Haben Sie die frohe Botschaft des Baselbieter Finanzdirektors mitgekriegt?
Der Landkanton ist über dem Berg. Dabei hatten wir doch alle geglaubt, der Landkanton sei nahezu pleite. Und jetzt das: Finanzdirektor Anton Lauber verzichtet inskünftig bei den Unternehmenssteuern auf fünfzig Millionen Franken.
Jährlich.
Und hat damit gleich noch zusätzliche dreissig Millionen auf der Einnahmeseite der Gemeinden gestrichen.
Jährlich.
Unser Finanzdirektor lässt keine Zweifel aufkommen: Baselland kann sich das leisten. Ich meine, wenn das nicht die offizielle Ankündigung der Trendwende ist, was ist es dann?
Ich gebe öffentlich zu: Ich habe Anton Lauber unterschätzt.
Er ist ein Finanzdirektor, der nach diesem Steuercoup den Titel «Finanzexperte» verdient.
Applaus!
Da kann Herr Stark – ein Kolumnenschreiber aus der Stadt – mit seiner Eva Herzog nun wirklich nicht mithalten.
Es ist ja keine Kunst, auf Steuereinnahmen zu verzichten, wenn die Steuerquelle ohne Unterlass sprudelt.
Aber machen Sie das mal, wenn Sie vor lauter roten Zahlen gar nicht mehr wissen, wie heiter Schwarz sein kann.
Und überhaupt: Frau Herzog will demnächst ein Gesamtpaket vorlegen, «das nicht nur den Unternehmen hilft, sondern auch ganz direkt Vorteile für die Bevölkerung bringt».
Na, wie langweilig ist denn das?
Da ist Anton Lauber, der in Basel geborene CVP-Mann, von einem ganz anderen Kaliber als die Basler SP-Regierungsfrau aus Pratteln.
Während sie in der wahltaktischen Deckung verharrt, schreitet er unerschrocken zum Ring und wirft mit seiner Version der Unternehmenssteuerreform III den anderen den steuerföderalen Fehdehandschuh hin: An meiner Steuersenkung sollt ihr euch die Zähne ausbeissen!
Nun muss ich kleinlaut eingestehen – aber das ist jetzt ganz unter uns Baselbietern –, ich weiss nicht, wo und wie der Lauber diese fünfzig Millionen wieder reinholen will.
Was heisst fünfzig Millionen! Aus Erfahrung wissen wir, dass daraus über Nacht, völlig überraschend also, 100 Millionen werden können.
Weil, Baselbieter Defizite verhalten sich so.
Er hat gesagt, bei uns, den Citoyens, will ers nicht holen. Was wir für bare Münze nehmen.
Denn bei dem Mann ist, anders als bei sonstigen Politikern, ein Wort ein Wort.
Nein, ich glaube fest daran, dass Anton Lauber uns nicht bescheissen wird und unsere Steuern erhöht.
Ach was, der wird vielleicht diese oder jene Gebühr raufschrauben oder neue festsetzen. Denn Gebühren sind keine Steuern.
Das weiss doch jedes Kind.
Man könnte zum Beispiel eine Gebühr fürs Benutzen von Fussgängerstreifen auf Kantonsstrassen einführen. Oder eine über hundert Franken fürs Steuerformular, eine sichere Einnahmequelle, weil ein solches alle ausfüllen müssen.
Oder er wird uns damit überraschen, dass Basel-Stadt beim neuen Univertrag auf 50 Millionen im Jahr verzichten wird.
Das sind aber absurde Beispiele, werden einige Leser einwenden.
Glauben Sie mir, wer mit dem Baselbiet leben muss, weiss, dass hier das Absurde die übliche Methode ist, um das Offenkundige zu verdrängen.
Auf alle Fälle: Sein Schweigen darüber, wie er die Steuerausfälle kompensieren will, deutet darauf hin, dass Herr Lauber im September, wenn er dem interessierten Publikum den zweiten Teil seiner Steuerverzichtsstory präsentieren wird, den ganz grossen Coup landet.
Zum Beispiel, es sei ihm gelungen, klammheimlich Basler Steuerquellen anzuzapfen.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 31. August 2016
Werner Zumbrunn meint
Sehr geehrte Frau Bringold: Natürlich weiss ich, dass der derzeitige Regierungsrat massiv Leistungen abbauen und versteckte Steuern erheben wird; eine grosse Steuererhöhung ist bekanntlich, dass die selbst bezahlten Krankheitskosten nicht mehr vollständig abgezogen werden können. Aber die Stilllegung des Läufelfingerlis etc. wird niemals das strukturelle Defizit von ca. 180 Mio. Franken pro Jahr massgeblich mildern – vor allem, wenn mit der Unternehmersteuerreform III noch weitere 50 Mio. Defizit hinzukommen.
Die derzeitige Regierung ist deshalb zum grandiosen Scheitern verurteilt. Und ich bleibe dabei: Eine nachfolgende Regierung kann a priori nicht mehr bürgerlich sein; auch die Gelder der Wirtschaftskammer werden daran nichts ändern können. Denn nur eine mehrheitlich linke Regierung kann glaubwürdig die Steuern massiv anheben. Und daran führt kein Weg vorbei – auch wenn ich es bedaure und keineswegs von einer linken Regierung träume.
Bringold Margareta meint
Träumen Sie weiter, Herr Zumbrunn. In einigen Jahren, wenn der Kanton BL finanziell am Boden liegt, wird die gleiche unfähige Regierung gewählt, die Wirtschaftskammer wird dafür sorgen, sie wird auch diesen Wahlkampf finanzieren. Dass im bürgerlich dominierten Baselbiet eine linke Regierung gewählt wird, darauf können Sie lange warten. Die Steuererhöhungen werden bereits jetzt durch die bürgerliche Regierung Schritt für Schritt durchgesetzt. Sie werden es an Ihrer nächsten Steuerrechnung sehen oder fragen Sie einen Steuerberater Ihres Vertrauens. Dass der Mittelstand die Rechnung für diese Misswirtschaft bezahlen wird, da haben Sie allerdings recht.
Werner Zumbrunn meint
Dieser Beitrag ist einfach genial. Er bringt auf den Punkt, wie hoffnungslos die Lage der hilflosen bürgerlichen Baselbieter Regierung ist. Es wird keinen Ausweg geben: In einigen Jahren, wenn der Kanton Basel-Landschaft finanziell am Boden liegen wird, wird eine mehrheitlich linke Regierung gewählt werden und dann Steuererhöhungen durchsetzen. Die Reichen werden sich verflüchtigen, den über 30 %, welche keine Steuern zahlen, wird es Wurst sein, und bluten wird der Mittelstand. Ein kleines Trostpflaster: Immerhin wird es den abgewählten bürgerlichen Regierungsräten mit ihren hohen Ruhegehältern gut gehen.