Also es ist so, dass mich Politiker und Kandidaten nicht mehr nur zu einem Bier einladen, um über dies und das und dann noch über Politik zu diskutiern.
Man lädt mich jetzt zu einem Mittagessen ein, mit Wein, Dessert und Kaffee.
Dieses Vergnügen hatte ich heute mit der CVP-Nationalrätin Elisbeth Schneider-Schneiter und der CVP-Parteipräsidentin Sabrina Mohn.
Ich gebe zu, dass mir die CVP weit entfernt ist, obwohl ich seinerzeit bei einer CVP-Tageszeitung das journalistsiche Handwerk lernte.
Die CVP – das ist für mich so etwas wie Japan. Die Denke der Japaner verstehe ich auch nicht.
Allerdings kann ich nicht verhehlen, dass ich in letzter Zeit immer mal wieder aufhorche, bei der CVP.
In nur wenigen Monaten haben die sich derart geschickt in der Mitte – an diesem politischen Unort – in Position gebracht, dass sie im Gegensatz zur SVP und zur FDP listenverbindungsfähig sind und zwar mit attraktiven, weil äusserst modischen Partnern wie der GLP und der BDP.
Und das Bemerkenswerte daran ist, dass diese Strategie nicht nur auf Bundesebene verfängt, sondern beispielsweise auch im Kanton Baselland.
Hier haben wir heute gar Erstaunliches erlebt: Die SVP nimmt die CVP offensichtlich bereits derart ernst, dass sie per Medienmitteilung ihren Wahlentscheid für den CVP-Mann für den Schreibtisch des 1. Landschreibers schon tagszuvor bekannt gibt.
Und so kam es dann auch. Herr Achermann wurde gleich im ersten Wahlgang gewählt.
In Klammer: die FDP hat ihren Mann mit gerade mal zwei Fraktionsstimmen im Regen stehen lassen, eine Schmach für den FDP-Kandidaten sondergleichen.
Die Ausgangslage für die Herbstwahlen sind denn für die CVP im Landkanton äusserst komfortabel. Frau Schneider-Schneiter kann dem Wahltermin ebenso gelassen entgegensehen, wie ihr Kollege Baader von der SVP.
Und was die Ständeratswahl anbelangt, so liegt sie schon jetzt vor Herrn Baader, was man auch bei den Nationalkonservativen, wenn die Öffentlichkeit nicht zuhört, nicht bestreitet.
Dort bereitet man sich gedanklich bereits auf den zweiten Wahlgang vor – und schliesst nicht aus, die bürgerliche Kandidatin zu unterstützen.
Das Rennen läuft also zwischen SP-Mann Claude Janiak und Elisbeth Schneider-Schneiter und wenn Herr Janiak in einen zweiten Umgang steigen muss, dann ist das Rennen völlig offen.
Vielleicht ist das jetzt ein erstaunlicher Satz: Ich mag es, widerlegt zu werden.
Und zwar deshalb, weil ich ja inzwischen weiss, wie ich denke und wenn ich meine Meinung korrigieren muss, wird mir die Möglichkeit geboten, eine Auszeit von meiner Denke zu nehmen.
Widerlegt wurde meine Meinung über Frau Mohn („etwas unbedarft“).
Und zwar nicht erst seit heute (so teuer war das Essen nun auch wieder nicht), sondern schon seit ein paar Wochen. Die 28-jährige Parteipräsidentin – eher eine Verlegenheitslösung, oder? – mag zwar nicht beschlagener sein als andere Präsidenten.
Das spielt auch keine Rolle.
Das Geheimnis erfolgreicher Politik liegt im richtigen Timing. Und dieses hat sie in den letzten Wochen nicht schlecht beherrscht.
Nehmen wir beispielsweise die Einsetzung des SVP-Ständeratskandidaten Baader. Kaum war die Befehlsausgabe aus Bern im Baselbiet eingetroffen und die FDP nicht so recht wusste, ob sie soll oder doch nicht, meinte Frau Mohn recht selbstsicher, Herr Baader könne nie und nimmer auf die Unterstützung der CVP zählen.
Das war gleichzeitig die unausgesprochene Ankündigung der eigenen Kandidatin. Die beiden hatten sich ein paar Tage zuvor schon abgesprochen.
Das macht doch Spass. Oder?
Peter Gröflin meint
Neben den beiden „modischen“ Partnern gehört als vierte Kraft die Fraktionspartnerin EVP zur Listenverbindung. Vielleicht nicht so modisch wie andere, dafür zeitlos.
Hp. Weibel meint
Alex Achermann wurde von der SVP gewählt nicht weil, sondern obwohl er CVP-Mitglied ist und v.a. weil er der Beste der zur Verfügung stehenden war.
M.M. meint
Nein, Zwätschgewaihe….
E.J meint
MM liess sich von den beiden Frauen aber schön einlullen. Gab’s Pudding zum Dessert? Das würde nämlich zur CVP bestens passen. Einmal politisiert sie links, einmal rechts. Völlig unberechenbar.
Schneider-Schneiter meint
Richtig. Die CVP politisiert einmal links und einmal rechts. Sachpolitisch halt eben. Unberechenbar deshalb, weil jede Vorlage zuerst auf Herz und Nieren geprüft werden muss, bevor wir uns eine Meinung bilden. Das politische Leben braucht bunte Lösungen. Schwarz und Weiss alleine reicht nicht aus.
Liberopoulos meint
Mit dem Mainstream als Schrittmacher ging aber die Herz- und Nierenprüfung des Atomausstiegs ziemlich schnell.
h.s. meint
Hans Gründer (BDP) erklärt den Meinungsumschwung am besten. Die bestehende Kernkraftwerke werden nicht abgeschaltet sondern der Bundesrat beauftragt, Lösungen zu bringen, wie wir unsere Energiebedarf ohne Kernkraft decken können. Im Kanton Bern war sogar vor Fukushima nur 50,5% für neue Kernkraftwerke. Wenn etwas nicht realisierbar ist (Zustimmung an die Urne für neue Kernkraftwerke) soll man nicht auf Vogel Strauss machen, sondern an Lösungen arbeiten. Wieso soll die Politik festhalten an Vorhaben die nie realisiert werden. Dieses Geld kann besser verwendet werden. Politik ist auch die Kunst des Machbare. Wunschdenken ist fehl am Platz. Mit Wunschdenken lässt sich billig Stimmung machen und Wahlanteile gewinnen, aber Land und Volk werden geschädigt.
Siro meint
Deshalb hat diese CVP gestern im Landrat auch einen FDP-Antrag abgelehnt, dass die Vorschriften bezüglich Nutzung der Wasserkraft in BL nicht noch mehr VERSCHÄFT werden. Die „Atom-Ausstiegspartei“ CVP will offenbar lieber ein paar (von Fischern zu tötende) Fische mehr retten, als die Stromversorgung unserer Wirtschaft sicherstellen. Genau so ist die beschriebene Sachpolitik der CVP: Widersprüchlich und wirtschaftsfeindlich.