammengelebt haben. Und jetzt sollen sie das von einem Tag auf den anderen für den Rest des Lebens tun. Viel Spass dabei.
Anton Keller meint
„Ihr zentrales Problem: Sie haben eine Frau und sie einen Mann, mit dem sie noch nie 24/7 über mehr als zwei Wochen zusammengelebt haben. Und jetzt sollen sie das von einem Tag auf den anderen für den Rest des Lebens tun. Viel Spass dabei“
Ich empfehle da mal eine gemeinsame Autralienreise im engen Camper. Nur mal so zum Üben…