Ich nehm’s sportlich: Aus dem Fenster gelehnt und runter gefallen.
Dass die SP derart abschmiert, habe ich mir nicht vorstellen können.
Die tiefe Wahlbeteiligung auch bei den Regierungsratswahlen von 33.15%, wir hatten zwischen 32 und 34% geschätzt, bedeutet, dass 67% der Wahlberechtigten diese Regierung nicht gewählt haben.
Das ist eine satte Mehrheit.
Und die Minderheit, die gewählt hat, hat 11’120 mal irgend jemanden (Diverse) auf ihre Wahlzettel geschrieben.
Das ist ein Witz.
Ich halte es für einen Fehler, dass die SP nicht mehr in der Regierung vertreten ist.
Die Wirtschaftskammer kann jetzt durchregieren.
@Easy: Bier kommt im April.
Und hier noch der Vergleich mit unserer Einschätzung bei den Landratswahlen in der Bandbreite des möglichen Resultats:
*Wir hatten in unserer Bandbreiten-Analyse im Vorfeld des Wahlsonntags die BDP als „Blackbox“ bezeichnet, weil bei dieser Partei keine Trends zu erkennen waren. Das Resultat zeigt, dass sie das auch war. Der zusätzliche Gewinn von zwei Sitzen gegenüber unserem Maximum für die FDP dürfte von der BDP stammen, quasi Rückwanderer von 2011.
Schlusskommentar: Die kühnsten Träume des bürgerlichen Tandems FDP und SVP – für die CVP ist das Resultat wohl eher ein Albtraum – sind wahr geworden.
Sie haben mit einem Stimmenanteil von lediglich 45% dank des Baselbieter Wahlsystems 50% der Landratssitze geholt (Zahlen aufbereitet von hst):
Jetzt sind die Verhältnisse klar im Landkanton und es gibt keine Ausreden mehr: Die FDP und die SVP tragen ab Juli in allen Politikfeldern die alleinige Verantwortung. Da sind wir nun gespannt,was die beiden daraus machen werden.
Nichtwähler meint
Vielleicht ist es aus der SP-Zentrale auch deshalb so still, weil sie sich verzweifelt fragt, wie man den Leuten in schöneren, blumigeren, weniger illusionslosen Worten die Botschaft vermitteln kann, die wir eigentlich alle langsam begreifen sollten, bevor es zu spät ist: dass tatsächlich die „Abschaffung des Kapitalismus“ und das Etablieren einer „Internationalen“ (wie es das als IWF schon gibt, gültig aber leider nur für das Geld der Global Players) der Weg der Wahl ist. Leider zeigt sich, dass im Baselbiet als verkleinerter Schweiz vor allem eines zählt: das eigene Häuschen mit Gärtchen (wahlweise ohne ausländische Nachbarn, dann SVP, mit ausländischen Nachbarn und zusätzlich einer holzschnitzelgeheizten Sauna), dann Grüne, oder mit all dem plus Swimming Pool, dann FDP oder glp – und das Ganze noch als steuerbegünstigtes Familienmodell, dann CVP). Und dieses ganze wunderschöne Idyll gilt es möglichst für mindestens die Enkel-Generation erbschaftssteuerbefreit in die Zukunft zu retten.
Dies ist ja alles sehr verständlich… Aber es führt dazu, dass Parteien, denen man zutraut, dieses Wunder zu vollbringen, auch und gerade in Krisenzeiten gewählt werden. Statt diejenige Partei mit einer Prise Realismus in ihrem Konzept. Die etwas weiter denkt, die eine globale Perspektive hat und versteht, warum z.B. Menschen zu Hunderten vor Lampedusa ertrinken, weil sie hoffen, dass ihre Kinder dereinst vielleicht in diesem Einfamilienhäuschen neben der grün oder liberal wählenden 2-Kinder-Familie aufwachsen können. Eine Partei, die auch den Zusammenhang zwischen Lampenberg und Lampedusa sieht! Und die eigentlich in der Pflicht wäre, das zu benennen und ihre potentiellen Wählerinnen und Wähler mit den Konsequenzen ihres Lebensstils vertraut zu machen.
Und nun begreift man vielleicht auch, warum es in der SP-Zentrale so still ist. Weil sie kann entweder politisch Verrat begehen – oder politisch sterben. Nun, soweit ist ja zum Glück nicht. Noch gibt es sie. Was es aber noch nicht gibt – und das nicht nur nicht im Baselbiet – ist die Strategie, wie man die Leute dazu bringt, weniger eigenen Wohlstand zu wählen, um den Wohlstand für alle zu sichern.
kaputtmundi meint
..carry on and lose forever, again and again..
Ist das nicht die Grosse Lebenslüge der Linken, gewinnen zu wollen für eine ‚bessere Welt‘?
Nichts ist der Linken so vertraut wie die Niederlage, das Verzweifeln am Menschen, am ‚Volk‘, an den Reichen, an den Banken, an den Abzockern, am Ballenberg, am Einfamilienhausidyll, an der Realität..
..carry on..
Nichtwähler meint
Ja, genau, und das macht sie auch so sympathisch…
G. Koller meint
Also, dem Baselbieterlied wäre dringend eine fünfte Strophe anfügen, „Vo Lampebärg bis Lampedusa …“
Wobei, kaum einer der an jener Insel Gestrandeten würde wohl später freiwillig in dieses Dorf ziehen …
Und hinter allem steckt sowieso die Wirtschaftskammer …
Nein, rückblickend kann man zum Abschneiden des link-grünen (Nicht-)Bündnisses nur sagen: selber schuld. Über die eigenen Füsse gestolpert. Katastrophaler Wahlkampf. Schade, dass es für die Kandidatin nicht gereicht hat, in ihrem Auftreten kam sie sympathisch rüber, – wenn da nicht nur auch immer ein wenig die Botschaft mitgeschwungen wäre, ja, eigentlich habe ich es ja nicht nötig … Da hätte sie sich ruhig etwas vom SVP-Parteipräsidenten abschauen können, der war ja sogar in der „Elefantenrunde“ auf Telebasel immer noch im Angriffsmodus (… nomen est omen).
Aber im Nachhinein ist man ja immer klüger, nur, der grundlegende Fehler war, dass der noch amtierende SP-RR nicht schon spätestens 2014 zurückgetreten ist.
Und wenn Dummheit eine Farbe hätte, so müsste man sagen: Grün.
Ungefähr so wie unser Ärger …
Sissachr meint
Die alte Garde der SP und der gesamte Vorstand müssten konsequenterweise nach so einem Debakel zurücktreten. Am besten wäre es wohl, den Vorstand gleich 1 : 1 mit demjenigen der Jusos auszuwechseln. Münger und Nebiker schlugen sich nicht schlecht – aber sie waren die falschen Leute zur falschen Zeit am falschen Ort. Bei einem Fussballmatch würde man sagen: Die Teamaufstellung war falsch – und die hat der Trainer zu verantworten.
Die Juso erscheint in der Presse meist als proaktive, klar links positionierte Kraft. Manchmal ungestüm, manchmal vorlaut – aber immerhin thematisieren sie Dinge und zeigt Profil. Die SP BL beschränkt sich auf Slogans von vorgestern, Wahlplakate wie aus der UdSSR und gibt nur Stellungnahmen ab, wenn sie gefragt oder angegriffen wird. Das Desaster um Urs Wüthrich, die miserable Bündnispolitik mit den Grünen, die ewig gleichen Gesichter im National- und im Landrat wie seit Kaiseraugst – die Leute begreifen das nicht mehr, die haben sich weiterentwickelt. Ein Arbeiter – oder heute eher ein Angestellter – hat heute ein Auto und will in die Ferien. Wenn möglich sollen seine Kinder in eine Schule mit möglichst wenig Fremdsprachigen und die Parole „Den Kapitalismus überwinden“ macht ihnen Angst.
Wenn die SP BL mit ihrer Ideologie nicht mehr 30 oder 40% der Wählenden erreichen kann, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man passt die Ideologie an oder aber man gibt sich damit zufrieden, eine 15%-Partei ohne jegliche Macht, ohne jeglichen Einfluss zu sein.
Der Kanton BL tritt in ein neues Zeitalter ein, mit einer rechtsbürgerlichen Mehrheit. Erfindet sich die SP BL in ihrer Oppositionsrolle nicht vollständig neu, wird sie endgültig weggespühlt.
Herrmann Elig meint
Meines Wissens war es die Juso (Wermuth), welche die Überwindung des Kapitalismus ins SP-Parteiprogramm hievte. Ansonsten ein interessanter Gedanke.
Sissachr meint
Da haben Sie recht. Daran muss man noch arbeiten.
EstherJundt meint
Es ist schon komisch, dass Wahlverlierer immer über die Nichtwähler diskutieren. Ich habe mit vielen Nichtwählern gesprochen. Die sagten, es ist doch alles super hier. Immerhin sitzen in der bürgerlichen Baselbieter Regierung mehr Frauen als in der Basler Regierung, die sogar noch zwei Mitglieder mehr zählt.
Meury Christoph meint
Das Wahlresultat ist eindeutig und es gibt nichts zu deuteln. Allerdings ist es etwas frivol zu behaupten «vom Volk abgestraft». Bei einer Beteiligung von rund 33.12% muss man hier vom Restvolk, welches sich durchsetzten konnte, reden. Die grosse Mehrheit hat sich im Baselland von der Politik verabschiedet. Insofern haben alle verloren. Die grosse Mehrheit der StimmbürgerInnen entzieht sich diesem Prozedere und das ist das eigentlich frappierende dieser Wahlen. Es besteht kein Interesse an Wahlen.
Keine der KandidatInnen ist mit einem Programm oder einem politischen Projekt angetreten. Es ging in der Summe um nichts, oder einfach schlicht: Wählt mich, ich bin das Programm! Das ist offensichtlich zu wenig. Politik im Schongang. Man lässt die WählerInnen bei allen Parteien systematisch im Ungewissen.
Zu guter Letzt stellt sich eher die Frage, ob solche Wahlen noch repräsentativ sind? Sind KandidatInnen, welche bei einer entsprechend niedrigen Wahlbeteiligung (33,12%) gewählt sind, als VolksvertreterInnen noch legitimiert? Oder etwas zugespitzter: Ab welcher Wahlbeteiligung müssten solche Wahlen für ungültig erklärt werden?
Die SP hat dieses Resultat selber verschuldet:
Zu keinem Zeitpunkt konnte man erahnen, wofür die beiden KandidatInnen Münger & Nebiker stehen. Sie waren ein bisschen dafür und ein bisschen dagegen. Sie waren aber zu keinem Zeitpunkt eine fassbare Alternative. Sie versuchten sich in den wenigen öffentlichen Interviews in einer Art politischer Kuscheltour an den relevanten Themen vorbei zu mogeln.
Zudem war die Doppelkandidatur mit Sicherheit keine Stärkung, sondern eine Schwächung.
Der „SP-Niedergang“, als ernstzunehmende politische Kraft im Baselbiet, hat aber mit Sicherheit früher angefangen. Ein äusserst schwaches Präsidium hat über Monate kaum kommuniziert und musste quasi via Presse aufgefordert werden sich gelegentlich öffentlich zu politischen Themen verlauten zu lassen. Weit und breit keine politische Konzeption, keine Strategie, kein Programm.
Dann hat man es eindeutig versäumt rechtzeitig junge und taffe KandidatInnen aufzubauen. Die Juso’s wurden lediglich als Wasserträger eingesetzt. Angetreten ist man zu den Wahlen mit der allen Garde. Einer Garde, welche altersmässig bereits das Karrierenende überschritten hat. Die Bürgerlichen waren in diesem Sinne bedeutend besser (und jünger) aufgestellt und diesen KandidatInnen könnte man einen Turnaround noch abnehmen.
Zu guter Letzt weiss man es jetzt: Urs Wüthrich hat den GenossInnen mit seinem Alleingang und seiner lamentierenden Haltung keinen Gefallen getan. Er hätte aus strategischen Gründen viel früher zurücktreten müssen, um die Chancen für eine SP-Nachfolge intakt zu behalten. Aber sein Ego stand ihm im Wege. Er wird jetzt auch das Kulturgesetz nicht mehr durchbringen.
Jetzt versucht man sich Mut zu machen und sieht sich als starke Opposition. Aber bitte, mit welchem Personal?