Ich bin ein Newsjunkie.
Ich bin ein Dauerleser. Ich lese alles. Meistens genügen mir die Schlagzeilen für den schnellen Kick.
Ich bin süchtig.
Die Onlinemedien, Flipboard, Twitter sind Drogenhändler; sie liefern mir 24/7 frischen Stoff.
Ich habe mich ja immer damit rausgeredet: Ich hänge an der Nachrichtennadel aus beruflichen Gründen.
Aber das ist Rechtfertigungsgeschwätz eines Infoholikers.
Die Sache ist doch die: Vergesst das Geschwätz von wegen Information, Hintergrund und Einordnung: Das Kerngeschäft der Medien und Social Media-Kanäle ist die Bewirtschaftung der Publikumserregung.
Entsprechend hat sich das Berufsbild gewandelt: Journalisten sind zu Skandaltechnikern mutiert und Redaktoren zu Skandalstrategen (Sloterdeijk).
Doch macht euch kein Gewissen: Mich dranzukriegen, war denkbar einfach.
Weil ich und die anderen so konditioniert sind: Unser Gehirn reagiert ohne Zutun nun mal stärker auf negative Informationen. Positive hingegen werden als weniger relevant aussortiert.
Zucker und Zitronensaft.
Negative Informationen werden von uns als unerwartet oder überraschend wahrgenommen, während wir positive Informationen als erwartet oder vorhersehbar abtun (wissenschaftlicher Fakt).
Und dann noch die genetische Sache: Weil ich von meinen Vorfahren, den Sammlern und Jägern und später von denen vom Fliegeralarm in Freiburg genetisch programmiert bekam: Wer schnell reagiert, kann möglichen Gefahren rechtzeitig ausweichen. Was bis zu meiner Generation tatsächlich überlebenswichtig sein konnte.
In dieser neuen Erregungswelt kann das Schweizer Fernsehen nur noch schwer mithalten. Weshalb sich SRF auf die Sparte Erziehungsfernsehen verlegt hat.
Deshalb beschäftigen die keine Skandaltechniker, sondern nette Sekundarlehrer:personen, die uns eindringlich aber lieb dazu anhalten, vor dem Schlafen gehen, ordentlich die Zähne zu putzen.
(Gilt als Metapher für alles, was die senden.)
Aber aus dem Alter bin ich nun mal raus.
Weshalb es mir vor Jahren leicht fiel, mich aus dem linearen Fernsehangebot zu verabschieden.
Dass ich damit zum Serienjunkie bin, ist eine andere Geschichte.
Henriette Glauser meint
Information ist wichtig, und ich kann nicht anders als immer reinsehen. Doch ich kann auch dann mal einen ganzen Tag gar nicht rangehen und gucken. Man muss sagen können: „Die ganze Welt kann mich mal“ – und durchschlafen oder in der Natur draussen bleiben. Das ist sicher nicht verkehrt und nicht ungesund.
NB: Bei BaZ, BZ & Co. lese ich kurz den Artikel, und dann die Kommentare. Denn die Amateur-Scheibe ist oft interessanter und wissenswerten wie die Profi-Autoren-Schreibe.
Irgendwann informieren wir uns dann auch mal nicht mehr. Und das ist dann auch gut so….