Der Unterschied zwischen Ägypten und dem Baselbiet ist, dass im Land am Nil Brot massiv subventioniert wird und im Baselbiet das U-Abo. Die geneigte Leserschaft wird nun sofort einwenden, ich würde hier etwas gar zynisch Datteln mit Kirschen vergleichen. Bei Brot handle es sich schliesslich um ein Grundnahrungsmittel und beim U-Abo lediglich um eine Massnahme zugunsten der Umwelt. Ich schliesse diesen ersten Abschnitt mit der Bemerkung, dass eine Regierung, die es wagt, Mobilitätssubventionen infrage zu stellen, ebenfalls heftigste Proteste riskiert.
Das U-Abo ist ein Erfolg.
Die Absicht bei dessen Einführung, die Leute über den Preis zum Umsteigen vom Auto aufs öffentliche Verkehrsmittel zu motivieren, ist voll aufgegangen. Gut, da sind noch ein paar weitere Dinge hinzugekommen, wie besseres Rollmaterial, dichtere Fahrpläne, Wi-Fi, schwindende Parkflächen und ein verändertes Mobilitätsverhalten unserer Kinder. Der Traum vom eigenen Auto ist für sie keiner mehr.
Ergo darf man, ja kann man doch nach 20 Jahren der millionenteuren Anschubfinanzierung fürs Umsteigen zur Auffassung gelangen, dass diese Spezialsubvention jetzt gestrichen werden kann. Zumal alle wissen, dass die Leute deswegen nicht wie verrückt neue Autos kaufen werden. Oder überhaupt wieder aufs Auto umsteigen werden, weil inzwischen ja niemand mehr weiss, wohin mit dem Göppel beim Arbeitsplatz.
22 Millionen Franken lässt sich der Kanton Baselland gemäss BaZ die U-Abo-Subventionierung kosten.
440 Steuermillionen in den letzten 20 Jahren, damit wir alle billiger Bus und Tram fahren können, ist ein happiger Brocken. Avenir Suisse hat vor einiger Zeit vorgerechnet, dass «die Patienten in der Schweiz einen wesentlich höheren Beitrag zur Finanzierung des Gesundheitssystems leisten als die Bahn- und Busbenutzer zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs», und provokativ gefragt: «Entspricht das den Prioritäten der Schweizer Bevölkerung?»
Die Frage stellt sich in einer Marktwirtschaft grundsätzlich, ob der Staat weiterhin die Mobilität seiner Bürger subventionieren soll, wenn die politische Zielvorgabe für die Subvention, nämlich eine nachhaltige Verhaltensänderung, unbestreitbar erreicht worden ist. Und man inzwischen auch weiss, dass die Subvention dazu führt, dass die Tram- und Buspassagiere massiv mehr konsumieren, als sie bezahlen. Ganz zu schweigen von der Zersiedelung der Landschaft, dank verbilligter Mobilität.
Fällt die Subvention weg, wird das U-Abo für Jugendliche von 50 Franken auf 75 Franken aufschlagen. Diese 25 Franken sind etwa halb so viel, wie man als U-26-Jähriger bei der Swisscom für ein Monatsabo für unlimitiertes Surfen und Telefonieren mit dem Smartphone mit links bezahlt. Als Erwachsener zahlt man künftig 101 Franken im Monat und ist damit noch immer weit entfernt von den tatsächlichen Kosten.
Doch Mobilität ist das Brot der Satten.
Wehe also der Politikerin, die sich an die Mobilitätssubvention heranwagt. Sie wird zum Abschuss durchs Dorf gejagt. Wenn es heute die Baselbieter Regierung tatsächlich wagen sollte, den Preis des U-Abos infrage zu stellen, wird das einen Shitstorm auslösen. Wobei, es wird nicht der einzige sein. In Lehrerzimmern des Landkantons hängt schon seit letzter Woche ein Aufruf für eine Grossdemo am 10. September in Liestal. Das Staatspersonal kann vorerst noch subventioniert hinfahren.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 8. Juli 2015
Alex Schneider meint
Nur schon mit der Einführung der Zonentarifierung auch beim U-Abo könnte man viel sparen. Warum man heute mit dem Einheitsabo so massiv aufs Land hinaus subventioniert, hat der Rest der Schweiz eh nie begriffen.
gotte meint
tönt gut und süffig – aber man könnte den spiess ja auch umdrehen: endlich einmal eine subvention, die funktioniert und die erreicht, was sie bezweckt!!! warum ausgerechnet sie abschaffen? in der landwirtschaft und im gesundheitswesen ist es doch gerade andersrum: da erreichen die subventionen ihre zwecke nicht – diese werden aber nicht etwa abgeschafft, sondern im gegenteil, jahr für jahr erhöht. und dann wären die 22 mio subventionen für das u-abo auch noch im kontext der investitions- und unterhaltsausgaben im strassenverkehr in BL zu sehen. gerade in diesen tagen kann man wieder beobachten, wie die strassen im baselbiet vergoldet werden. pflästerungen, veredelungen von bushaltestellen, neuanmalen von zebrastreifen (die noch bestens sichtbar sind) etc etc., ganz zu schweigen von den riesenkisten der vergangenen jahre (umfahrung sissach mit tunnel, h2) und der geplanten elba-insel).
M.M. meint
Und so beisst sich die Katze in den Schwanz und nichts geht.
Meine These: Wenn eine Subvention auch mal wieder abgeschafft werden kann – besonders wenn deren Zweck erreicht ist – dann kann man auch an andere Subventionen rangehen.
Wer nichts bewegen will, der verweist immer auf die hohle Hand der anderen.
gotte meint
nein, es ist umgekehrt: subventionen, die den zweck NICHT erreichen, gehören abgeschafft.