Herr Longchamp meinte gestern in der Tagesschau: „Bis zu den Wahlen im Herbst kann noch viel passieren.“ Wenn er was Wetter meint, so mag er recht haben. Aber was den Ausgang der Wahlen anbelangt wohl kaum. Denn der Mist ist geführt.
Standen die Wahlen 2007 im Zeichen der SVP, so sind die Wahlen 2011 die Wahlen der Protestparteien.
Die beide Mitteparteien CVP und FDP werden bei den Nationalratswahlen nochmals deutlich Wählerstimmen verlieren und die SVP wird nichts mehr dazu gewinnen. Ihre 28,9 % zu halten, wäre bereits ein Sieg(lein).
Grosse Gewinnerin wird die GLP sein. Sie wird Fraktionsstärke erreichen und ihre bisher drei Sitze mindestens verdoppeln, es könnten jedoch durchaus 10 Sitze drinliegen.
Und wenn wir schon beim Kaffeesatzlesen sind: Eine weitere Überraschung wird die SP darstellen, sie hat das Potenzial, wieder leicht auf 20 Prozent, vielleicht sogar leicht darüber. Die Überwindung-des-Kapitalismus-These ist nicht so abwegig, wie von bürgerlicher Seite getan wird. Man muss das nur etwas zeitgemässer verpacken.
Nur mit einem leichten Zuwachs können demgegenüber die Grünen rechnen. Sie haben ihr Potenzial weitgehend ausgeschöpft. Fukushima hin oder her. Mit dem Thema Kernkraft holt die Partei keine neue Stimmen, weil bis im Herbst alle Parteien Ausstiegsszenarien präsentieren werden. Der radikale „Sofortausstieg“ der Grünen wird ausserhalb der Kerngruppe auf kein grosses Echo stossen.
Die SVP hat ihren Zenit überschritten, wir haben dies schon mehrfach gesagt. Zudem sind diese Herbstwahlen das letzte Gefecht von Herrn Blocher. Die Partei zeigt Abnützungserscheinungen bei der Themensetzung. Zur aktuellen Kernkraftwerkfrage hat sie lediglich die Ausländerplatte aufgelegt – das wird nicht reichen.
Die SVP hat 2007 eine erhebliche Anzahl „Flugsandwähler“ gewinnen können. Es liegt in der Logik, dass diese Wähler abwandern werden, zum Beispiel zur BDP (Potenzial ausserhalb von Graubünden und Bern je nach Kanton zwischen 2 und 4 Prozent) oder noch wahrscheinlicher ins Nichtwählerlager.
Herr Blocher erleidet das Schicksal jedes Medienstars – irgendwann wird man ihrer überdrüssig. Sein Sturm aufs Stöckli, schreibt mir ein Politbeobachter, gleicht einer Verzweiflungstat. Dies wird sich im Ergebnis widerspiegeln.
Überdies hat die Partei ein Problem am rechten Rand. Mit der Lega im Tessin und dem Mouvement Citoyens Genevois wächst eine Konkurrenz heran, die der Partei noch grosse Sorge bereiten wird. Denn die beiden Rechtsprotestparteien haben das Potenzial, im Herbst Fraktionsstärke zu erreichen. Sollte es in den nächsten Monaten zu einem Zustrom von Asylbewerbern aus Nordafrika kommen, ist es durchaus möglich, dass versprengte
Apropos Wahlbeteiligung: Sie wird wieder zurückgehen, weil der SVP-Motor stottert und die bürgerlichen Mittewähler keine grosse Motivation verspüren werden, wegen ihren Verliererparteien auch noch an die Urne zu gehen. Ich denke, es werden so um die vierzig Prozent werden, das Niveau von 1995.
PS: Herr Schneider-Ammann wird dem neuen Bundesrat nicht mehr angehören. Sein Ruf ist bereits derart lädiert, dass er sich nicht halten lässt.
max meint
Abgesehen davon, dass man die Anzahl der „Zenithe“, die die SVP in den vergangenen zwanzig Jahren in Mainstream Medien/Blogs bereits überschritten hat, kaum mehr zählen kann, sprechen die Zahlen bis jetzt eine andere Sprache. So hat die SVP an die BDP so gut wie keine Stimme verloren. Und ab dem 1. Mai fallen weitere Schranken bei der PFZ.
Weshalb die SP in der Wählergunst plötzlich steigen sollte, ist auch nicht ganz klar, denn wenn viele Leute mit dieser Partei den Kapitalismus überwinden gewollt hätten, hätten sie das in diversen Wahlen tun können. Haben sie aber nicht. In Zürich hat man z.B. den Absturz in den letzten Wahlen nicht nur nicht korrigiert, man hat weiter an Wähleranteilen verloren. Mit den Vorgaben aus den kantonalen Wahlen (Was die Nationalratswahlen eigentlich ja auch sind) den Sozialisten Gewinne vorherzusagen, ist schon etwas mutig.
Dass die FDP und die CVP weiter an Boden verlieren werden, ist eine Binsenweisheit. Beide werden seit zig Wahlen für ihren unklaren Schlingerkurs abgestraft.
Generell wird das Thema Kernkraft bis im Herbst an Brisanz verlieren, erstens, weil es sogar für unsere Medien schwierig sein wird, die Hysterie am Leben zu erhalten, und zweitens, weil der Schweizer Wähler rechnen kann. Deshalb sehe ich auch die GLP, die von einem Medienhype der Sonderklasse profitiert hat, nicht ganz so weit vorne. Sollte nämlich im Sommer ein neues Thema die Schlagzeilen beherrschen, könnten doch nicht wenige erkennen, dass bei der GLP hinter der Fassade relativ wenig fassbare Positionen stehen.
rumpelstilz2 meint
ja,wir wollen doch alle mit max hoffen,dass immer Sommer boat-people an unseren Grenzen drängt und keine Dauer-Radioaktivität.Die Japaner sollen gefälligst ihre radioaktiven Wolken anderswo hinleiten.Es sollen doch 51 % werden….
max meint
Tolle Replik! Ein wahrer Denker. Dauer-Radioaktivität, feiner Ausdruck. Woher haben Sie den?
P.S. Viel Spass noch beim Dauerfürchten vor pösen radioaktiven Wolken aus Japan, Sie Experte.