Man muss sich bei diesem Vorgang schon die Augen reiben, weil er derart ungewöhnlich ist, dass es den meisten in Liestal schlicht die Sprache verschlagen hat.
Ein amtierender Regierungsrat wird von der Staatsanwaltschaft vor den Richter geschleppt.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, der ZAK in den Jahren 2014 und 2015 durch pflichtwidriges Verhalten einen erheblichen unrechtmässigen finanziellen Vorteil in der Höhe von jährlich gut CHF 100’000.00 zum Nachteil des Kantons Basel-Landschaft verschafft zu haben.
Wie die Staatsanwaltschaft richtigerweise festhält, gilt für Weber und die zweite Person die Unschuldsvermutung.
Doch mit der Klageschrift hat sich das Blatt in anderer Hinsicht gewendet.
Bis anhin galt, dass zwei aufmüpfige Journalisten, Joel Hoffmann von der BaZ und Mathieu Klee vom Regionaljournal Basel, einfach nicht begreifen wollten, dass im Geschäftsverkehr zwischen der Weber-Direktion und der Wirtschaftskammer alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
Die beiden Journalisten haben für ihre Hartnäckigkeit einen hohen (auch persönlichen) Preis bezahlt: Sie wurden von der Wirtschaftskammer mit Klagen eingedeckt.
Die Klage gegen Mathieu Klee liegt derzeit beim Bundesgericht. Die Wirtschaftskammer hat den Fall weitergezogen, nachdem sie vor dem Berner Handelsgericht wegen „mangelnder Aktivlegimität“ gescheitert war.
Der Streitwert von 100’000 Franken in dieser Sache wurde inzwischen von den Antwaltskosten locker überholt.
Die anwaltliche Auseinandersetzung mit der BaZ ist ebenfalls noch im Gang. Die Aktenordner kann man inzwischen in Laufmetern messen.
Auch dieser Fall wird wohl zuletzt beim Bundesgericht landen.
Die Basellandschaftliche Zeitung übrigens hat kein Verfahren am Hals. Sie begnügte sich mit lauwarmen Berichterstattungen.
Auch heute wieder relativiert die bz die Vorgänge. Tenor: Alles nicht so schlimm. Der Fall Maudet in Genf sei viel schlimmer – kein Witz, die argumentieren so.
Und überhaupt, die Staatsanwaltschaft.
Den Gipfel der queren Gedanken erklimmt die Zeitung, in dem sie die Subito-Zustimmung zur in erster Lesung gescheiterten Gesetzesrevision zur Arbeitsmarktkontrolle fordert, quasi den Grünen vorwirft, sie verhinderten, dass es denn im Landkanton endlich besser werde.
Ach Bojan!
Nun aber zeigt sich mit der Anklageschrift der Staatsanwalt, dass die Recherchen der beiden Medien nicht aus der Luft gegriffen sind, dass es sich nicht um Fake News handelt.
Weshalb die Wende in der unendlichen ZAK-Geschichte derzeit in erster Linie politisch interessant ist. Denn mit der Klageschrift wurde das System Wirtschaftskammer einmal mehr blossgestellt.
Zwar hat Thomas Weber in den letzten beiden Jahren nichts unversucht gelassen, sich freizuschwimmen. Doch er muss spätestens jetzt einsehen, dass es für niemanden ein Entrinnen aus diesem System gibt.
Wenn man die Berichterstattung zur ersten Lesung des neuen Gesetzes liest, scheint es, dass die SP (gewerkschaftsverbandelt) und die Bürgerlichen (wirtschaftskammerverbandelt) im alten Trott weiterfahren wollen:
Die Grünen stören sich daran, dass die Sozialpartner einerseits mitreden dürfen, wenn es um die Abgeltung ihrer Kontrolltätigkeit geht. Und andererseits daran, dass die Sozialpartner ebenfalls mitreden dürfen, wenn die Regierung vorhat, ihnen die Gelder zu kürzen.
Ich mache mir zwar keine Illusionen, aber vielleicht ist die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ein letzter Weckruf an die Parteien für einen Neuanfang.
Wenn Thomas Weber sagt, er schaue seinem Verfahren gelassen entgegen, dann versucht er den Pokerspieler zu geben. Niemand, der eine Strafklage auf dem Tisch liegen hat, verfällt in äusserste Gelassenheit.
Stand heute muss Thomas Weber durchaus damit rechnen, am Ende der Einzige zu sein, der als Verurteilter die ZAK-Bühne verlässt.
Albi meint
Jetzt müsste man einfach noch erwähnen, dass die Staatsanwaltschaft sich selbst „Befangenheit“* attestiert hat und deshalb das Kantonsgericht um einen ausserkantonalen Staatsanwalt bat. Das wurde von einem weiteren Amigo-Grünen abgelehnt.
* Die Befangenheit könnte darin bestehen, dass die Staatsanwaltschaft und damit die Erste Staatsanwältin der Sicherheitsdirektion unterstellt ist, deren Regierungsrätin in der Vergangenheit mit mehreren Vorstössen in dieser Angelegenheit aufgefallen ist.
Anonymus meint
Uns in der Schweiz mangelt es an wirklichen Stars, darum haben wir so viele Cervelatpromis. Offenbar mangelt es uns auch an wirklichen Politskandalen, darum blasen wir alles bis zum Gehtnichtmehr auf, was nur den Hauch eines Skandals darstellt (siehe Velohochbahn). Nachdem das Kantonsgericht zwei Ausstandsbegehren der Staatsanwaltschaft abgelehnt hatte, konnte man ja nicht mehr anders als Anklage zu erheben, um ja nicht den Anschein von Befangenheit zu erwecken. Wenn man sich die (bekannten) Fakten genau anschaut, ist diese Anklage ein Witz. Wäre noch spannend gewesen zu sehen, wie ein unabhängiger Staatsanwalt in diesem Fall entschieden hätte. Ob hier jemand verurteilt wird oder nicht, ist offenbar nebensächlich: Hauptsache die Meinungen sind schon gemacht.
Marc Schinzel meint
1) Dass es “den meisten in Liestal schlicht die Sprache verschlagen hat“, ist nicht schlecht. Ein laufendes Strafverfahren ist bei der Justiz am richtigen Platz. 2) Zum Gesetzesentwurf: In der ersten Lesung wurde nichts entschieden. Entscheide fallen immer erst in der zweiten Lesung. Und, wie schon gesagt: Wer den Entwurf ablehnt, wird, wenn überhaupt etwas Neues kommt, noch jahrelang mit dem geltenden Gesetz leben müssen, das stark kritisiert wird und das viele als unbefriedigend empfinden.
Bringold Margareta meint
Wenn ich Sie richtig verstehe, Herr Schinzel, müsste der Landrat zu einem Gesetz ja sagen, dass weniger schlecht ist als das geltende. Weniger schlecht ist aber nicht gut genug. Es ist ein Armutszeugnis für den jetzigen Landrat, der sich offenbar immer noch im Würgegriff der WIKA windet und nicht in der Lage ist, sich freizuschwimmen und ein griffiges Gesetz vorzulegen. Wenn Sie immer zwischen den beiden Polen WIKA und Gewerkschaften lavieren, werden Sie nie etwas Rechtes auf die Beine stellen. Dem Landrat fehlt es am Mut Haltung zu zeigen.
Marc Schinzel meint
Die Frage ist, was gut genug ist, Frau Bringold. Es ist wie immer bei umstrittenen Vorlagen: Alle sind Kompromisse eingegangen. Alle haben gegenüber ihren Vernehmlassungspositionen wesentliche Zugeständnisse gemacht. Das kann man nachlesen. Für mich bringt der Gesetzesentwurf gegenüber dem geltenden Recht grosse Verbesserungen bei der Transparenz und bei der Kontrolle der Verwendung staatlicher Mittel. Die Vorarbeiten waren intensiv und sorgfältig. Sie sind mit der “Expressgesetzgebung“ von 2013 nicht zu vergleichen. Ich kann hinter der Vorlage stehen. Ich möchte, dass sie in Kraft tritt und das heutige Recht ablöst. Dann können wir uns hoffentlich wieder auf die wichtige Bekämpfung der Schwarzarbeit und die Durchsetzung der flankierenden Lohnschutzmassnahmen konzentrieren. Fundamentalopposition, die Maximalpositionen durchsetzen will, bringt uns nicht weiter, denke ich.
Marco Agostini meint
Marc. Wir können auch das Volk entscheiden lassen. Mal schauen ob das dann auch Fundamentalopposition ist.
Martin Rüegg meint
Lieber Marco Wie wäre es jetzt mit Verbessern und dann Nachbessern?
Marco Agostino meint
Mach einen Vorschlag.
Marc Schinzel meint
Marco, das können wir schon. Das ist auch der normale Lauf der Dinge, wenn 4/5 im Landrat nicht erreicht werden. Ich habe keine Angst vor einer Volksabstimmung. Ich stehe hinter dem Gesetzesentwurf. Ich sage hier einfach, dass ein allfällig negativer Volksentscheid keineswegs darauf hinauslaufen würde, dass die grünen Vorstellungen umgesetzt würden, und erst recht nicht rasch. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Dann würde nämlich die Auslegung beginnen. Es gibt etliche, denen der Gesetzesentwurf zu weit geht. Wir hatten 15 Kommissionssitzungen. Wir können die Übung mit ca. 45 Sitzungen wiederholen. Das Resultat würde nicht besser. Davon bin ich überzeugt. Und in dem absehbaren Hauen und Stechen ginge vergessen, was im Zentrum stehen sollte: Die wirksame Bekämpfung der Schwarzarbeit und die Durchsetzung der flankierenden Lohnschutzmassnahmen.