Unsere Prognosen sind durchzogen (4 mal falsch, 6 mal richtig oder 60 %). Das liegt zuerst an der falschen Grundannahme einer tiefen Wahlbeteiligung. In der Tat ist sie tiefer als vor vier Jahren, aber nicht derart tief, wie wir sie gesehen hatten.
Völlig daneben gelegen haben wir bei der SP. Ihr sagten wir einen Sitzverlust voraus, den von Herrn Nussbaumer. Wie wir inzwischen wissen, hat er gar Frau LeuenbergerLeutenegger hinter sich gelassen.
Die Zitterpartie bei der FDP hielt die Spannung bis zum Schluss relativ aufrecht. Zumindest im Adler im Arlesheim, wo sich die Freunde und Verwandten des Arlesheimer Kandidaten versammelt hatten.
Frau Schneeberger macht den FDP-Sitz mit ungefähr jenen 12’000 und ein paar zerquetschte Stimmen, die ihre Parteikollegin Christine Mangold vor vier Jahren als Viertplatzierte geholt hatte. Und sie machte jene 12’000 Stimmen, die es gebraucht hat, um auf der FDP-Liste zu gewinnen. So wie wir das postuliert hatten.
Doch diese im Verhältnis zu den Kandidaten anderer Parteien eher mickrige Stimmenzahl – Frau Schneeberger ist langjährige Landrätin und war immerhin mal Landratspräsidentin, also höchste Baselbieterin, zeigt ganz klar, dass sie keine Stimmenlokomotive ist.
Balz Stückelberger, den wir zuletzt in der Favoritenrolle gesehen haben, hat als Newcomer sein Soll erfüllt. Für ihn sind diese Wahlen mindestens zwei Jahre zu früh gekommen.
Hart ist die Landung für den Kandidaten der Handelskammer. Wenn man bedenkt, wie viel Geld er in seine Kampagne reingebuttert hat, dann sind sein zweiter Platz und die 500 Stimmen vor Balz Stückelberger doch recht ernüchternd.
Viel Geld für die paar Stimmen mehr, viel Geld, für die paar Stimmen zuwenig.
Bleibt unter dem Strich: Dass die FDP ihren Sitz machen wird, haben wir richtig vorausgesagt.
Richtig vorausgesagt haben wir die Abwahl von Herrn Miesch. Hier lief innerhalb der SVP eine Streichkampagne. Die kompakte SVP-Liste zeigt zudem, dass die treue Anhängerschaft nicht sehr streichfreudig ist (anders als etwa in der FDP, wo Herr Wagner DER Streichkandidat der Liste war).
Unter ihren Möglichkeiten ist die Mitte geblieben. Wenn auch sehr, sehr knapp. Als eigentliche Gewinnerin dieser Wahlen kann man die BDP bezeichnen. Mit fast 38’000 Parteistimmen macht die Neupartei den beachtlichen zweiten Platz hinter der CVP (47’000 Stimmen).
Bemerkenswert ist, dass es die CVP ist, welche der Mitte den angestrebten Sitzgewinn versiebt hat. 2007 hatte sie 20’000 mehr Parteistimmen geholt (66’879).
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zur Ständeratswahl und Frau Schneider: Sie wurde auf ihr persönliches Potenzial zurechtgestutzt. Da liegt zwar bei den Nationalratswahlen etwas drin als „Bisherige“, auf der freien Wildbahn der Ständeratswahlen sind ihr jedoch nicht einmal die Mitteparteiwähler gefolgt.
Richtig gelegen sind wir im Stadtkanton. Frau Lachenmeier wurde abgewählt und Herr Lehmann ist in Bern. Und das Duell Malama – Eymann lief auch so wie erwartet. Herr Malama bleibt.
Liberopoulos meint
Saladin hat zumindest ein paar Laufenthaler Stimmen für die FDP gebracht. Das Abschneiden von Wagner bestätigt einmal mehr, dass bei gerade mal 7 Sitzen die Person viel mehr im Vordergrund steht als die Partei, wie das bspw. in anderen Kantonen mit mehr als 20 NR-Sitzen ist.
Insighter meint
Die FDP hat es schlussendlich dem beherzten Wahlkampf von Franz Saladin zu verdanken, dass sie ihren Sitz retten konnte.
Saladin ist etwa unter den gleichen Voraussetzungen gestartet wie Martin Wagner – weitgehend unbekannter Kandidat mit grossem Potential – hat aber doppelt so viele Stimmen geholt wie dieser.
Es wird spannend sein, zu sehen, wie sich in vier Jahren ein etablierter HKBB Direktor Saladin mit Wirtschaftskammer Chef Buser und Daniela Schneeberger ein Duell um den FDP Sitz liefern werden.
Balz Stückelberger wird dann nur noch eine Nebenrolle spielen.
M.M. meint
Beherzter Wahlkampf hat Sitz gerettet – mag ja der Legendenbildung dienen und über die hohen Kosten hinwegtrösten. Nein – er hat sein Potenzial ausgeschöpft. Und nichts weiter.
Die Wahl beinahe vermasselt hat der FDP Herr Wagner. Er hätte ebenfalls auf um die 10’000 Stimmen machen sollen. Zwar hat er die FDP überhaupt mal aufgeweckt, hat dann aber mit seinem Polarisierungskurs seinen Karren an die Wand gefahren (Plakatauftritt lustig, aber ohne Tiefgang).
Beat Hermann meint
Jetzt muss der Schulterschluss erfolgen! Nicht zwischen links und rechts sondern für die Anliegen der Region Basel. Wir sind quantitativ (sowieso) und qualitativ untervertreten gegenüber den Habitués am agro-alpinen Subventionstopf. Für unsere Region muss zuweilen die Ideologie etwas zurücktreten, BITTE!
Gotte meint
tja, lieber mm und hs, wunder geschehen eben doch – und wenn man ehrlich ist, dann auch gar nicht so unbemerkt, wie sie auf diesem blog vor ein paar wochen mal gefrotzelt haben, denn links-grün hatte einfach mit abstand die besten kandidatinnen und kandidaten. ein blick auf die ergebnisse bestätigt diesen eindruck: auf die drei spitzenplätze mit stimmen um 35’000 folgt baader mit grossem abstand (rund 10’000 weniger), dann nochmals lichtjahre zu den zwei bürgerlichen damen (nochmals je 10’000 und mehr weniger). nun hat sich bestätigt, was sich im frühling bereits abgezeichnet hat: der svp-durchmarsch ist nachhaltig gestopt, janiak überrundet baader sogar in gelterkinden, nussbaumer statt hinterbänkler-lachnummer mit dem besten resultat im kanton, und maya graf pusht die grünen zur drittstärksten partei im kanton. und miesch abgewählt!
demoscoop meint
Statler und Waldorf haben ihre Loge hier. Und wir amüsieren uns, wie sie daneben liegen. Muppet Show Reloaded.
h.s. meint
Liebe Gotte, Die Linke hat ein beachtliches Wahlergebnis in BL abgeliefert. Die persöhnliche Wahlergebnisse von Kandidaten sind nur als Wahllokomotive relevant. Und da hat Frau Schneider mit 16’000 von 47’700 relativ gesprochen ein sehr gutes resultat hingelegt. Absolute Spitze in dieser Zusammenhang ist Maya Graf. 35800 von 77900 stimmen. Sie hat sogar noch zugelegt obwohl die Grünen verloren haben. Die SVP-Wähler wählen sehr häufig ohne streichen. Die Kandidaten liegen näher zusammen. Auffallend ist, dass Baader im Ständeratswahlkampf ausser seine eigene Wähler kaum etwas Mobilisieren konnte. Zwei bemerkungen zur Analyse. Wir gingen von eine tiefe Wahlbeteiligung aus, die relativ mehr die SP (und die SVP) getroffen hätte. Die bereits jetzt stattfindende Wahlniederlage der SPS und GPS (-0.75% und -0.6%)hätte sich verstärkt. So gross war die Reserve am Ende auch nicht.
Die FDP hätte nur 52 Stimmen weniger machen mussen und…
Die Linke hätte nur den nationale Trend folgen müssen und…
Die grosse überraschungen des heutigen Tages waren die hohen Wahlbeteiligung, die Gewinne der BDP und die Verluste der CVP.
Ruedi Brassel meint
Die Methoden der Mesmer’schen Wahlprognosen sind so undurchsichtig wie zufällig. Auf dem linken Auge sah er jedenfalls allzu schwarz – dafür ist er auf der rechten Seite – wie die FDP – mit einem blauen ebensolchen davongekommen.
Wie auch immer: Die besten Prognosen sind bekanntlich jene, die sich durch die Gegenreaktion als selfdestroying prophecies erweisen. So könnte zur Ehrenrettung des Prohpeten Mesmer eingeworfen werden, er habe die SP im allgemeinen und den Nussbaumer (oder -berger?) im Speziellen aus der Hypnose aufwecken wollen.
A propos Hypnose: Diese gehörte zu den Therapiemethoden des F.A. Mesmer (1734-1815) mit denen dieser Krankheiten heilen wollte, die seiner Ansicht nach durch die Behinderung des freien Flusses des animalischen Magnetismus entstanden. Der Mesmerismus des 18. Jahrhunderts ist passé. Die Mesmer’schen Wahlprognosen auch.
M.M. meint
Ach, ich kann ganz gut leben mit meinem Vorhersagespass. Und undurchsichtig waren die Überlegungen, die wir angestellt haben, keineswegs. Dass die SP derart gut abschneiden wird, mit dem haben selbst Sie nicht gerechnet.
Mit dem Rest kann ich ganz gut leben. Unsere Trefferquote ist nicht schlecht.
Richtig:
– Miesch abgewählt
– FDP macht ihren Sitz (Favoritenposition Schneeberger / Stückelberger)
– starkes Resultate BDP / glp
– Nichtwahl von Herrn Saladin trotz resp. wegen Kampagne
– Wahl von Herrn Malama
– Wahl von Herrn Lehmann
– Nichtwahl von Herrn Eymann
– Abwahl Lachenmeier / Sitzverlust Grüne wg. Listenverbindung Mitte
Falsch:
– Wahl von Herrn Nussbaumer
– Kein zweiter Wahlgang beim Ständerat
– Wahlbeteiligung
Im Übrigen habe ich schon vor ein paar Monaten geschrieben, dass der Höhenflug der SVP vorbei ist. Aber das zählt nicht.
Die Vorwahlzeit lebt nun mal von Spekulationen, das gehört dazu wie das Weihwasser in der kath. Kirche.
Allerdings gilt, wer gar nichts sagt, hat immer recht.
mehrlinks meint
Ich finde es nicht so wichtig, ob die Prognosen nun immer richtig waren.
Und dass M.M. (mit ss geschrieben) die SP mesmerisieren wollte, kann ich mir nicht vorstellen; wenn schon, dann sollte das Elektrisierende umgekehrt von den Kandidaten/innen ausgehen … das Wahlvolk möchte sich auch berührt fühlen …
Aber diese tiefe Wahlbeteiligung, schon bedenklich, das kann doch nicht nicht nur an der Passivität der Bevölkerung liegen.
Es kam mir eher so vor, als würden die Kandidaten/innen in diesem Blog gespiegelt, – okay, ein paar wurden in einem Hohlspiegel verdampft, und einige mögen in einen Zerrspiegel geblickt und sich nicht wiedererkannt haben … da muss man einfach lachen können …
Enttäuschend finde ich, wie wenig die Kandidaten/innen, von ein paar löblichen Ausnahmen abgesehen, sich im Blog beteiligt haben, – gilt bloggen immer noch als kompliziert? Trotz Breitband und WLAN?
manuel meint
„… hat er gar Frau Leuenberger hinter sich gelassen … “
Frau Leuenberger?! who’s that?