Das ist gelebte Medienvielfalt! Danke BaZ, danke bz.Früher war alles anders. Aber war es auch besser – was derzeit bei vielen der politischen Weisheit letzter Schluss zu sein scheint?
Wenn es um Europa geht.
Vielleicht können sich noch einige daran erinnern, wie das war, vor vierzig, fünfzig Jahren, wenn man durch Europa reiste. In die meisten Länder konnte man nur mit einem noch mindestens 6 Monate gültigen Reisepass einreisen.
Und der wurde beim Grenzübertritt abgestempelt. Von wegen Aufenthaltsdauer.
In Italien herrschte über lange Jahre ein Einfuhrverbot für grössere Lire-Beträge.
Die erlaubten 100’000 Lire (ca. 60 Franken) reichten nirgendwo hin, ergo musste nach dem Grenzübertritt in Chiasso zunächst einmal Geld gewechselt werden.
Es war durchaus üblich, dass man da und dort bei der Einreise eine Hotelbuchung vorweisen musste. Wer mit dem Flugzeug oder mit dem Zug unterwegs war, musste ein Rückreiseticket gebucht haben.
Wer länger als dreissig Tage im Land bleiben wollte, hatte in allen Ländern um uns herum ein Visum zu beantragen. Und entsprechende Geldmittel, Aufenthaltsgrund, Empfehlungspapiere Einheimischer, eine Krankenversicherung und anderes vorzulegen.
Heute ist es für uns selbstverständlich, dass wir in Europa hinreisen können, wo immer es uns beliebt. Ohne Reisepass, mit der ID.
Wir können auch mal für ein halbes Jahr in Rom eine Wohnung mieten und, weil mit Wohnadresse, ein günstiges Monatsabo fürs ÖV lösen.
Wir können auch mal schnell für ein verlängertes Wochenende Freunde in in ihrem Haus in Südfrankreich besuchen.
Spätestens jetzt kann man sich fragen, was schreibt der Kerl eigentlich, das sind doch Selbstverständlichkeiten, da müssen wir doch gar nicht darüber reden.
Oh doch.
Für die Briten sieht es seit Januar nämlich genau so aus wie für uns vor fünfzig Jahren: Der Wochenendtrip zu Bekannten in Südfrankreich ist so auf die kurzentschlossene Schnelle nicht mehr möglich.
Wer privat Briten beherbergt, muss zunächst bei der Mairie eine attestation d’accueil holen, kostet 30 Euro, und diese seinen Besuchern nach England schicken.
Das tönt dann ziemlich abschreckend so:
Elle indique notamment les éléments suivants :
- Identité du signataire
- Numéro du passeport, l’identité et la nationalité de l’étranger accueilli (et ceux de son conjoint et de ses enfants mineurs s’ils l’accompagnent)
- Lieu d’accueil prévu et les caractéristiques du logement
- Identité de la personne qui souscrit une assurance prenant en charge (à hauteur de 30 000 € minimum) les dépenses pour les soins éventuellement reçus pendant le séjour en France
Das Prozedere kann gut und gern einen Monat dauern, schreibt der Guardian.
Wer sonst einreist, muss all das vorweisen, was wir in den Sechzigern/Siebzigern des letzten Jahrhunderts auch mussten: Hotelbuchung, Krankenversicherung, Rückreiseticket, Geldmittel.
Grossbritanien ist für die EU ein Drittland und im Unterschied zur Schweiz auch kein Schengenstaat.
Warum uns das beunruhigen sollte?
Weil die gleichen Leute, die gegen gegen das Rahmenabkommen sind, auch „Schengen“ abschaffen wollen.
Das sind auch die, welche noch immer den Brexit hochjubeln und so was ähnliches auch für die Schweiz fordern.
Tim Thalmann meint
Sprechen diese bürokratischen Racheakte nun für oder gegen die EU?
M.M. meint
Warum nur denken die Schweizer immer gleich an Rache? Das sind schlicht gesetzliche Vorschriften für Drittländer.
In der Schweiz ist das auch so. Reisen Sie mal mit einem US-Pass in die Schweiz (Schengenraum).
Jean meint
Wer UK oder die USA wie den Sudan behandelt, dem ist nicht zu helfen. Es ist genau, dieser deutsche Dogmatimus, der die EU übernommen hat, den sie zu Grunde richtet.
M.M. meint
Reisen Sie mal als Schweizer in die USA.
Und dann das noch: EU citizens arriving in UK being locked up and expelled
Jean meint
Beim Dogmatimus sind Amerikaner und Deutsche Brüder im Geiste. Nur das die Amis das Dogma schneller austauschen, wenn es ihnen lästig wird.
M.M. meint
Ja sicher, aber nicht bei Checks an der Grenze. Und bei Einreise- und Aufenthaltsregeln.