Im Zentrum steht eigentlich immer die Frage: Was treibt die Leute an?
Weil nun kaum jemand auf diesem Planeten zu einer zweiten Mutter Theresa taugt – deren Lack ist bekanntlich auch ziemlich ab – kann man getrost davon ausgehen, dass der stärkste Antrieb des täglichen Handelns Aller der berechnende Egoismus ist.
Das kann man völlig wertneutral zur Kenntnis nehmen. Besonders bei Politikern.
Man wird also wohl kaum ernsthaft bestreiten können, dass FDP-Vordenker Christoph Buser nichts als ein von Eigeninteressen gesteuerter Polit- und Wirtschaftsakteur ist.
Das liegt zum einen an seinem Alter.
Mit 43 ist der Testosteronspiegel noch immer so hoch, dass man daran glaubt, der enge Raum des Hamsterrads sei die grosse weite Welt. Und strampelt sich deshalb ab für den mein-Haus-mein-Auto-mein-Swimmingpool-meine-Familie-meine-Freundin-mein-Nationalratsmandat-Status.
Weil, das ist doch geil.
Somit ist es im Grunde einfach zu erklären, weshalb Herr Buser – ab jetzt wird’s politisch – die FDP Die Liberalen in die Umarmung der SVP treibt.
Bingo: Weil es ihm persönlich am meisten nützt.
Herr Buser weiss, dass die Absatzbewegung der FDP in die Mitte für ihn als Wirtschaftskammerdirektor gefährlich wäre. Denn seine Bodentruppen, sprich die Hardcore-Gewerbler stehen der SVP allemal näher als der FDP.
Keine falschen Vorstellungen: Herr Buser müht sich nicht im Spagat ab, er besetzt die Schnittstelle zwischen den beiden Rechtsparteien.
Christoph Buser hat in der Gewerbekammer einen bemerkenswerten Start hingelegt, der selbst kritische Journalisten ziemlich bisshemmig macht.
Er macht seinem Onkel Hansruedi alle Ehre.
Sollte er Nationalrat werden, was nicht mal vom „bisher“ der Frau Schneeberger und ihrem Clan zu verhindern ist, und dort aus dem zugegeben kleinen Schatten seines Onkels heraustreten, muss er erst recht auf die SVP setzen. Denn in der schweizerischen Gewerbepolitik hat inzwischen nicht mehr die FDP sondern die Blocher-Partei das Sagen.
Für die nächsten fünf bis zehn Jahre, dann ist Schluss.
Deshalb – und jetzt schwenken wir zurück zur FDP – müssen ein paar Leute in dieser Partei, die etwas weiter als bis zum Flädlisuppetellerrand blicken, erkennen, dass es sich bei der Wirtschaftskammer um einen serbelnden Verein handelt.
Denn dem Malermeister, dem Baumeister, dem Schreinermeister, dem Coiffeur, dem Wirt und all den anderen Hardcore-Gewerblern gehört nicht die Zukunft.
Nicht nur verändert sich die Arbeitswelt dramatisch, damit auch die Geschäftsmodelle der Unternehmen. In den nächsten zehn Jahren werden wir ein Massensterben von herkömmlichen Berufen miterleben.
Keine Branche bleibt verschont.
Die neue Generation (meine Kinder), die jetzt mit Dreissig in der beruflichen Wirklichkeit angekommen ist, agiert nicht mehr faktenbasiert, sondern muss ein grosses Mass an Problemlösungskompetenz mitbringen, um global konkurrenzfähig zu bleiben.
Für diese Leute ist ein Gewerbeverband, auch wenn er sich Wirtschaftskammer nennt, ein völlig verstaubter Verein und deshalb unattraktiv.
Die haben auch nichts mit der SVP am Hut, die Partei der Minderheit der 55+-Verlierer und deren Enkel.
Die verorten sich politisch am ehesten bei den Grünliberalen, nicht unbedingt wegen deren Personal, sondern weil die inzwischen für die neuen Elite selbstverständliche Positionen besetzt.
Die FDP steht also vor der Wahl, Herrn Buser auf den Weg in den Abstieg zu folgen (die Partei wird in den nächsten Jahren bei 12 Mitgliedern im Landrat stagnieren, während die Grünliberalen trotz der Fehlbesetzung Herzig nochmals zulegen werden) oder mit einer Fünfjahresstrategie sich dorthin zu orientieren, wo die Zukunft spielt.
So wie die SVP die Parteien rechts von ihr sich einverleibt hat, muss die FDP sich dort hin bewegen, wo es für sie etwas zu holen gibt: in der bürgerlichen Mitte.
PS: Zwischendurch frage ich mich selbstverständlich schon, wen diesen Parteienmist, den ich hier schreibe, überhaupt interessiert. Die Leserzahlen sind jedoch derart konstant hoch, dass man sagen kann: arlesheimreloaded als Nischenprodukt wird von einer interessierten Leserschaft frequentiert. Wir decken ganz offensichtlich derzeit den Baselbieter Politmarkt ab.
Nebenbei: Ich würde das alles auch schreiben, wenn die Leserzahlen absacken würden. Weil’s mich im Moment einfach interessiert.
Herrmann Elig meint
Flädlisuppetellerrand. Einfach nur eine sehr gelungene Wortschöpfung. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
gotte meint
hahaha, das tolle an den hülfteschänzlern ist ihre hochstammbirnenweiche heimattümelei: sie sind nicht aus baselland, sondern aus dem basel-biet!! also aus dem ge-biet, über das basel ge-bietet… wenn die wüssten, was der name bedeutet, den sie jetzt als heiligen gral der selbständigkeit mit musikalischem weihrauch besingen…
G. Koller meint
Ja, wer gibt uns nur die GARANTIE, dass alles so reibungslos weiterläuft!
Kleines Beispiel: Heute vormittag ist ein aufgestellter Service-Techniker, also ein Angestellter eines typischen „Hardcore“-Gewerblers, in unsere Waschküche hinuntergestiegen. Kleine Reparatur an der Waschmaschine, – und um finally den Exit des achtzehn Jahre alten Tumblers zu bestätigen, zu Handen der Hausverwaltung, zum (geringen) Schaden des Hausbesitzers, zum (grossen) Nutzen der Mieter*, und natürlich zum (bescheidenen) Gewinn dieses „verstaubten“ Gewerblers. Die Chance, dass nun endlich nach einigem Hin und Her ein neuer Tumbler installiert werden kann, ist gestiegen.
Wahrscheinlich (oder hoffentlich) ein Gerät aus dem Fernosten mit eingebautem Verfallsdatum, denn in zehn, zwanzig Jahren wird es ja keinen „Hardcore“-Gewerbler mehr geben, der einen Angestellten mit Knowhow losschicken könnte.
Sonst noch Lust auf Handwäsche? Oder Mut, an Elektrogeräten rumzufummeln? Eher nicht.
Wenn die Wirtschaftskammer schon nicht dieses „Massensterben“ wird verhindern können, dann halt wenigstens die Ohnmacht des Gewerbes noch ein wenig lindern, mit Placebos aus der SVP-Hausapotheke.
(* Zwei Drittel davon sind sehr nette, junge, topverdienende Expats, alle ausgestattet mit einem „grossen Mass an Problemlösungskompetenz“ und deshalb „global konkurrenzfähig“.)
(Ihre Beiträge, dieser „Parteienmist“, können durchaus als positiver Beitrag zu einer Art „Obsoleszenzmanagement“ der BL-Parteienlandschaft gesehen werden.)
Chienbäsebaerti meint
Apropos Obsoleszenz: Isaac Reber wird von Hülftenschänzlern (auf Facebook) zornig aufgefordert, sofort zurück zu treten. Aber subito! Die bz hat seine Sicht zur Fusions-Initiative dargestellt. Die Regierung hat heute die Wirtschaftsförderung von Salina Raurica den Fachleuten Losinger & Marazzu übergeben. Nach der Verselbständigung des Kantonsspitals hat somit Herr Weber nichts mehr zu tun; überflüssig sind auch die Herren de Courten und Giger geworden. Das Welcome desk bei Bahnhof kann liquidiert werden (Die Räumlichkeiten eignen sich ausgezeichnet auch für einen Kosmetik-Salon). Frau Pegoraro wie Herr Wüthrich liegen schon längst in der Agonie. Bleibt nur noch Herr Lauber. Bestimmt gibt’s in der Wirtschaftskammer eine Beschäftigung für ihn…
Was bisher als Regierungstätigkeit galt, erledigt der Herr Buser bestimmt recht effizient mit der linken Hand.
M.M. meint
Sie sind also ernsthaft der Meinung, dass in zehn Jahren noch jemand bei Ihnen vorbeischaut, um festzustellen, dass ihr 18 Jahre alter Tumbler das Zeitliche gesegnet hat? Und dann kaufen Sie den Ersatz bei ich-bin-doch-nicht-blöd?
Das ist wohl ebenso ein Scherz, wie das Angebot unseres TV-Menschen für ein Serviceabo für 28 Franken im Monat. Also ob so ein TV-Laden einen defekten Fernseheher reparieren würde oder überhaupt noch könnte. Bei dem Preiszerfall bei Neuprodukten.
gotte meint
wer vor allem ausstirbt, ist der gewerbler, der meint, dass seine interessen von den bürgerlichen politikern wahrgenommen werden. die alte „wir machen unser kartell und behalten es“-haltung schadet dem gewerbe viel mehr als dass es ihm nützt. siehe wirteverband: mit der „gutbürgerlichen küche“ (fleisch, alk und zigis) gehen die wirte bankrott. listige und findige unternehmer wissen, dass sie mit eigener innovation und nicht mit dem verwalten von pfründen weiter kommen. und listige und findige unternehmer fühlen sich hier von der wirtschaftskammer nicht unterstützt.