Zeitgemässe Diskussion auf Twitter: Bojan Stulan hat in der bz einen Kommentar zur Kommunikation der Baselbieter Regierung über den Schulbeginn nächste Woche trotz Coronavirus-Krise geschrieben.
Und zu recht festgestellt, dass in einer Krisensituation, die wir unbestreitbar haben, die Chefin ans Mikrofon muss.
Das ist der weltweite und branchenunabhängige Imperativ der Krisenkommunikation seit Schweizerhalle, als der damalige SANDOZ-Chef Marc Moret tagelang einfach abgetaucht war.
Patrick Künzli (Regionaljournal Basel, SRF) stellt denn auch völlig zurecht fest, dass zwischen der Kommunikation der Stadtregierung und jener auf der Landschaft Welten liegen.
In einer solchen Krisensituation, die immer auch mit einer Vertrauenskrise in die Institutionen einhergeht, mit einer verunsicherten Öffentlichkeit, mit verunsicherten Eltern mittels einer Pressemitteilung zu kommunizieren, ist ein derart kapitaler Fehler, der im Jahr 2020 einfach nicht mehr passieren darf.
Und dann noch diese Obrigkeitssprache der Liestaler Krisentechnokraten:
Der Schulunterricht findet im Kanton Basel-Landschaft nach den Fasnachtsferien ordentlich statt.
ORDENTLICH STATT, sagt „der Teilstab Pandemie des Kantonalen Krisenstabs (KKS)“, der die Anordnung verantwortet.
Auch in Liestal, so scheint es, haben Experten und Technokraten die Macht übernommen.
Deshalb stellt sich die Frage: Wo ist die politisch Verantwortliche für die Baselbieter Schule und letztendlich politisch verantwortlich für den Entscheid, dass die Baselbieter Kinder am Montag wieder zur Schule gehen müssen, als wäre in den beiden Ferienwochen überhaupt nichts passiert?
Wo ist Bildungsministerin Monica Gschwind?
Das Problem, so scheint mir, liegt darin, dass man in Liestal den Ernst der Lage noch nicht erfasst hat. Dabei meine ich nicht all technischen und organisatorischen Fragen rund um den vom Bundesrat ausgerufenen Corona-Notstand.
Was man offenbar noch nicht kapiert hat, ist die politische Dimension des Problems.
Das Schlimmste, was uns in einer solchen Extremsituation passieren kann, ist der Vertrauensverlust in die Regierung und ihrer Organe. Oder dass wir feststellen müssen, dass da eine Regierungsrätin ihrem Amt nicht gewachsen ist.
Krisenzeiten zerren Stärken und Schwächen von Führungsleuten schonungslos ans Licht der Öffentlichkeit.
Ich wiederhole mich: Die Herausforderungen, mit einem Ausbruch dieses Ausmasses umzugehen, sind nicht technokratisch, sondern hochpolitisch.
Frau Gschwind, und mit ihr Gesundheitsdirektor Thomas Weber, müssen deshalb sofort auf Deck und sich der Öffentlichkeit stellen und den Eltern erklären, weshalb auch sie der Meinung sind, am Montag das mit dem Schulunterricht in Ordnung(!) sei.
Was die Regierungen in beiden Basel anbelangt, so sei ihnen empfohlen, stärkeres Gewicht auf die aufkommenden politischen Fragen zu legen.
Das kann beispielsweise mit einer Spezialkommission geschehen, bestehend aus Parlamentarier*innen beider Parlamente. Es gibt und gab schliesslich auch zu anderen drängenden Problemen solche Parlamentarierkommissionen der beiden Basel.
Ergänzen könnten die Regierungen die beratende Spezialkommission mit Persönlichkeiten, die in der Bevölkerung ein hohes Vertrauen geniessen, wie beispielsweise Staatsrechtler René Rhinow, alt-Ständerat Claude Janiak, alt-Ständerätin Anita Fetz.
Wie gesagt, diese Kommission befasst sich mit nichts anderem, als über die politischen Folgen der technokratischen Anordnungen nachzudenken und den Entscheidern beratend zur Seite zu stehen.
Denn ohne Frage, es kommt die Zeit, in der die einschneidenden Entscheide der Regierung und der Behörden einer breiteren politischen Abstützung bedürfen.
Abschliessend nochmals eine Bemerkung von Bojan Stula, der für den amtierenden Regierungsratspräsidenten Isaac Reber ein Warnsignal sein muss:
Marc Schinzel meint
1) Als Vater schulpflichtiger Kinder kann ich sagen, dass meine Frau und ich gut informiert worden sind über das, was wir zum Schulanfang am 9.3. wissen müssen. Direkt via Klassenlehrer, per Mail und im elektronischen Klassen-Info-Kanal. Mit den Weisungen und dem Merkblatt über Verhaltensregeln, verfasst von der BKSD. Das ist eigentlich alles, was wir brauchen.
2) AltStänderätinnen und AltStänderäte brauchen wir jetzt wirklich nicht für die Kommunikation. Die gehören zu einer Gruppe mit erhöhtem Infektionsrisiko – wie auch M.M. Da ist Vorsicht geboten … 🙂 Kurz: Wir haben die Organe und die Leute, die die Lage vernünftig beurteilen, der Situation angemessen entscheiden und das Nötige kommunizieren können.
anonymus meint
Staatsrecht, Kapitel 1: Die Exekutiven sind dafür gewählt, (gerade) in Krisensituationen zu entscheiden und zu führen (wenn sie denn da und nicht im Urlaub sind), nicht Parlamente. Die Exekutiven mit neuen , rein politischen (SP-lastigen) Spezialkommissionen zu „unterstützen“ bringt gar nichts. Die Unterstützung muss von Expertenkommissionen kommen. Die Parlamente können in normalen Zeiten weiterwursteln. Führung heisst in der Krise präsent sein.
M.M. meint
Das mag so sein und alle Parlamentarier sehr happy, dass dieser Kelch an ihnen vorbeigeht.
Aber je länger das dauert, desto politischer werden die Massnahmen. Deshalb scheint mir eine breite politische Abstützung unerlässlich.
Ihre Argumente zu Ende gedacht: Parlamente ist eh überflüssig, wenn‘s ernst wird.
Christoph Meury meint
Konsequenterweise müsste Frau RR Monica Gschwind jetzt ein offizielles Dekret erlassen, welches die Baselbieter SchülerInnen vom Händeschlag, zwecks Gleichbehandlung von Mann und Frau, als Integrationsmassnahme für muslimische SchülerInnen, als kulturelle Identifikationsleistung und als soziale Geste, entbindet und damit den Handschlag zur Begrüssung temporär verbietet, oder zumindest ausser Kraft setzt. Gut, dass der Handschlag nicht, wie einige besorgte BürgerInnen damals verlangt haben, in der Verfassung festgeschrieben wurde, sonst müsste man die Verfassung jetzt notstandsmässig ausser Kraft setzen.
.
Zur Erinnerung: «Handschlagpflicht auch für Muslime: Im Kanton Baselland dürfen Schülerinnen und Schüler nicht mehr den Handschlag aus religiösen Gründen verweigern. Tun sie dies trotzdem, drohen Sanktionen«. Sowie: «Eine rechtliche Prüfung habe ergeben, dass Baselbieter Schulen trotz Religionsfreiheit einen Händedruck einfordern können, heisst es in der Mitteilung. Die temporäre Regelung der Sekundarschule Therwil, dass die beiden Schüler auf den üblichen Handschlag verzichten durften, wird aufgehoben«. Sowie: «Die BKSD verweist bei diesen öffentlichen Interessen in Zusammenhang mit dem Händedruck namentlich auf die Gleichbehandlung von Mann und Frau, die Integration von Ausländern sowie einen geordneten Schulbetrieb. Auch sei die soziale Geste des Handschlags für die Schüler wichtig für das künftige Berufsleben«. Oder: «Wenn an Baselbieter Schulen der Händedruck weiterhin verweigert wird, drohen Sanktionen, wie sie im Bildungsgesetz vorgesehen sind. So können die Erziehungsberechtigten ermahnt werden. Nützt das nichts, ist auch eine Busse bis 5000 Franken möglich«.
.
Hoffen wir dezidiert, dass uns während dieser Händedruck-Pause die kulturelle Identifikation durch ritualisiertes Händeschütteln nicht verloren geht.
Zwischenzeitlich den Hofknicks (das leichte Einknicken beider Beine gegenüber einem Höherrangigen) einzuführen, fände ich abwegig. Erstens sieht es beknackt aus und zweitens könnte das Gegenüber falsche Schlüsse daraus ziehen. Ein fluffiges «Hallo!« genügt vorerst.
Christoph Meury meint
Ergänzung:
Ist es Dummheit, Ignoranz, fehlende Empathie oder einfach Führungsinkompetenz, wenn RR Monica Gschwind während der akuten Corona-Krise in den Ferien im Tirol zu weilt?
.
Es sind nicht nur die LehrerInnen, sondern auch die Eltern und SchülerInnen, welche von der obersten Bildungsdirektorin im Stich gelassen werden. Es sind auch die Baselbieter KulturveranstalterInnen, KünstlerInnen, Sportveranstalter und Sportler, welche von den Veranstaltungsabsagen betroffen sind und von Frau Gschwind im Regen stehen gelassen werden.
.
Frau Gschwind ist nicht nur Bildungsdirektorin, sondern auch Kultur- und Sportdirektorin. Ergo muss sie jetzt auf der Matte stehen und mit den Betroffenen Lösungen erarbeiten und Hilfe anbieten.
Dass Frau Gschwind derweilen in den Ferien weilt, ist mehr als stossend.
Da gebe ich Manfred Messmer und Bojan Stula absolut recht.
.
Wenn sie sich jetzt verschämt per Home Office meldet und ihre persönliche und selbstverschuldete Quarantäne zu Hause aussitzt, macht sie dabei wiederholt eine katastrophal schlechte Falle.
.
Offensichtlich ist Frau RR Gschwind in Krisenzeiten ihrem Job nicht gewachsen.