Ich gehe mal davon aus, dass es an mir liegt. Dass ich das Meiste, was die Holz verarbeitende Medienindustrie dieses Wochenende an Inhalten frei Haus liefert, als stink langweilig einordne.
Wobei anzumerken ist, dass wir noch „Der Sonntag“ auf Papier geliefert bekommen und die NZZ am Sonntag. Wobei ich Letztere und die SonntagsZeitung nur noch auf meinem iPad lese.
(Die Sonntagszeitung ist ärgerlich, weil die es einfach nicht schaffen, eine stabile App auszuliefern. Deshalb dauert nicht nur das Runterladen der Ausgabe eine gefühlte halbe Stunde, mindestens einmal bei jeder Ausgabe stürzt das Ding komplett ab. Die könnten ein paar Nachhilfestunden bei der NZZ am Sonntag nehmen.)
Gerade „Der Sonntag“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie Wirklichkeit und Ankündigung auseinanderklaffen. Herr Mensch, früher BaZ, wurde mit viel Vorschusslorbeeren in sein neues Lokalchefamt eingeführt. Das Ergebnis seines Wirkens ist bis jetzt ziemlich Gähn.
Dass die Sonntagszeitungen zum Abwinken sind, liegt nicht allein an den Journalisten. Das liegt auch am Stoff. Ich mag einfach nichts mehr über Herrn Grunder lesen und auch nicht über Widmer-Schlumpf. Mit wem sich die CVP ins Bett legt, ist mir genauso egal wie die letzten Zuckungen des Herrn Villiger bei der UBS.
In Basel tut sich auch nichts.
Weshalb die TagesWoche schon zum zweiten Mal eine ziemlich müde Geschichte über die FDP Baselland verbreitet und als Aufhänger den Dügg präsentiert.
Den Dügg.
Ich meine, da gibt es nichts mehr zu fragen, der hat keine Antworten mehr. Deshalb fragen die erneut das, was Journis den Dügg immer fragen: wie das denn gewesen sei, mit dem Dügg und dem Benthaus, seinerzeit, Jahrzehnte vor der Jahrtausendwende.
Gähn.
Aber wir geben denen jetzt schon noch zwei, drei Wochen eine Chance, um von der „BaZ am Wochenende“ zu einer eigenständigen Wochenzeitung zu werden. Vielleicht schreibt ja auch mal einer einen Kommentar, der mich nervt. (Der Online-Auftritt ist eine Zumutung, erst recht auf dem iPad. Zwei Wochen nach dem Start gibt es keine Ausreden mehr.)
Das Problem der Redaktionen ist das iPad. Ist der Guardian, den ich abonniert habe, die Zeit, die mir aufs iPad geliefert wird, HuffingtonPost, CNN, Focus, DIE WELT, Spiegel online, Blogs.
Und dann ist da noch Flipboard, dieses Magazin, das mir 24/7 Neuigkeiten liefert, die mich wirklich interessieren. Aus aller Welt. Dazu gescheite Kommentare von hellen Köpfen und aus führenden Denkfabriken. Wirtschaft, Mode, Style, Politik, Gadgets, Technik, Wissenschaft, Essen und so weiter und so fort.
Ich nutze die Kindle-App, die mir (fast) alles, was mich interessiert, aufs iPad liefert.
Ich kann am Samstagabend, statt wie bis vor Kurzem eine DVD zu kaufen, einen Film runterladen und zum Abspielen das iPad an den TV-Apparat hängen. Kann auf Youtube ein paar Reden und Interviews von und mit Steve Jobs, begleitend zum Buch, mir ansehen.
Der Punkt: Die TagesWoche ist für mich nicht das Konkurrenzprodukt zur BaZ, die NZZ am Sonntag liegt nicht in einem Wettstreit mit der Sonntagszeitung. Das sind Tempi passati.
Wer meint, er sei interessant, weil er sich einbildet, er sei wichtig, hat nicht kapiert, wie die neue Informationswelt funktioniert.
Die kämpfen alle nur noch um meine Zeit.
Fred David meint
Herr Messmer, Sie bringen die Dinge scharf und präzis auf den Punkt!
Chiebäse-Albi meint
und – wie bitte – funtioniert denn die neue Informationswelt?
Liberopoulos meint
heisst das nicht Chienbäse ? So funktioniert die neue Informationswelt, da wird alles kommentiert und es viel schneller geht es allemal.
M.M. meint
Alles, was wichtig ist, erfahre ich auch ohne Zeitungsabo.
Was mich wirklich interessiert, kommt nicht mehr auf Papier via Kiosk oder Zeitungsverträger, sondern per RSS-Feed oder Twittermeldung auf mein iPad (in ein paar Jahren möglicherweise von einem anderen Hersteller).
Bezahlmedien: Das Jahresabo hat ausgedient, ich kaufe mir einzelne Ausgaben via iTunes.
Auf der Corporate Communications-Seite: Dank Internet verbreite ich meine Nachrichten selbst und brauche keine Vermittler mehr.
Wenn ich die schweigende Mehrheit erreichen will, setze ich auf die Gratispresse.
mehrlinks meint
… aber die Uhr Ihres iPad geht anscheinend vor (12.10), auf meinem PC ist es jetzt 11.55 …
M.M. meint
General Settings – Winterzeit muss manuell eingestellt werden. Hat mit iPad nichts zu tun.
Liberopoulos meint
Herr Messmer bringst mal wieder auf den Punkt. Aufgrund der lahmen Sonntagszeitungen wird unser ehemals ausgedehntes Sonntagmorgen-Frühstück auch laufend kürzer. Weil die von MM benannten Leute uns bereits die ganze Woche irgendwo begleiten. Aber solange es die Hochzeitsrubrik in der NZZ am Sonntag gibt, ist zumindest meine Frau zufrieden und der Start in einen schönen gemeinsamen Sonntag geglückt. Ist doch auch was wert.
Hans Peter meint
„In Basel tut sich auch nichts.“ – Es tut sich schon was, z.B. hier: Zwei Überfälle mit Verletzen am Samstagmorgen (http://bazonline.ch/basel/stadt/Zwei-berfaelle-mit-Verletzen-am-Samstagmorgen/story/30844683). Aber so etwas in einen grösseren Zusammenhang zu stellen, vielleicht gar etwas zu recherchieren, das darf wohl keine Zeitung der Schweiz, weil das extrem Weltwoche wäre. Also schreibt man nichts.
bugsierer meint
erfrischender sonntagsrant.
hier eine kleine ausweitung der kampfzone:
http://www.neunetz.com/2011/11/02/huffington-post-und-andere-kommen-nach-deutschland/