Gestern hatte ich einen mich selbst erschreckenden Gedanken: Was, wenn wir schon bald bedauerten, dass sich Christoph Blocher aus der Politik zurückzieht?
Warum?
Wegen dieses Titels in der gestrigen NZZ am Sonntag:
Sie nutzen das Blocher-Vakuum: Neue bürgerliche Bewegungen wollen die Schweiz formen
Darin wird beschrieben, wie eine handvoll Milliardäre (paywall) dabei ist, die Tagespolitik der Schweiz zu entern.
Abseits von Parteien und Verbänden entstehen in diesen Wochen milliardenschwere politische Organisationen. Ihr Ziel: keinen Rahmenvertrag in heutiger Form.
Klar, auch Blocher und ein paar seiner alten Mitstreiter waren Milliardäre, plus ein paar Multimillionäre.
Was Blocher von dieser neuen Oligarchen-Clique fundamental unterscheidet: Blocher hat und hatte „skin in the game“, d.h. er übernahm politische Verantwortung und nahm damit all die Risiken auf sich, die damit verbunden sind.
Zum Beispiel die Abwahl als Bundesrat.
Dagegen sind die Vakuumcleaner aus dem Steuerparadies Zug Strippenzieher im Hintergrund, die nationale Sprüche klopfen und dank ihren unerschöpflichen Geldquellen, Lobbyisten und PR-Menschen zahlen, welche die Arbeit an der Front machen, also Politiker bearbeiten und die Öffentlichtlichkeit in die Irre führen.
Ein pseudopolitisches Engagement weil ganz ohne persönliches Risiko, d.h. ohne dass man sie irgendwand zur Verantwortung ziehen könnte.
Das wichtigste für diese Leute ist, ihre Geschäfte und die damit verbundenen Interessen nicht aus den Augen zu verlieren.
So finanzieren (Abstimmungs-)Kampagnen und Somms Nebelspalter, den der Ex-Chef der Basler Zeitung zu einer rechten Plattform umbauen will, zu einer schweizerischen Variante von Breitbart.
Nein, das mit dem Nebelspalter ist vielleicht Satire aber kein Witz.
Und über allem schwebt der Ex-Bankier Hummler, der sich einst mit den Amerikanern anlegte, weil er meinte, die könnten ihn mal.
Jetzt tut er dasselbe mit der EU.
Das mit den Amerikanern ging für ihn persönlich ziemlich in die Hose.
Wenn wir nicht aufpassen, dann geht sein neuestes „die-können-mir-mal“-Engagement uns allen in die Hose.
Was mich wundert: Ein Land wie die Schweiz, das schon vor einiger Zeit sich der Fürsten und Könige entledigt hat, ist offensichtlich immer wieder aufs Neue fasziniert von bürgerlichen Milliardärsfürsten, welche die Leute glauben machen, sie handelten in ihrem Interesse.
Wie einst ihre adligen Vorgänger.
Rolf Müller meint
Ich sehe endlich Morgenröte am Horizont. Warten wir ab, wie sich diese neuen Gruppierungen entwickeln und behaupten. Mut ist gefordert um sich endlich dagegen zu wehren dass wir in die Klauen dieses sich wie einst das deutsche Kaiserreich gebärdenden Machtapparats in Brüssel geraten. Billige Anwürfe wie „Nationalromantiker mit Swiss Miniature im Hirn“ versenkt man am besten gleich dorthin wo sie hingehören: in den Papierkorb. Und wer mit Sätzen wie „er trägt bunte Socken und sein Hemd über der Hose“ glaubt mutige Vordenker in die Pfanne hauen zu müssen, macht sich auch nicht glaubwürdiger.
M.M. meint
Ja, ja, die Morgenröte (ist oftmals ein Hinweis auf Luftverschmutzung) 🙂
Rampass meint
Eine echte Gefahr sind die Tech-Ogilarchen von Google, Apple & Amazon. Die benötigen keine Lobbyisten, da reicht eine Anpassung der Algorithmen und die Welt bekommt nur noch zu sehen, was die erlauben. Diese Oligarchen kann und will nicht mal der Biden vertreiben. Hat er ihnen doch viel zu verdanken.
Arlesheimreloadedfan meint
Wenn die Jemand an den Ohren zieht,ist es die EU.
Aber vielleicht kriegt das Schwyzli zuerst Ärger mit Brüssel.
Gewisse unpatriotische Zuger Geldheinis führen uns in die totale Isolation.
Am Schluss ist Albion noch gut bedient.
Rudolf Rechsteiner meint
Merci. Gute Analyse.
Nationalromantiker mit Swiss miniature im Hirn. Und bloss keine Verantwortung für den Werkplatz Schweiz übernehmen…
Michael Przewrocki meint
Das Blaue musste raus damit das Rote wirkt!
Michael Przewrocki meint
Das Rote ist jetzt kein CH-Rot mehr.
Vischer Christoph meint
Komisch! Bis dato haben wir uns immer beklagt über die schlagkräftige Aktion Libero und deren Anhänger, die doch z.T. auch Geld mitbrachten. Und nun tun sich halt endlich mal ein paar bürgerliche Persönlichkeiten zusammen, um ein aktuell-wichtiges Thema ins Rollen zu bringen. Das ist höchst erfreulich und hoffentlich wird dadurch die Polit-Landschaft so richtig durcheinandergewirbelt. Hauptsache, es bewegt sich was!
Franz Bloch meint
„Vacuumcleaner aus dem Steuerparadies“ – welch geniale Formulierung.