Es wird ja immer viel davon geredet, Parteien bräuchten Strategien, um Erfolg zu haben, müssten ihre Frontleute längerfristig aufbauen, um Wahlen zu gewinnen. Man kann dieses parteipolitische Glaubensbekenntnis mit einem Wort abtun: Quatsch.
Jeder, der sich im Politgeschäft tummelt, weiss, dass die einzige Konstante der Zufall ist oder: Wer sich im richtigen Moment nicht bewegt, wird Regierungsrat. Gilt auch für Frauen. Man kann jetzt rummäkeln, dass damit die Frage noch nicht beantwortet ist, wie man sich denn in die Position bringt, um sich im richtigen Moment nicht bewegen zu müssen.
Die Antwort lautet: Man muss sich als Partei und Politiker so flexibel wie möglich halten, um in möglichst viele mögliche Konstellationen zu passen und noch in die, mit denen man nicht gerechnet hat. Wer auf Ideologie schwört oder an einer Daig-artigen (morbus massa) Überheblichkeit leidet, endet in der Sackgasse.
Was also machen die Bürgerlichen im Stadtkanton falsch, dass sie nicht an die Büza-Erfolge der Baselbieter anknüpfen können? Wie selbst Politlaien feststellen: Sie blockieren sich selbst. Zwar ist wie im Landkanton die SVP mit 14 Prozent Wähleranteil (Grossratswahlen 2011) die stärkste bürgerliche Kraft. Doch ist das gemessen am Februar-Resultat der Schwesterpartei auf der Landschaft von fast 27 Prozent wenig. Anders als auf der Landschaft kann deshalb die SVP des Stadtkantons im bürgerlichen Lager nicht den Cheftrommler stellen.
Die lähmende Schwäche des bürgerlichen Lagers hat einen simplen Grund: Die Basler leisten sich den Luxus von zwei liberalen Parteien. Und nicht genug damit, sie leisten sich auch noch zwei liberale Parteien, die sich gegenseitig austricksen, wo sie nur können. Das ist das Kernproblem der Bürgerlichen in Basel-Stadt. Solange die beiden liberalen Halbparteien – in der übrigen Schweiz sind die seit sechs Jahren vereint – nicht zueinanderfinden, ändert sich für die Bürgerlichen in Basel-Stadt rein gar nichts.
Man muss das Elend des liberalen Lagers in Zahlen ausdrücken: Im Grossen Rat wären die FDP und die Liberalen mit einem Wähleranteil von 20 Prozent und mit 22 Sitzen die unangefochten stärkste bürgerliche Kraft. Selbst bei den Nationalratswahlen wäre sie stärker als die SVP. Zwei Regierungsratssitze wären auf sicher, wichtige Kommissionspräsidien ebenfalls. Und die Frage, welche Partei rechts der Mitte den nächsten Ständeratskandidaten stellen wird, beantwortet. Und möglicherweise gewinnen könnte, wenn das politische Ausnahmetalent Fetz (tatsächlich?) abtritt.
Mit anderen Worten: Das exklusiv in Basel-Stadt gespaltene liberale Lager würde mit einem Zusammenschluss enorm an Einfluss und Flexibilität gewinnen, wäre demnach mehr als eine Addition von Prozentzahlen. Die Fusion macht auch ökonomisch Sinn, was eigentlich Exponenten von Wirtschaftsparteien einleuchten müsste.
PS: Zitterkandidat Markus Lehmann von der CVP könnte sich angesichts der liberalen Selbstblockade zum Ständeratskandidaten ausrufen. So unter dem Motto: Ich bin nicht der Kandidat der bürgerlichen Parteien, sondern der der bürgerlichen Wähler. Klar, auch er wird nicht Ständerat werden. Aber er wäre während Wochen im Gespräch, was bekanntlich das beste Schmiermittel für einen erfolgreichen Wahlkampf ist. Merke: Manchmal gilt auch die Regel, sich im richtigen Moment zu bewegen.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 15. Juli 2015
Grummel meint
Zitterkandidat Markus Lehmann könnte auch sonst noch vieles: Zum Beispiel wieder mal in Bern vor Ort sein.