Ich glaube es war bei den Schweizern in 10vor10 gestern. Es ging um die amerikanische Budgetkrise.
Man wollte den Zuschauern zeigen, dass nicht der gute Herr Obama die USA ins Elend geritten hat, sondern – you guess it – George W. Bush.
Na klar doch.
Eigentlich schade, dass Herr Bush nicht mehr Präsident ist, denn da war die Welt für die Schweizer Journalisten noch in Ordnung.
Nur ist die Sache die, dass Herr Bush zwar auch Defizite produzierte – 2007 160 Mia. USD, dem ersten Jahr mit den vollwirksamen Steuerreduktionen und dazu noch die Kriege im Irak und in Afghanistan.
Das ist zwar auch enorm viel. Aber es war nur etwa ein Zehntel des aktuellen Obama-Defizits.
Der Obama-Haushalt sieht für dieses Jahr ein Minus von rund 1’200 Mia. USD vor. Und das soll in den nächsten Jahr ununterbrochen so weitergehen (siehe Grafik hier).
Was die Republikaner in Rage bringt, ist das Faktum, dass 58% des amerikanischen Haushalts für Sozialprogramme ausgegeben werden, auf die der Bürger einen gesetzlichen Anspruch hat.
Bis ins Jahr 2050, so die Rechnung, werden die gesamten US-Steuereinnahmen dafür draufgehen.
Allein die Ausgaben für Medicare (staatliche Krankenversicherung) und Medicaid (Gesundheitsprogramm, je zur Hälfte von den Gliedstaaten und Washington finanziert) betragen 20% des Budgets.
3% entfallen beispielsweise auf Bildung und 19% auf die Verteidigung (siehe Grafik ganz unten).
Mit anderen Worten: Das Problem der USA sind die zu hohen Ausgaben und nicht die zu niedrigen Steuern.
Aber das passt nicht ins Weltbild unserer Medien.
Ich bleibe dabei, was ich schon früher geschrieben habe: Herr Obama ist ein schwacher Präsident und es wäre gut, er würde nicht wiedergewählt.
Philippe Wampfler meint
Zwei Bemerkungen:
(1) Die Regierung der USA besteht aus der Administration und den beiden Kammern. Obama hat das Budget, dem der (republikanische) Kongress zustimmen kann. Kürzungen bei den Rüstungsausgaben sind nicht nur wegen Obamas Unwillen schwer denkbar.
(2) »Anstand« in Bezug auf eine Steuerquote zu definieren ist eine höchst subjektive Angelegenheit. Es liegt in der Natur der progressiven Steuern, dass Vermögende und Menschen mit hohem Einkommen schnell den Eindruck haben, unfair behandelt zu werden, ohne diesen Eindruck theoretisch zu reflektieren. Zudem muss man die Steuersätze in den USA in ihrer historischen Entwicklung betrachten: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/49/Chart_1.png
Marcel Hauri meint
Natürlich sind die Sozialausgaben gestiegen, aber auf der anderen Seite sollen Reiche und Unternehmen „unanständig tiefe Steuern“ zahlen, wie Synthes Gründer Hansjörg Wyss behauptete. Die Wahrheit wird wohl irgendwo in der Mitte liegen…
M.M. meint
In den USA liegen die Einkommenssteuersätze zwischen 10 % und 35 %. Unter Bush wurde der Spitzensteuersatz um 3.5 % gesenkt. Zählt man neben den Bundessteuern noch die Steuern der Bundesstaaten hinzu, dann kann man je nach Staat zu einem Spitzensteuersatz von bis zu 50 % kommen. Was bitte soll daran „unanständig“ sein?
In Deutschland liegen die Einkommenssteuersätze zwischen 14% und 42 % (ab 52’000 Euro Einkommen, was ziemlich unanständig ist).
Im Kanton Uri beträgt die Flattax 15.2 %. Das ist wohl noch unanständiger – oder?
Also nicht einfach nachplappern, was einem die Medien servieren.
T.G. meint
Was an einem Spitzensteuersatz von bis zu 50% unanständig sein soll? Das ist unanständig hoch würde ich mal sagen. 14-15% reichen vollkommen aus. Man muss dann halt mal die Verwaltung ein wenig verkleinern. Das schadet aber niemandem. Im Gegenteil.
M.M. meint
Bingo!
Doch bekanntlich schlidderte die Welt und damit auxh die USA ab 2007 in die schlimmste Finanzkrise seit den Dreissigern.
Philippe Wampfler meint
Aber auch in dieser Perspektive ist das Problem hauptsächlich das von Bush: http://m.theatlantic.com/politics/archive/2011/07/the-chart-that-should-accompany-all-discussions-of-the-debt-ceiling/242484/
h.s. meint
Mann soll keine Statistik trauen dem mann nicht selber gefälscht hat. Hier benutzt die NYT folgender Strategie: Verantwortlich ist mann nur für was man ändert. Weiterführen eines Programms ist daher Schuld des Vorgängers. Dass Obama die Kriegen in Irak und Afghanistan weiterführt (wie war sein Versprechen auch wieder? 16 Monate und Schluss?) ist somit kein Entscheid von Obama sondern von Bush und sämtliche Kosten werden auf Bush verlagert. Die Nicht-Wiedererhöhung der Steuern ist somit kein Entscheid von Obama. Bush werden die Steuersenkungen bis in alle Ewigkeit angerechnet. Dass die Wirtschaft in 2007 ein andere war dann in 2009 wird ausgeblendet. Dass es berechtet war in 2007 die Steuer zu senken, aber nicht in 2010 die Ausgaben zu steigern, begrenzungen am Medicare und Medicaid auslaufen zu lassen um die Rentner nicht zu verärgern wird als nichtentscheid bewertet. Damit ist also eine nicht reagieriende oder agierende Regierung per definition nicht verantwortlich für entwicklungen im Staatshaushalt. Dass ist ein Betrachtungsweise die ich zu 100% verwerfe.