Herr Köppel spitzt gerne zu. Das gefällt mir insofern, als man bei ihm nicht übertrieben lange warten muss, bis er zur Sache kommt.
Man weiss deshalb recht schnell, wenn er Unsinn erzählt.
Zum Beispiel dieser Unsinn über die „links-grünen Illusionen“, welche unsere Wirtschaft zerstören, der auch nach zwanzig Jahren Klimadiskussionen noch immer zum beständigen Narrativ einer kleiner werdenden Gruppe von Politikteilnehmern gehört.
Köppel bedient hier mit dem, was er offenbar selbst glaubt, eine oftmals lautstarke Gruppe von bürgerlichen Politelitären.
Und deren Wählerinnen und Wähler.
Sie werden in einem zentralen Politfeld, ach was, im derzeit wichtigsten politischen Thema einfach abgehängt.
Was in der Tat nicht gut ist. Für die Demokratie.
Doch sie werden abgehängt, weil die Diskussion um die Gestaltung der Zukunft, unserer Zukunft, längst die ausgetretenen Pfade des Grün-links-bürgerlich-Schemas verlassen hat.
Wer noch immer so denkt, mag zwar da und dort punkten. Bei der Festlegung der grossen Linien bleiben sie jedoch aussen vor, ist deren Meinung nicht mehr gefragt.
Weil: Der Umbau unserer Wirtschaft ist nicht mehr aufzuhalten.
Und das ist gut so. Schliesslich geht es ja nicht nur um das, was in die Luft geblasen wird, sondern auch um das, was aus dem Untergrund geschürft und danach früher oder später wieder weggeworfen wird.
Was Köppel, der Basler Gewerbeverband, ein Vertreter der FDP aus dem Kleinbasel, um stellvertretend ein paar Exponenten dieser Gruppe aufzuzählen, ganz offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen (wollen, können, im Stande sind – you name it), ist das Faktum, dass die Wirtschaft, ja die, die Politik schon längst überholt hat.
Unideologisch. Aus purer Überlebensnotwendigkeit.
(Klar gibt es da noch ein paar Widerstandsnester. Aber die werden untergehen oder wie der Google-Chef kürzlich erklärte: Unternehmen, die nicht klimaneutral werden, verlieren den Kampf um die Talente).
Und wie sieht es deshalb konkret in Basel aus? Die Basler Regierung will Basel-Stadt bis 2040 klimaneutral machen.
Grosses Geschrei (der bürgerlichen Politelitären).
Die beiden Grosskonzerne Roche und Novartis wollen wie Google bis 2030 (!) klimaneutral werden.
Hallo, bürgerliche Politiker: Roche. Novartis. Klimaneutral. 2030!
Was konkret bedeutet – Gewerbeverband: aufwachen -, dass sämtliche lokale Zulieferer bis dahin ebenfalls klimaneutral sein müssen.
Sonst gibt es von den beiden Konzernen keine Aufträge mehr.
Von wegen Umweltbilanz und so.
Das sind keine grün-linken Illusionen, sondern die wirtschaftlichen Realitäten.
Nun habe ich keinerlei Bedenken für die KMU’s der Region. Die wissen das und sind dabei, sich anzupassen.
Die sind, wie grosse Teile der Wirtschaft, bedeutend weiter als ihre Vertreter in Verbänden und Politik.
Und weiter als Herr Köppel sowieso.
U. Haller meint
Glaub‘ nicht alles, lieber Manfred! Papier ist geduldig, solche Unternehmensbeteuerungen ebenfalls. Ich lese Köppel nur selten, aber er ist dennoch ein schlauer Fuchs. Und ganz Unrecht hat er nicht. Denn: Aus heutiger Sicht ist die vielbeschworene Klimaneutralität ohne eine massive Änderung von Produktions- und Konsumgewohnheiten schlicht nicht möglich. Und das ist in unseren westlichen Demokratien kaum durchzusetzen. Mit den heute verfügbaren Technologien und dem heutigen Konsumniveau ist Klimaneutralität eine pure Illusion. Da mag der künftige deutsche Klimakanzler (gestern bei Anne Will) noch so magistral in die Kamera schauen. Der wird auch noch ganz unsanft auf dem Boden der Realität landen. Und die grünen Fundis ebenfalls.
M.M. meint
„solche Unternehmensbeteuerungen“ – das ist auch eine solche Gebetsmühle.
Habe da einen etwas konkreteren Einblick. Da sind Dinge im Gange, die an der Politik völlig vorbei laufen. In der Tat ist es doch so, dass die Wirtschaft die Treiberin des technologischen Wandels ist.
Also mit Glauben hat das nichts (mehr) zu tun. Der Roche-Neubau orientiert sich bezüglich Energie und Nachhaltigkeit übrigens an deutschen Bauvorgaben.
Umbau der Energieversorgung in Basel-Stadt, weg vom Gas und Oel – demokratisch legitimiert.
Was Deutschland anbelangt: Da fordern nicht die Grün-Linken, ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen, sondern die Autohersteller. Ist auch folgerichtig: mit Tempo 150 und mehr, leidet deine Batterie.
Produktions- und Konsumgewohnheiten schlicht nicht möglich – na dann schau mal, wie sich unser Konsumverhalten in den letzten zehn Jahren verändert hat.
Der Volkswagenkonzern wird 2026 den letzten Verbrennermotor auf den Markt bringen, 2033 ist Schluss. Das ist eine Ansage, die radikaler, oder sagen wir, genauso radikal ist, wie eine politische Idee der Grünen.