Es war der bemerkenswerteste Moment, nach all den Hoch-soll-sie-leben-Reden auf die abtretende Parteipräsidentin der FDP vor gut einem Monat. Und doch haben die wenigsten Delegierten verstanden, was sich da gerade eben abgespielt hat.
Die abtretende Parteipräsidentin Frey hatte dem eben gewählten neuen Präsidenten Hofer nebst einem Taschenmesser mit eingraviertem Namen einen USB-Stick überreicht: «Hier sind alle Dateien von A bist Z drauf, von Adressen bis Zahlungen», meinte sie lächelnd.
Wie sich inzwischen zeigt, war das die offizielle Übergabe des administrativen Geschäfts der Baselbieter FDP an die neue Führung. Seither müht sich Präsident Hofer mit den Bits und Bytes des Datenträgers ab. Eine eigene FDP-E-Mail- Adresse einzurichten, hat er bislang nicht geschafft.
Mails an die Parteimitglieder verschickt er von seinem Firmen-Account.
Deswegen zu behaupten, bei der Baselbieter FDP herrsche das administrative Chaos, wäre allerdings reichlich übertrieben. Unbestritten ist jedoch, dass seit dem geschlossenen Rücktritt der alten Garde ein Machtvakuum besteht. Es ist völlig offen, wer dieses füllen wird und vor allem wann.
Der neue Präsident hat mit seiner Ankündigung einer beschränkten Amtszeit von drei Jahren ein fatales Signal ausgesendet.
Er hat sich zur Lame Duck erklärt, bevor er überhaupt abgehoben hat. So wundert es nicht, dass sich alt Präsidentin Frey mit gemeinsam von ihr und SVP-Mann Kämpfer verfassten Medienmitteilungen ins präsidiale Tagesgeschäft einmischt.
Hofer mit seinen E-Mail-Abstimmungsaufrufen wirkt da wie der Hase im Rennen mit dem Igel im Märchen der Gebrüder Grimm.
Und im Landrat sitzt dem Mittelbänkler die alte Führungsriege im Nacken.
Die geniesst ihre Rolle in der hintersten Reihe als neue, parteiinterne Opposition. Spätestens wenn es um die Nomination eines neuen FDP-Regierungskandidaten geht und ein Kandidat für das (wohl aussichtslose) Ständeratsrennen erkoren werden muss, wird sich zeigen, wer das Machtvakuum gefüllt hat.
Nun könnten die Basler FDP-Granden sich denken: Diese Probleme haben wir nun wirklich nicht. Unser Haus ist geordnet, der neue Präsident hat anders als sein Baselbieter Kollege eine längerfristige Perspektive und Baschi Dürr ist im Moment dank Herrn Wessels aus der medialen Schusslinie.
Doch die städtische FDP ist keineswegs besser aufgestellt als die Schwesterpartei auf der Landschaft. Sie durchläuft derzeit eine veritable Identitätskrise.
Ihr wurde bei den letzten Wahlen der Sticker «Die Liberalen» geklaut.
Sie ist nur noch FDP, weil die alt Liberalen mit ihrem Nationalrat, mit ihrem Regierungsrat und mit ihrer Parteipräsidentin erfolgreich das liberale Terrain besetzt halten.
Die FDP antwortet zwar auf alles, allein es fehlen ihr die richtigen Antworten für ihr urbanes Publikum. Und es fehlen ihr die Köpfe, welche einen Hört-hört-Effekt auslösen.
So lässt man Regierungsrat Baschi Dürr am besten schweigen und Parteipräsident Luca Urgese ist vor allem nett.
Wenn die baselstädtische FDP den Sitz in der Regierung halten und den verlorenen Nationalratssitz zurückerobern will, dann muss sie sich weniger um den Autoverkehr im Stadtkanton als vielmehr um die eigene Personalpolitik kümmern.
Um es auf eine einfache Formel zu bringen: Um den wackelnden Arslan-Sitz zu erobern, muss die FDP einen Kandidaten ins Rennen schicken, der auch Eymann schlagen kann.
Kann auch eine Frau sein.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 13. September 2017
Meury Christoph meint
In der Praxis rennen die vereinigten FDPler vielleicht immer noch zu stark den ungesunden Entwicklungen des Neoliberalismus nach. Ausser Sparrezepten hat man nichts zu bieten. Inhaltlich ist man ganz dünn aufgestellt. Vordenker sind keine in Sicht. Ergo beschäftigen die Protagonisten sich mit ihren persönlichen politischen Karrieren und bewirtschaften ihr Klientel. Das Tagesgeschäft ist zur Zeit auch wenig ergiebig und gibt im Baselland nicht einmal ein Skandälchen her. Tote Hose wohin man schaut!