Die Abstimmungsschlacht um die Sanierung der Baselbieter Pensionskasse ist in die Gänge gekommen.
Hübsch der Schlagabtausch zur Eröffnung zwischen dem Komitee und Herrn Ballmer.
Dessen Wunsch, noch am gleichen Tag wie die Sanierungsgegner ausführlich auf Telebasel zu Wort zu kommen, wurde von der Redaktion entsprochen.
Auf 061 durfte der dampfplaudern.
Er hat sich wohl gedacht, er sei ein ganz Schlauer. Und einmal mehr ausser Acht gelassen, dass seine Worte keinen Pfifferling mehr wert sind.
Game over, Sir.
Weil die Positionen ausgetauscht sind, werden die nächsten Wochen dem Kleinklein gewidmet sein, was uns nicht weiter interessieren muss.
Versteht ja sowieso kein Mensch, also nicht mal die Experten.
Am Ende der Auseinandersetzung bleibt nur die Frage: Wer von den beiden Lagern ist unglaubwürdiger?
Ich nehme mal das wahrscheinlichste Resultat vorweg: Die Sanierung der Basellandschaftlichen Pensionskasse wird abgelehnt.
Klammer: Wäre ich im Land, würde ich Nein sagen. Aber so, wie es aussieht, bin ich fein raus. Klammer zu.
Besteht somit die Hoffnung, dass etwas Besseres folgen wird? Klare Antwort: nein.
Denn dieses Geschäft zeigt die Probleme, in denen der Landkanton zu versinken droht, schonungslos auf.
Zum einen ist da das Personal.
Weder in den Fraktionen noch in der kantonalen Verwaltung gibt es Fachleute, die tatsächlich etwas von komplexen Finanz- und Altersversicherungsfragen verstehen.
Man stützte sich auf externe Experten, die weitgehend, demokratisch jedoch nicht legitimiert, die Vorlage formulierten. Herr Ballmer ging sogar soweit, dass er – gesetzeswidrig – die Regierungsvorlage vor dem Landrat von einem externen Berater erläutern liess.
Und keiner der gewählten Volksvertreter hat reklamiert.
Die Pensionskassenvorlage ist die Blaupause für das politische Handeln im Landkanton.
- Phase I (90er-Jahre): a) Baselland, im finanziellen Grössenwahn, will sich auch in Sachen Pensionskasse auf Augenhöhe des Stadtkantons hieven. b) Es wird herumerzählt, wenn man sich nicht den Pensionskassenleistungen der Chemie annähere, bekomme man schon bald kein gutes Personal mehr. c)Politiker neigen dazu, Geld zu verteilen, das sie nicht haben. Überdies: Geldversprechen auf die Zukunft kosten nichts.
- Phase II (2001): Uiuiui – wir haben ein Problem mit der Pensionskasse. Baselbieter Reflex: Man macht mal gar nichts – vielleicht erledigt sich das Problem von selbst.
- Phase III (2008): Finanzkrise – mit so einer konnte ja keiner rechnen. Shit auch, wir sollten was unternehmen. Man redet über das Problem, schafft Arbeitsgruppen – vielleicht erledigt sich das Problem von selbst.
- Phase IV (2010): Der Bund verschärft die Regeln: „Aufgrund des veränderten politischen Willens hat der Bund im Dezember 2010 beschlossen, dass nicht nur privat-rechtliche, sondern neu auch öffentlich-rechtliche Pensionskassen ab dem 1. Januar 2014 voll gedeckt sein müssen.“ Mist auch, jetzt muss man tatsächlich an die Säcke.
- Phase V (2013): Die Regierung präsentiert einen in langen Sitzungen gefundenen Kompromiss. Und siehe da: Alle Parteien tragen den mit satten Mehrheiten mit.
- Phase VI (Mai 2013): Ein einziger Blogbeitrag am Tag vor der Debatte und der Auftritt eines Einzelkämpferlandrats in der Debatte um die Pensionskassen kippen die sicher geglaubte Mehrheit.
Wie gesagt, die Pensionskassensanierung ist im Landkanton die Blaupause für fast jedes Geschäft, bei dem Nägel mit Köpfen gemacht werden müssten.
Sie zeigt eines deutlich: Wenn’s drauf ankommt, ist der Landkanton im Grunde genommen handlungsunfähig.
Deutlich macht dies heute Abend die FDP.
Das ist die Partei, wo die Präsidentin diese Woche sich in das derzeit heisseste politische Nest gelegt hat und nun in Personalunion die Büza vorantreibt und gleichzeitig dem (politisch) angezählten Chef des Kantonalspitals den Job retten soll.
Die FDP wird unter ihrer Leitung heute Abend an einem Sonderparteitag die Nein-Parole beschliessen.
Das ist die Partei, die bis Juni den Finanzminister gestellt hat und die bis zum Tag des öffentlichen Bekenntnisses im Landrat sich vehement für die jetzige Lösung eingesetzt hat. Nicht ein einziges Mal hat sich in den internen Beratungen jemand gegen die Vorlage ausgesprochen.
Die Pointe: der externe Experte, der die Vorlage weitgehend mitformuliert hat, spricht heute Abend vor den FDP-Delegierten. Er ist inzwischen gegen die Vorlage, wie Leute vor Ort des vergangenen Geschehens sagen.
Dasselbe Spiel bei der SVP – die werden auch kippen. Aus internen Gründen. Denn Herr Baader, der sich – für alle überraschend – anlässlich des letzten Parteitages in die Pensionskassendiskussion eingemischt hat, begleicht offene Rechnungen mit dem Spiess-Nachfolger an der Parteispitze.
Kurz: Wir können, ja wir müssen davon ausgehen, dass die Sanierungsvorlage vom Volk abgelehnt wird.
Und danach nichts Besseres kommen wird.
Weil das Personal, das bis jetzt nichts zustande gebracht hat, wohl kaum was Besseres wird präsentieren können. Weil ich nicht an Heilsbringer glaube, denke ich auch nicht, dass Ballmer-Nachfolger Lauber mit einer brillanten Lösung den Knoten durchhauen wird.
Was wäre also das Beste für den Landkanton?
Das Beste wäre, er würde für dieses Geschäft unter Bundesvormundschaft gestellt. Dann könnten alle geeint jammern und täubelen. Aber Kuh käme endlich vom Eis.
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PS: Die Plakate des Gegnerkomitees (siehe oben) sind meine Idee.
Die haben mich in einem Telefonanruf gefragt, wie sie’s anpacken sollen. Ich habe ihnen gesagt, wie ich es mir vorstelle (siehe oben). Dann haben sie einen Grafiker beauftragt. Weil Grafiker meinen, sie müssten mitdenken, was sie nicht können, lieferte der dann mehrere Entwürfe (mit Sparsäuli, Giesskanne und sonstigem Grümpel drauf).
Mich hat das etwas genervt (ich mag nicht mehr Grundsätzliches diskutieren) und habe gesagt: Entweder so, wie ich es gesagt habe oder gar nicht. Ansonsten macht doch, was ihr wollt.
Meine Motivation?
Mir gehen schon seit Jahren diese völlig überladenen Politplakate derart was auf den Geist.
Es scheinen alles Amateure am Werk zu sein, die keine Ahnung davon haben, dass das Substantiv „Plakat“ etwas mit dem Adjektiv „plakativ“ zu tun hat.
Ergo: Ich wollte einfach mal an einem Plakat vorbeifahren, dass mir gefällt.
Die Gegner bekamen die Idee übrigens gratis. Eine weitere Zusammenarbeit fand nicht statt, weil das a) in Arbeit ausgeartet wäre, wozu ich keine Lust habe und ich b) kurz mal dargelegt habe, wie hoch das Mindesthonorar wäre, wenn ich denn was arbeiten wollte.
Sahara-Jones meint
Die einst „staatstragende Partei“ ist zu einer für den Staat schwer zu ertragende Wundertüte geworden.
Siro meint
Die FDP hat die Nein-Parole beschlossen.
U. Haller meint
@ Rainmaker: Verstehe ja wirklich nicht, was die den (zu?)vielen Bediensteten des Kantons überhaupt versprochen haben, dass ihre Kasse derart in Schieflage geraten ist. Die vielgescholtene http://insideparadeplatz.ch/2013/02/21/ubs-zahlt-ihren-pk-versicherten-mini-zins/ hat da viel glücklicher agiert. Deckungsgrad Ende Juni 2013 = 124%. Laie neigt zur Ansicht, dass da umsichtige Profis am Werk sind…
hp meint
Versprochen sind 60% des letzten Lohnes, (BV sieht als Ziel 1.+2. Säule 60% vor!) Beitragsfinanzierung 60% zu Lasten Arbeitgeber, Anlageverluste und seit 10 Jahen Problem nicht gelöst (damals nur 1 Mrd. Deckungsverlust, heute mehr als das Doppelte).
bugsierer meint
das mit den grafikern hat was 😉
Sahara-Johnes meint
Ich hätte nur einen kleinen Ergänzungsvorschlag zum Plakat: „5000 Millionen (für unsere Generation) sind zu viel“. Das wäre dann von den Gegnern auch noch ehrlich.
Rainmaker meint
So schwierig kann es ja nicht sein, ein paar Grafiken zu machen, um das BL-PK-Modell z.B. mit Basel, einem Grossbetrieb und einem KMU zu vergleichen. Das würde einmal die notwendige Transparenz schaffen, aber scheinbar haben auch die Medien nicht mehr die Kraft, sich da einmal reinzuhängen…..
M.M. meint
Fände ich eine gute Idee @tageswoche!
Hp. Weibel meint
http://www.blpk-sanierung.ch/argumente-fur-ein-nein/leistungsunterschiede-bvg-blpk/