Früher, also tief in den Sechzigern, haben meine Eltern den ersten Fernseher angeschafft.
Schwarz-Weiss.
Er sollte meine Mutter darüber hinwegtrösten, dass wir in diesem Kaff gelandet waren, bei all diesen ziemlich eigenartigen Ostschweizer Dörflern.
(Mein Freiburger Allemannisches hatte ich gegen diesen grässlichen ostallemannischen Thurgauerdialekt aufgeben müssen. Auffallen war nicht angesagt. „Wir“ hatten ja eben den Krieg verloren. Wegen den standhaften Schweizern in ihren Grenzbunkern entlang des Rheins. Mit dem Freiburgerischen wurde auch die Lederhose entsorgt.)
Der TV-Apparat brachte die Welt ins Wohnzimmer.
Der Apparat thronte hoch oben auf einem eigens für die sauteure Kiste hingenagelten Brett, so dass man eine gewisse körperliche Grösse haben musste, um ihn einzuschalten. Oder zum zweiten Sender umzuschalten, zum Schweizer.
Was mich schon mal ausschloss.
Wer keinen Fernseher hatte, und das waren praktisch alle zu der Zeit, war fest davon überzeugt, dass glotzen verblödet.
Heute, über fünfzig Jahre später, nach tausenden von Stunden vor mehreren Generationen von Fernsehapparaten kann ich bestätigen: In der Tat – TV-Konsum verblödet die Leute.
Deshalb schaue ich kaum noch TV.
Vielleicht mal eine Reportage auf Arte oder gelegentlich diese Endloshistorienschleife auf ZDF Neo „Hitler erobert die Sowjetunion“.
Ich bin schon vor Monaten zu Netflix gewechselt.
Seit gut vier Wochen schon ziehen wir uns Abend für Abend Folge für Folge von „The Blacklist“ rein.
Ach ich liebe es, dieses schnörkellose Bumbum und schon fällt wieder jemand tot um.
Jeweils so um die acht Minuten vor Schluss herum greife ich zum iPhone und tippe auf Shazam. Denn dann kommt immer ein Schlusssong, der das Thema der Folge zusammenfasst.
Inzwischen ist die Playlist 94 Titel lang, was 6 Stunden und 46 Minuten Musik von Interpreten bedeutet, von denen ich in den allermeisten Fällen noch nie etwas gehört habe.
Womit sich gleich auch noch Radio SRF erledigt hat.
Wer jetzt behauptet, auch Netflix macht blöd, dem antworte ich: Na wenigstens unterhaltsam.
Michael Przewrocki meint
Ewiger Jingelist François Mürner ärgert die Radio-PopMusikhörer mit neuartigen Ideen.