Gestern waren wir noch davon überzeugt, diese Moslems im Mittleren Osten wollen nichts anderes, als uns an den Kragen. Heute lernen wir, die Menschen in Ägypten, Tunesien, Bahrein, Algerien, Marroko, Jemen, Jordanien wollen nichts anderes, als ihren Machthabern an den Kragen.
André Glucksmann, französischer Philosoph, einst Kommunist und später ein Rechter, hat den Fächer der Betrachtungen auf die Vorgänge (Revolution?) im Nahen Osten weiter geöffnet: „Ein Ereignis, das nicht stattfindet, beherrscht selten die Schlagzeilen.“
Auch ein Nicht-Ereignis ist ein Ereignis. Seit der Staat Israel existiert, ist die ganze Welt überzeugt, dass das Schicksal Jerusalems, der palästinensischen Flüchtlinge oder der besetzten Gebiete die zentrale Frage ist. Dieser gordische Knoten, den zu zerschlagen oberste Priorität hat, soll die Notwendigkeit von Diktaturen erklären, den Mangel an Freiheit in arabischen Ländern, er soll die anti-westliche Ausrichtung der sogenannten islamischen Welt rechtfertigen, ganz zu schweigen von den kulturellen und frauenfeindlichen Barrikaden im Maghreb und im Maschrek, wie auch bei den Migranten der ersten, zweiten, dritten Generation in den europäischen Vorstädten.
Original, Le Monde: Le conflit avec Israël n’est pas central
Deutsche Übersetzung: Jerusalem ist nicht der Nabel der Welt
Mittelmass meint
Iranische Kriegschiffe fahren wieder durch den Suez-Kanal.
Der aus dem Exil zurückgekehrte Yussuf al-Qaradawi spricht vor Menschenmassen am Tahrir-Platz über die Vernichtung Israels und die Leute jubeln.
Es gibt solche und solche aber nach all den verdienten Vertreibungen der Diktatoren wird es auch wieder mehr Islam geben. Wohin dies führen wird stimmt mich nicht zuversichtlich. Trotzdem muss man – um es mit den Worten Hamed Abdel-Samads zu sagen – auch mehr Freiheit wagen.