Die Schweiz kommt nicht mehr darum herum, sich grundsätzliche Gedanken über ihren Platz in Europa zu machen.
Und das ist eine wirklich gute Nachricht, weil das Tappen im unverbindlich Ungefähren endgültig vorbei ist.
Die Parteispitze der SP hat gestern Nacht via Tamedia-Online ihren europapolitischen Fahrplan vorgelegt (Paywall).
Er sieht drei Phasen vor:
- Die Verhandlung eines «Stabilisierungsabkommens» mit der EU, das die Teilnahme an verschiedenen EU-Programmen regelt (Erasmus, Horizon, etc.). Ein solches Abkommen soll bis Ende 2023 vorliegen.
- Die Verhandlung eines Wirtschaftsabkommens, das die institutionellen Marktzugangsfragen regelt. Dieses Abkommen soll bis 2027 stehen.
- Ab 2027 will die SP den EU-Beitritt verhandeln.
Was die SP will ist eine Integration ins europäische System.
Auf der anderen Seite des Spektrums bereitet Herr Blocher seine Neutralitätsinitiative vor, mit der er die Schweiz in den politischen Zustand des 1. und 2. Weltkriegs zurückführen will.
Was Herr Blocher will, ist eine „integrale Neutralität“, bewaffnet und dauernd, also eine, die eine Annäherung an Europa über merkantilistische (Wunsch-) Verträge hinaus, verunmöglicht.
(Über die offene Sympathie für das deutsche Kaiserreich von General Wille im 1. Weltkrieg und die geheime Militärallianz General Guisans mit den Franzosen im 2. Weltkrieg sehen wir grosszügig hinweg. Ist schliesslich nicht mehr der Rede wert. Oder?)
Wir haben also seit heute, dem 25. Mai 2022, eine klare Ausgangslage für die europapolitische Diskussion.
Keine Partei, kein politisch interessierter Mensch wird sich mehr der Frage entziehen können: Welchen Platz in Europa will die Schweiz einnehmen?
Das wird spannend und die Antwort ist völlig offen.
Auch für mich.