
Die SP Basel-Stadt steigt mit dem schweizerisch-türkischen Doppelbürger Mustafa Atici in den Wahlkampf für die Nachfolge von Beat Jans.
Wie zu erwarten war.
Denn die SP konnte gar nicht anders, als sich für Atici zu entscheiden.
Die SP sitzt in der Atici-Falle, zu wichtig sind die Kurdenstimmen für die Partei geworden.
Wäre also die SP nicht auf Aticis Wunsch eingegangen, Regierungspräsident werden zu wollen, hätte das die Partei im Wahljahr ’24 in eine ziemlich ungemütliche Situation gebracht.
Denn Aticis Wähler sind innerhalb der Partei zu einem gewichtigen Meinungsblock geworden, den die Salon-Linken nicht einfach übergehen können.
Dass dem so ist, hat etwas mit Beat Jans zu tun.
Als der im Jahr 2000 zum Präsidenten der SP Basel-Stadt gewählt wurde, stand die Partei bei einem Wähleranteil von 26 Prozent; nach ansehnlichen Jahrzehnten der Tiefpunkt.
Jans erkannte, dass die SP, deren „einfachen Leute“ zur SVP abgewandert waren (10%-Wählerantiel, hoch von 3.5% 1996) dringend neue Wählerschichten erschliessen muss.
Eingewanderte Kurden zum Beispiel, die, anders als andere Einwanderergruppen, politisch organisiert waren.
Links.
Folgerichtig war es denn Jans der Atici 2001 in die Partei holte. Um dank ihm ein bislang für die lokalen Parteien brach liegendes Wählerpotential auszuschöpfen.
Der Plan ging auf.
Mit und dank Atici hatte sich die SP eine stabile, neue Wählergruppe erschlossen.
Die Clan-Strukturen der Einwanderer bringen Wahl für Wahl 4000 bis 5000 Stimmen.
Stimmen, die Wahlsiege garantieren.
Atici wurde vier Jahre später erstmals in den Grossen Rat gewählt. Seither liegt die SP bei stabilen 30 Prozent und ist damit unerreichbar die wählerstärkste Partei.
Ohne Zweifel, der Grossratsjob war seine Liga, den hat er gut gemacht.
Die Symbiose, welche die beiden Sozialaufsteiger Jans und Atici damals eingegangen sind, hat sich für Letzteren auch auf der nationalen Bühne bezahlt gemacht.
Als Jans 2019 aus dem Nationalrat zurücktrat, weil er Regierungsrat werden wollte (mit dem Bundesratsposten im Hinterkopf) rückte – Mustafa Atici nach. Dass er nicht mehr gewählt wurde, liegt weniger an ihm, als am Sitzverlust von Basel-Stadt.
Mit der Kandidatur von Mustafa Atici für die Nachfolge seines politischen Mentors schliesst sich der Kreis.
Jans geht weg und Atici rückt einmal mehr nach.
Oder dessen politische Karriere endet, nach 23 Jahren an der Seite von Jans, im nächsten März.
Gehen wir davon aus, dass die Wahlbeteiligung für die Jans-Ersatzwahl ähnlich hoch liegt, wie bei der Zwischenwahl von Tanja Soland, also bei gut 50 Prozent. Dann braucht, wer im ersten Wahlgang gewählt werden will, rund 26’000 Stimmen.
Aufgrund der Zahl der Teilnehmer, ist wohl kaum anzunehmen, dass die Sache schon im ersten Wahlgang gelaufen ist.
Im zweiten Wahlgang wird man über die Eignung der übrig gebliebenen Kandidaten fürs anspruchsvolle Amt reden müssen.
Spätestens dann wird die Frage ins Zentrum rücken, ob ein Mann, ein Akademiker, der auch nach 31 Jahren in der Schweiz die deutsche Sprache nicht seiner Bildung entsprechend beherrscht, ob ein Politiker mit diesem sprachlichen Handicap, tatsächlich geeignet ist für den Basler Präsidentenjob.
Das wichtigste Ausdrucksmittel des Regierungspräsidenten ist nun mal und ausschliesslich die Sprache; das gesprochene Wort, um die Menschen zu begeistern, um sie zu überzeugen, um sie mitzunehmen, um Wirkung zu entfalten. (Gilt übrigens auch, was nicht zu unterschätzen ist, für die Verwaltung.)
PS, abgesehen von Deutsch: Man stelle sich nur mal vor – und das gilt nicht nur für Mustafa Atici – Basels Regierungspräsident, qua Amt der Aussenminister des Kantons, besucht den Maire von Huningue.
In Begleitung eines Dolmetschers.
(Ja, der redet privatim Elsässisch mit den Baslern, aber wenn es offiziell wird, wird ins Französische gewechselt. So sind nun mal die Regeln beim Nachbarn im Westen.)
Daniel Ordas meint
Ich würde nie ein gelungenes Narrativ durch Fakten zerstören, aber es entspricht einfach nicht der Realität, dass Atici für Jans nachgerückt ist. Für Jans ist Wyss nachgerückt. Atici war 3. auf der Liste und Herzog wurde direkt in den Ständerat gewählt, wodurch Atici die Legislatur mit Jans im Nationalrat begann.
buk meint
Also, da schlägt Meister Messmer wahrlich viel über einen Leisten. Ich rede weder einer Wahl von Herrn Atici das Wort noch der SP BS das Wort. Aber die Kurden sind sehr oft keine Einwanderer, sondern anerkannte Flüchtlinge. Viele sind Aleviten (keine Muslime). Ich habe selbst eine solche „Familie“, etwas lieberes, unterstützenderes und selbstloseres habe ich ganz selten erlebt. Und: sie sind seit mehr als zwanzig Jahren hart arbeitende Schweizer Bürger, haben drei wohlgeratene Kinder und noch nie Sozialhilfe bezogen.
Es sind keine Clans, da denkt man ja direkt an Berliner und Bremer Clankriminalität! Die alevitischen Kurden haben ein anderes Familiengefüge. Das hat sich gerade während des Erdbebens sehr bewährt. Die Leute dort leben noch immer teilweise in Containern und werden von Ihren Kindern im Ausland mit Tatkraft und Geld unterstützt. Erdogan macht dort nix – wer von uns würde gerne unter dessen Regime leben?
M.M. meint
„wer von uns würde gerne unter dessen Regime leben?“ Niemand. Es gibt auch noch andere Gegenden auf diesem Planeten, wo ich nicht leben möchte.
Dem Rest möchte ich gar nicht widersprechen.
Trotzdem war und ist das halt mal so, dass diese Gruppe von Neuschweizern ziemlich geschlossen wählt. Das hatte Jans seinerzeit gut vorausgesehen, was denn auch für die SP (und Basta) aufgegangen ist. Was weder positiv noch negativ zu werten ist. Früher konnte sich ja die CVP in Basel-Stadt auch auf die Katholiken verlassen.
Herr Atici ist ein sympathischer Mann, keine Frage.Ob er zum Regierungsrat taugt, bezweifle ich. Alevit hin oder her (habe mit Religion eh nichts am Hut.)
Daniel Flury meint
Niemals zuvor wurde der Irrsinn, der in dieser Bubble grassiert, so deutlich offengelegt wie jetzt, da ein Migrant, der der Sprache nicht mächtig ist, zum Regierungspräsidenten vorgeschlagen wird.
Es ist erschütternd, dass heutzutage der Wahnsinn Politik macht und wir ihm komplett ausgeliefert sind.
U. Haller meint
Der Kanton Basel-Stadt hat einen Ausländeranteil von derzeit 38%. Das mag einigen Kreisen gefallen, ist es doch ihre Klientel, anderen (so auch mir) etwas weniger. Es ist zumindest nachvollziehbar, dass es im Interesse der SP liegt, dass dieses Bevölkerungssegment eine Art Götti in der Regierung hat.
Zur Ehrenrettung von Herrn Atici muss aber auch gesagt werden, dass manche Schweizer, deren Stammbaum bis auf Blocher-Marignano zurückgeht, der deutschen und anderen wichtigen europäischen Sprachen nicht so mächtig sind, dass man sie bedenkenlos nach Bruxelles oder Paris entsenden könnte.
Ich würde ihn trotzdem nicht wählen.
Michael Przewrocki meint
Wahnsinn ist auch die Ignoranz eines Kommentierenden anderswo der Erdowahn meinte als Arslan mit weniger Stimmen als Atici gewählt wurde!
Philipp Waibel meint
Sorry … es müsste heissen … für Beat Jans nachgerückt?
Philipp Waibel meint
Ist 2019 nicht Sarah Wyss für Mustafa Atici nachgerückt?