Wir können uns kurz fassen: Die Schweiz braucht keine 40 neue Kampfjets.
Die Russen werden uns auch in Zukunft nicht mit Fliegern angreifen. Terroristen werden keine Passagiermaschinen kapern, um sich auf Gösgen zu stürzen.
Weil uns also die liebgewonnenen Feinde abhanden gekommen sind, müssen wir unsere Abwehr auf die neuen ausrichten.
Der Feind sitzt zum Beispiel in Nordkorea und raubt Banken aus.
Der Feind sitzt zum Beispiel in Russland in Trollfabriken und bekämpft uns mit Desinformationskampagnen.
Der Feind sitzt zum Beispiel im Iran und greift von dort aus europäische Energiekonzerne an.
Der Feind sind Kriminelle, die mit Drohnen einen internationalen Flughafen für Tage lahmlegen. Und auch London-Heathrow.
Oder sie greifen Unternehmen an und erpessen Geld.
Der Freund sitzt zum Beispiel in den USA und nistet sich in die Kommunikationssysteme von Regierungen, Behördern, Unternehmen und Bürgern ein.
Sollte also tatsächlich irgendeine Macht die Schweiz angreifen wollen, dann kann diese schon morgen das Land lahmlegen, ohne einen einzigen Schuss abgeben zu müssen.
Es kann zur Abwechslung auch ein Virus sein.
Die Schweiz braucht keine neue Kampfjetsysteme, um echte Bedrohungen und nicht fiktive zu bekämpfen.
Es geht der Spruch: Militärs planen für den letzten Krieg. Man kann davon ausgehen, dass das noch immer so ist.
Allerdings scheinen die Militärs das Problem zu haben, dass sie nicht mehr wissen, auf welchen der letzten Kriege sie sich beziehen sollen.
Frau Amherd sagt heute in einem Interview mit den TagesAnzeiger-Medien: „Bei einem Nein müssten wir die ganze Armee neu ausrichten.“
Richtig.
Baresi meint
Der Abstimmungsentscheid wird ausfallen wie wenn Herr und Frau Schweizer ein Auto kaufen. Grösser als es sein müsste, mit einem herkömmlichen Verbrennungsmotor, der mehr leisten kann, als es braucht. Weil man es vermag. Und weil man dann später immer noch etwas anderes kaufen kann, wenn es doch nicht ganz passt.
Marc Schinzel meint
Wir können uns ebenfalls kurz fassen: JA zur Beschaffung neuer Kampfflugzeuge. Einsätze im Luftpolizeidienst gibt es täglich, “kritische“ Einsätze ca. 40 pro Jahr. Das mit den anderen Bedrohungen hört man oft. Das ist nicht falsch, aber bei weitem nicht vollständig. Nicht einer der heissen Konflikte der letzten Monate, Jahre und Jahrzehnte spielte sich im Cyberspace ab. Alle diese Konflikte, in denen Millionen Menschen massiv litten, wurden erschreckend konventionell geführt, und immer spielten Luftstreitkräfte eine entscheidende Rolle. Wer den Luftraum beherrscht, kann die eigene Bevölkerung schützen (defensiv) oder Tod und Verderben bringen (offensiv). In Syrien, wo Spitäler und Schulen bombardiert werden, im Jemen, in Gaza, im Libanon, in Bosnien 1991-1995, im Kosovo 1999, in Kuwait 1991, im Irak 2003, im Donbass, in Libyen: Überall kam und kommt es entscheidend darauf an, wer die Luftherrschaft hat. Genausowenig, wie ich mit Antibiotika einen Tumor bekämpfe, bekämpfe ich mit Kampfflugzeugen und Boden-Luft-Raketen Cybercrime. Doch mit Cyberschutzmassnahmen schütze ich den Luftraum auch nicht. Darum: Das eine tun, das andere aber nicht vernachlässigen: In jeder Situation der richtige Schutz. Und nein, nur noch abhängig von unseren NATO-Nachbarn möchte ich nicht sein. Weil die a) ihre eigenen, für uns nicht immer stimmigen Einsatzdoktrinen verfolgen und b) für Trittbrettfahrer ohnehin nicht viel übrig haben.
Steven meint
Gibt es EINEN Fall, bei dem dieser Luftpolizeidienst nötig war, d.h. das Gewaltmonopol auch durchgesetzt wurde? Mir ist kein abgeschossenes Flugzeug bekannt … Dann wären all diese Einsätze mit bemannten(!) Kampfjet nämlich nutzlos gewesen …
Marc Schinzel meint
@Steven: Mit der Luftpolizei verhält es sich wie mit der Bodenpolizei: Es ist nicht das Ziel, fremde Flugzeuge abzuschiessen. Wie es auch nicht das Ziel der Bodenpolizei ist, die Waffe einzusetzen. Das sind die Extremfälle. Ein Luftpolizei-Flz fliegt zB neben fremde Flugzeuge und signalisiert ihnen, ihm zu folgen, einen bestimmten Raum zu verlassen oder zu landen. Das ist zB wichtig, wenn bestimmte Lufträume vollständig oder teilweise gesperrt sind, was immer wieder vorkommt (bei internationalen Konferenzen, Staatsbesuchen, militärischen Manövern der Schweiz oder benachbarter Staaten in Grenznähe, aber auch über zivilen und militärischen Flughäfen).
Steven meint
War das je erforderlich? Das ist die Frage. Mit ist kein Fall bekannt, dass damit JE etwas erreicht wurde.
Und selbst wenn, gäbe es dafür tauglichere Mittel als bemanmte Kampjets: Das ist 1990er-Jahre.
Marc Schinzel meint
@Steven. Doch, es gab viele solcher Fälle. Pro Jahr sind es etwa 40.
Steven meint
Waren sie erforderlich, um einen Angriff abzuwehren?
Marc Schinzel meint
@Steven: Um Unfälle zu verhindern und um (an Konferenzen) bewaffnete Interventionen anderer, zB US-Bewacher, zu unterbinden. Absicht eines “Eindringlings“ zeigt sich erst bei oder nach Abfang-Mission.
M.M. meint
@schinzel: seit 2001 haben die USA die Lufthoheit über Afghanistan.
Marc Schinzel meint
Theoretisch ja. Praktisch tun sie seit langem kaum mehr etwas dort. Ist ihnen zu mühsam und uninteressant. Nur Stammeskonflikte.
M.M. meint
Lieber Herr Schinzel, ich muss es einfach so sagen: Ihre Argumente für die Jets sind nichts als Behauptungen basierend auf alternativen Fakten, (rrüher sagte man dem: aus dem hohlen Bauch raus).
Alternatives Faktum„Praktisch tun sie seit langem kaum mehr etwas dort“. Realität (Quelle US Airforce vom 27. Jan. 2020): US Airstrike Total in Afghanistan Hits New Record in 2019
Marc Schinzel meint
@M.M.: Das sind Rückzugsgefechte, die v.a. die Taliban beeindrucken und zum Stillhalten bewegen sollen. Wie die Bombardements in Vietnam 1973. USA sind längst nicht mehr an einer eigenen Präsenz interessiert. Trump möchte alle US-Truppen lieber früher als später abziehen. https://augengeradeaus.net/
M.M. meint
Das nennt man in der Politphilosophie einen „verschinzelten Gedanken.
Marc Schinzel meint
Was nicht a priori gegen den Gedanken sprechen muss …
gotte meint
Sie werden aufs alter ja ein richtiger radikalinski…!
Peter Braun meint
Selbst wenn die „Flugi“ mal für ein par Tage in der Luft sein sollten (was unwahrscheinlich ist) nutzen die einen Dreck. Die Wartung ist so unglaublich aufwendig, das vermutlich höchstens mal einer oder zwei für ein par Stunden fliegen könnten. Militärisches Bubenzeug mehr nicht. Geld direkt in den Ofen ist genau so sinnlos aber billiger.
Christoph Meury meint
Die Schweiz mit Kampfjets zu verteidigen, war schon immer eine lächerliche Idee.
Wir sollten die 6 Milliarden in Bildung investieren.
U. Haller meint
Das eine tun und das andere nicht lassen , werter Herr Meury! Es mag ja durchaus irritierend sein, in einem – zumindest militärstrategisch – sicheren Zeitpunkt über die Beschaffung teurer Kampfjets zu diskutieren, zumal den sog. »Fachleuten« Cyberangriffe und sonstige Gefahren aus dem virtuellen All viel gravierender erscheinen. Doch wissen wir, wie sich die Weltlage in 20, 30, 40 Jahren entwickelt? Ich bin weiss Gott kein Stahlhelm-Nostalgiker, trete aber ein für eine moderne Armee, die auch künftigen potentiellen Herausforderungen gewachsen ist. Und das Volk sieht das – wenn man den Umfragen trauen darf – glücklicherweise auch so.
Christoph Meury meint
Jeder Versicherungsvertreter argumentiert mit einem fantasierten Eventualfall. Die Fantasie einer kriegerischen Intervention ist der Motor einer hochtourig laufenden und äusserst lukrativen Rüstungsindustrie. Trump & Co. haben dies kapiert und bewirtschaften Krisen aller Art. Sie nennen das Wirtschaftsförderung.
Die 100 führenden Rüstungskonzerne haben ihre weltweiten Verkäufe im vergangenen Jahr um fast fünf Prozent gesteigert. Sie verkauften 2018 Rüstungsgüter und militärische Dienstleistungen im Gesamtwert von 420 Milliarden Dollar (rund 380 Milliarden Euro).
Spitzenreiter bei den Verkäufen bleiben die USA. Lockheed Martin, Boeing, Northrop Grumman, Raytheon und General Dynamics verkauften zusammen Güter im Wert von 148 Milliarden Dollar. Insgesamt machten die Umsätze von US-Unternehmen 246 Milliarden Dollar aus, was 59 Prozent aller Verkäufe der Top 100 und einem Zuwachs von 7,2 Prozent im Vergleich zu 2017 entspricht
Insgesamt belieferten die Vereinigten Staaten 96 Länder mit Waffen. Heisst: Die Rüstungsindustrie boomt und ist an kriegerischen Konflikten interessiert.
Diesen Kreislauf kann man nicht durchbrechen indem man sich ebenfalls hochrüstet und den Amis für Milliarden Waffen abkauft.
M.M. meint
Ich bin kein Armeeabschaffer. Eher ein Armeeumbauer.
Das ist der Punkt: „Doch wissen wir, wie sich die Weltlage in 20, 30, 40 Jahren entwickelt?“
Weil dem so ist, hält man am Bekannten fest.
Neue Kampfjets für die Schweizer Armee ist die populistische Antwort auf die angstmachende Zukunft.
Deshalb wird die Vorlage (deutlich) angenommen.
Christoph Meury meint
Heisst: Die Armee wird mit Softairwaffen ausgerüstet? Und der ganze kriegerische Vorbereitungszirkus wird als Spiel deklariert?
Marcus Denoth meint
Diese 6 Milliarden werden nicht irgendwo weggenommen oder fehlen irgendwo, diese hat die Armee quasi aufgespart, gehören zweckgebunden der Armee.
Das Schlagwort: Lieber diese 6 Milliarden in die Bildung geben, hört sich gut und toll an, werden aber auch bei einem Nein weiterhin der Armee / VBS gehören. Es ist ein Schlagwort wie beim Brexit mit den Milliarden für den NSH, welche dann doch nicht fliessen konnten.
Ob ich dafür stimme? Ich weiss es noch nicht. Weil MM hat sehr gute Argumente, welche durchaus schlüssig und logisch sind.
Christoph Meury meint
Klingt auch verheissungsvoll: «Die Armee hat die 6 Milliarden angespart«. Ich wusste gar nicht, dass die Armee ein rentabler Bundesbetrieb ist und wo, bitteschön, kommen diese angesparten 6 Milliarden Franken her? Doch nicht etwa von den SteuerzahlerInnen?
Marcus Denoth meint
Doch komen sie, nur steht nirgends geschrieben, dass diese 6 Mia bei einem Nein automatisch in die Bildung fliessen. Und das ist daher eine unehrliche Argumentation wie beim Brexit.
P. Orion meint
Eine Ethnie, die Luchse und Wölfe fürchtet, kann nur auf Kampfjets bauen. Tiefenpsychologisch gewissermassen identisch. Ihre Abstimmungs-Prognose trifft zu.
Marc Schinzel meint
@Orion: Ich zerpflücke mal Ihre These: Ich sage Ja zu den Fliegern und Nein zum Jagdgesetz.