Die Welt hat sich in den acht Wochen des Lockdown, der in der Schweiz wohl eher ein Shutdown war, verändert.
Eine Binse.
Wir haben in einem Crash-Kurs gelernt, Distanz zu halten. Und finden das je länger desto mehr äusserst angenehm.
Homeoffice, haben wir gesehen, geht sehr wohl und spart viel (Pendler-)Zeit.
Sitzungszimmer sind unterm Strich ebenfalls unnötige Zeitkiller
Kurz: Es ist schwer vorstellbar, dass es in der Nach-Corona-Ära eine grosse Nachfrage nach der Möglichkeit geben wird, in überfüllten Bürohochhäusern mit beengten Aufzügen arbeiten zu wollen.
Fast 7’000 neue Arbeitsplätze will Roche in neuen Hochhäusern konzentrieren, mangels Platz ziemlich dicht gedrängt zwischen Rhein, Wohnquartieren und Autobahn.
Seit der Pandemie hat sich der soziale Kontakt zum ultimativen Übel entwickelt, so dass man sich beim Blick auf den hochschiessenden zweiten Roche-Turm fragen kann: „Ist das noch zeitgemäss?“
Weil sich jeder/jede eine eigene Antwort stricken kann, gibt’s nur nackte Zahlen.
Im ersten Roche-Turm arbeiteten noch vor kurzem 2’000 Mitarbeiter.
(Die meisten von ihnen haben, wie die Mitarbeitenden aller Grossfirmen dieser Welt, die letzten Wochen in Homeoffice verbracht.)
Vierzehn Lifte bringen die Menschen bis rauf auf die 41. Etage.
Das Auditorium im Turm 1 fasst 500 Zuhörer, die Kantine steht für 350 Mitarbeitende bereit, eine Cafeteria für 100.
Die Grösse eines Bildschirmarbeitsplatzes beträgt gemäss Arbeitsgesetz sechs Quadratmeter; hat es noch Nebenablagen, können es auch acht bis zehn Quadratmeter sein. 12 Quadratmeter müssen Mitarbeitern in Grossraumbüros ab 400 Quadratmeter zugestanden werden.
Die Sitzflächenbreite eines Bürostuhls muss 40 bis 45 Zentimeter betragen.
Kein Witz.
Im zweiten Turm, der noch ein paar Etagen höher wird, sollen 1’700 Arbeitsplätze eingerichtet werden. Geplant sind noch zwei weitere Hochhäuser.
Die Mitarbeiter sollen mit dem ÖV „zur Arbeit pendeln“ – ein Begriff, der schon jetzt aus der Zeit gefallen scheint.
Und welch eine antiquierte Vorstellung: Stosszeit zwischen 7 bis 9 und dann ab 17 die Massen wieder zurückschwappen lassen.
In überfüllten Trams und Bussen.
Mit Gesichtsmasken.
Die britische Grossbank Barclays hat weltweit 70’000 Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. (Google in der Schweiz alle 4’000 Mitarbeiter bis Ende Jahr.)
Der Barclays CEO meinte denn: Big offices may be a thing of the past.
Womit wir zur nächsten Frage kommen: Könnte das Coronavirus ein Katalysator für eine neue Dezentralisierung sein?
Vorwärts nach zu Hause?
The need for workers to cluster together in offices has shaped every aspect of modern life. If the pandemic has weakened the office’s hold on society, the implications will be profound.
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Erstmals seit Februar wieder im Fitnesscenter gewesen. Die Olympischen Spiele sind ja bis nächstes Jahr verschoben worden. Bis dann werde ich den Trainingsrückstand wohl aufgeholt haben.
Albrecht Bletscher meint
So was von treffend, dieser Blogeintrag. Klar braucht’s die Türme nicht. Sind eh Behausungen für die Bürokratie, nicht für die vibrierenden InnovatorInnen. Das ist dort selbst an der (Turm-)Spitze fast allen klar. Bloss, wohin mit dem Cash? Also hinein mit ihm in den Beton der Immobilien(blase). Auch das, mangels mutiger Alternativen, ausgedacht in ebendiesen Türmen. Die Gimignanisierung der Grenzacherstrasse wird mal ein echtes Problem, jede Wette. Die Türmler mögen übrigens das türmlen: Konferenzen, Cafeteria, Smalltalken in den Gängen, Rumfuchteln mit Business Cards und zweizeilenlangen Jobbezeichnungen: willkommene Abwechslung vom öden Daheim und der thumben Realität. Vergleichbar zu Rust, bullshit adventure und bullshit jobs, geht Hand in Hand. Polemik? Leider nein.
Henry Berger meint
..und der sonst so heilige Datenschutz wird halt nun einfach nach hinten geschoben.
Warte auf die ersten Fälle, bei welchen es aufgrund von Telearbeit zu Verletzungen des Datenschutzes kam
Henry Berger meint
…resp. auf die Reaktionen darauf
Franz meint
Nett.
Aber das Leben ist halt analog und nicht digital.
Die Diskussionen um Homeoffice werden seit meinem Eintritt ins Berufsleben geführt.
…und das sind Jahrzehnte.
Bei meinem letzten Arbeitgeber – Big Pharma Basel – haben die Schwangeren angedroht sie würden die Stelle wechseln falls sie nicht Homeoffice bekommen.
Nur so kam man dort an Homeoffice….
Henry Berger meint
…es kommt meines Erachtens darauf an ob eine Firma MitarbeiterInnen haben möchte oder ob es lediglich um die Ausnutzung der Arbeitskraft geht.
Aktuell wälzen enorm viele Firmen ihre Raumprobleme und auch die am Arbeitsplatz normalen zwischenmenschlichen Reibereien einfach auf die gesamten Angehörigen des betreffenden Mitarbeiters ab.
Es gibt Familien, die haben 3 Kinder und leben in einer Mietwohnung – super angenehm für alle, da Telearbeit zu leisten…..
Ist kochen noch zeitgemäss? Man könnte sich doch schon lange mit einem Nahrungsbrei, der optimal abgemischt ist ernähren?
M.M. meint
Als ich 1986 mein Unternehmen startete, hatte ich mein Büro im eigentlich für das Elternschlafzimmer vorgesehenen Zimmer eingerichtet. (Viereinhalb-Zimmer Wohnung). Wir schliefen im halben.
Wir hatten damals drei kleine Kinder.
Kurz, am Küchentisch geht das nicht. Man wird die Wohnungsnutzung selbstverständlich überdenken. Braucht es noch ein Wohnzimmer(für die Glotze)?
So um 2002 rum sagte ich mal meinen Mitarbeitern, ich könnte mir gut vorstellen, dass wir künftig alle zuhause arbeiten, die Büros kündigen und nur noch das grosse Sitzungszimmer behalten sollten. Da treffen wir uns ein-, zweimal die Woche für Meetings.
Damals fand nur ich das eine interessante Idee.
Arlesheimreloadedfan meint
Allein geht der Mensch zu Grunde.
Erinnere mich immer gerne an das Labor,wo ich für Marc Moret, jeden Donnerstag um 11 Uhr,mit einem Fallmesser,90 lebendigen Ratten den Kopf abschnitt.
Das Labor war kleiner als mein jetziges Wohnzimmer und wir waren dann zu fünft.
Internet hin oder her,der Mensch braucht die Gruppe.Weis noch als Heinz Hugo Loosli den Tschernobyl Bunker in Zürich verlassen konnte und ich Ihn fragte:Was heiter i de Eier gmässe? LANGES SCHWEIGEN ! Dann seine Gegenfrage:Ässe Hühner Gras!
Irgendwie so stelle ich mir das Homeoffice der BAG-Fritzen vor
M.M. meint
Arbeite seit 2009 im Homeoffice. Fand und finde es sehr gut, nicht an einen Arbeitsplatz pendeln zu müssen.
Wichtig ist, sage ich aus Erfahrung, dass man sich einen Arbeitsplatz einrichtet, wo es einem wohl ist. Man verbringt ja seine Zeit wie die anderen auch und vor allem am Schreibtisch.
Weshalb ich manchmal scherzhaft sagte, ich wohne im Büro. Besprechungen fanden am Küchentisch statt. Vom Regierungsrat, über den CEO bis zum VRP fanden das alle recht erfrischend. Und diskret.
War auch ziemlich froh, mich nicht mehr mit den Problemen von Mitarbeitern rumschlagen zu müssen.
Gute Netzwerke mit anderen Profis und fordernde Mandate reichen zum Leben durchaus.
Habe nach dem Schweizerhallebrand fast zehn Jahre für Sandoz gearbeitet, hatte dort fallweise auch ein Büro.
Doch für immer wäre das für mich nichts gewesen.
Auch wenn das Essen in der Direktionskantine ausgezeichnet war.
Fast vergessen: ebenso wichtig ist auch eine schnelle Internetverbindung.
Arlesheimreloadedfan meint
June Almeida hätte im Homeoffice kaum die Coronaviren entdeckt.
Es wird nie mehr sein wie es war.
Aber gerade in der Medizin sind grosse Fortschritte,ohne Gruppenarbeit selten.
M.M. meint
Okay, der Autoservice ist auch nicht in der Homewerkstatt möglich. Wobei, wer bringt künftig sein Auto noch zum Ölwechsel?