Das ging schneller als ich gedacht habe: Die SVP hat gestern im Landrat eine Motion mit der Forderung eingereicht, der Uni-Vertrag mit Basel-Stadt soll gekündigt werden.
Herr Dähler in der BaZ von heute aus dem Landrat (nicht online):
Georges Thüring (SVP) verwies auf die Nichtberücksichtigung des Kantons Baselland bei der Bestellung des Hochschulrats von Bund und Kantonen. «Wie lange können wir uns die Mitträgerschaft an der Universität Basel noch leisten?», fragte Thüring und forderte die Regierung auf, mehr Druck aufzusetzen.
Dies hat die SVP-Fraktion bereits getan: Gestern reichte sie eine Motion ein, die die Kündigung des Vertrags mit dem Kanton Basel-Stadt über die gemeinsame Trägerschaft fordert.
PS: Mir ist ein bedauerlicher Fehler unterlaufen: Bei den 300 Millionen Franken handelt es sich um die Summe, welche BS und BL jährlich gemeinsam berappen. Die exakten Zahle gemäss einer Medienmitteilung der Regierung: Der jährliche Trägerbeitrag steigt von 314 Mio. Franken (2013) über die Jahre auf 329,5 Mio. Franken (2017). Die Berechnung und Aufteilung der Jahrestranchen erfolgt gemäss den Parametern des Staatsvertrags. Sie entspricht im Jahr 2014 mit 50,2% Basel-Stadt und 49,8% Basel-Landschaft praktisch dem Status quo (2013: 50,1% BS; 49,9% BL) und verschiebt sich bis ins Jahr 2017 leicht zu Gunsten von Basel-Stadt (2017: 48,7% BS; 51,3% BL).
Marc Schinzel meint
Erstens: Ein äusserst wichtiges Thema. Ich hoffe, die Motion ist nicht dringlich. Da wäre ich gerne dabei, wenn der LR den UNI-Vertrag behandelt.
Zweitens: Dass das Geschäft für die FDP zur „neuen Theaterfrage“ wird, glaube ich nicht. Wir sind in vielerlei Hinsicht klüger geworden, vor allem bei Geschäften dieser Dimension.
Drittens: Christoph Meurys Sorge über Online-Redaktionen, die ihre Aufsichtspflicht bei absolut indiskutablen Leserkommentaren vernachlässigen, teile ich. Ein weiteres Beispiel: Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Churer Auftritt (vor ca. 2’000 Personen!) der deutschen Holocaust-Leugnerin Sylvia Stolz, die soeben zu 20 Monate Gefängnis verurteilt wurde, wurden einige unhaltbare Online-Beiträge gepostet, die so niemals hätten durchgehen dürfen.
Viertens, an M.M.: Geniessen Sie Ihr Strand-Internet: Es ist doch keine so schlechte Sache, vom Meeresrauschen inspiriert posten zu können. Meiner weiss getünchten Bürowand vermag ich keine dermassen entspannenden Wellentöne zu entlocken.
G. Koller meint
Nachdem im letzten Herbst die Frage, wie viel Himmel und Erde der Baselbieter zu seinem Glück braucht, „endgültig“ geklärt worden ist, drängt sich bereits die nächste Frage auf, nämlich, wie viele studierte Akademiker der Halb-Kanton Basel-Landschaft bei seiner Urwüchsigkeit denn nun „ertragen“ oder sich noch leisten mag …
Nein, nur schon der Titel eines Universitätsvertrages bedarf einer Neu-Formulierung, – wäre es jetzt nicht angebracht, von der „Universität beider Basel“ zu sprechen? Sicher doch.
Man darf gespannt sein, ob sich die beiden Halb-Kantone gemeinsam, mit Weitsicht und gerecht um eine „künftige Ausrichtung der nordwestschweizerischen Hochschul- und Forschungspolitik“ bemühen werden können, unter Einbezug der Fachhochschulen (und somit zusammen mit den Kantonen Aargau und Solothurn), und nicht zu vergessen, mit Blick auf eine unter einander abgestimmte Spitalpolitik.
Das Thema dürfte zu einem ersten richtigen Stresstest oder zur Lackmusprobe der Beziehungen der bei den letzten Wahlen siegreichen bürgerlichen Parteien untereinander werden, – wenn es denn die Linke diesmal packt und nicht auch noch verschläft.
M.M. meint
Stresstest für die Bürgerlichen – seh ich auch so. Und zwar in der Regierung als auch im Landrat (50% der Sitze). Getestet wird insbesondere Frau Gschwind, ob sie denn tatsächlich auf Linie liegt. Für die FDP kann das Thema zur neuen Theaterfrage werden und das während der Nationalratswahlen.
In diesem Thema ist alles drin. Weshalb ich es gut finde, dass die SVP dieses auf die Traktandenliste setzt.
Anders als Herr Meury bin ich überhaupt der Meinung, dass über alles politisch gestritten werden muss, auch über die Bildungsausgaben.
Die Universität hat ihre Kosten genauso zu rechtfertigen, wie andere auch. Das Totschlagargument „Wirtschaftsstandort“ halte ich insofern für gefährlich, weil man damit beispielsweise die Ausbildung reformierter Pfarrer aka Theologie in Frage stellen könnte.
Die SVP hat da ein ganz heisses Eisen angefasst.
Meury Christoph meint
Seit der Banken- und Immobilienkrise wissen wir, dass Zahlen volantil sind. Es ist ein bisschen wie beim Wetter. Das gilt vermutlich auch bei den finanziellen Beiträgen an die Universität….
Die SVP-Herren sollten sich ihren Frust, der ja ein Künstlicher ist, an einem anderen Objekt abarbeiten. Der Vorwand ist lächerlich und die SVP-Reaktion pubertär. Würde man sich an die Ratschläge von Papst Franziskus, alias Jorge Mario Bergoglio halten, dürfte man vorpubertierende Jungs watschen, wenn man dabei ihre Würde bewahrt.
Ich meine natürlich rein bildlich gesprochen…
Das partnerschaftliche Verhältnis, welches man mit der gemeinsamen Trägerschaft der Uni Basel eingegangen ist, stellt man sicher nicht leichtfertig zur Disposition. Das partizipative Verhältnis und die Vertretungsfrage kann man vielleicht noch verbessern, aber nicht als Elefant im Porzellanladen. Da hat die SVP noch Luft nach oben und könnte an ihren Manieren und ihrer Kommunikation arbeiten. Vielleicht hilft ihnen ja die neue Bildungsdirektorin Monica Gschwind und zeigt den Jungs mal wie man solche Dinge mit Anstand aufgleist.
M.M. meint
Dieser Kommentar liegt so ungefähr auf dem Niveau eines durchschnittlichen BaZ-online-Gebelles. Ist eigentlich unter Ihrer Klasse.
Wer sich mit der SVP so auseinandersetzt, verliert nicht nur Wahlen sondern auch Abstimmungen.
Dass die Politik ohne Tabus immer mal wieder die Frage stellt, was wollen und was können wir uns leisten, liegt doch in der Natur der Sache. Das gilt sowohl für den Strassenbau als auch für die Leistungserbringerin Uni Basel.
Also ich bin gespannt auf diese Debatte und auch darauf, ob der SP über altbekannte Reflexe hinaus auch noch ein paar kluge und überzeugende Argumente einfallen werden.
Meury Christoph meint
Wäre ich Tätschmeister der SP würde ich raten endlich eigenständig und proaktiv politische Themen zu besetzen. Die Kantonsfinanzen hätten dabei eine hohe Priorität. Den drohenden Defiziten würde ich allerdings in jedem Fall mit einer Doppelstrategie zu Leibe rücken. Einerseits wäre ich darauf bedacht zusätzliche Einnahmen zu generieren. Eine echte Wirtschaftsoffensive müsste losgetreten werden. Stichworte: unmittelbarer Baustart in «Salina Raurica», höhere Hafenbewirtschaftung im Birsfelder und Muttenzer Hafen, offensive Bautätigkeit in Aesch-Nord, usw. Andererseits müssten intelligente Sparprogramme lanciert werden. Strassenbau im Bereich Umfahrungsstrasse aller Art hätte dabei nicht oberste Priorität. Das Bruderholzspital würde ich der Merian Iselin Spital-Gruppe (Ausgaben- und Risikominimierung) anbieten (eine Offerte liegt bereits auf dem Tisch), usw.
Mit Sicherheit würde ich weder bei der Bildung noch im Sozialbereich sparen. Den Sparhebel bei den Ärmsten anzusetzen finde ich unwürdig. Bei der Bildung zu sparen ist mässig intelligent. Die Finanzierung von Bildungsinstituten, z.B. die Universität Basel, ist eine Investition in die Zukunft. Auch eine Investition in unsere Jugend.
Der Wirtschaftsstandort der Region Basel ist eng verbunden mit der Universität. Oder umgekehrt: Die Universität korreliert mit den wirtschaftlichen Schwergewichten.
Daher verurteile ich es, wenn die SVP aus einer Laune heraus die Universität diskreditiert, indem sie den gemeinsamen Vertrag aufkünden will. Die Universität, mit all ihren Instituten und Forschungsabteilungen, mit allen nachgelagerten Institutionen ist etwas vom Besten, was wir haben. Dazu sollten wir Sorge tragen. Die SVP stellt den Univertrag zur Disposition, weil sie damit provozieren will und den Vertragspartner Uni (und natürlich auch die Stadt) unter Druck setzen möchte. Die SVP hat keine bessere Lösung.
Ja, ich gebe es zu die reine Nein-Sagerei geht mir auf den Wecker….
Apropos BaZ-Gebell: Kürzlich konnte ich auf BaZ-Online nachlesen, dass eine LeserIn den Fakt, dass in Lampedusa Menschen ertrinken, als abschreckende Massnahme, um der Flüchtlingsproblematik Herr zu werden, ausdrücklich in Kauf nimmt….. Solches kann man immer häufiger – auch nach den historischen Somm-Exkursen – in der BaZ nachlesen. Unredigiert und unzensiert. Soviel zur Meinungs- und Äusserungsfreiheit.
Davon bin ich mit meiner SVP-Rüge weit entfernt und insofern ist der Vergleich unerheblich. Danke für’s Verständnis.