
Ich schreibe diese Kolumne jeweils am Montagmorgen und überarbeite sie Dienstagfrüh.
Montagnachmittag, ich war gerade im 10er auf dem Heimweg, poppte auf meinem Handy die Nachricht auf: «Schneider-Ammann tritt am Freitag zurück».
Mist auch, dachte ich, damit ist die Kolumne im Eimer.
Doch dann beruhigte sich die Lage. Also änderte ich den Einstieg. Kaum war die Kolumne gestern weg, kam das Rücktrittsschreiben von Schneider-Ammann. Ergo nochmals überarbeiten.
Jetzt gehe ich mal davon aus, dass es zu einem Doppelrücktritt kommt. Dann nämlich könnte das Baselbiet erstmals seit 1890, damals wurde der Arlesheimer Emil Frey gewählt, wieder einen Bundesrat stellen.
Die Montagsversion geht dann bis auf den letzten Absatz so weiter:
Wobei «Bundesrat» nicht korrekt ist, denn es wäre möglich, dass das Baselbiet nach 123 Jahren mit einer Bundesrätin in der Landesregierung vertreten ist, mit Elisabeth Schneider-Schneiter.
Sie war kürzlich bereits Thema meiner Kolumne und hat mir diesen Satz, wie man mir zutrug, ziemlich übel genommen: «Dass sie als Kandidatin für den Bundesrat gehandelt wird – na ja, das pusht sie vor allem selber.»
Nun, ich kann damit leben.
Weil es auf der Zielgeraden wurscht ist, wer da wen gepusht hat.
Fakt ist, dass die CVP-Nationalrätin schon seit Monaten als Nachfolgerin von Doris Leuthard gehandelt wird. Man konnte zeitweilig gar den Eindruck gewinnen, die beiden würden sich absprechen.
Doch wie das halt so ist in der Politik, die Zeiten ändern sich so schnell, wie das Sturmtief Fabienne Sonntagnacht diesen gefühlt längsten Sommer aller Zeiten weggefegt hat.
Weshalb man feststellen muss: Es sind eigentlich nur noch lokale Akteure, welche mit einer Wahl der Baselbieterin in den Bundesrat rechnen.
Hört man sich in Bern um, dann tendiert die Wahrscheinlichkeit, dass das Baselbiet wieder zu Ehren kommt, gegen null.
Da sind zum einen die beiden wichtigen bürgerlichen Fraktionen SVP und FDP. Bundeshaus-Akteure und -Beobachter, mit denen ich übers Wochenende Kontakt hatte, stellen übereinstimmend fest, dass sie bei beiden keine Mehrheit hat. In der SP sei sie kein Thema, und selbst in der eigenen Fraktion sei sie nicht so gut verankert, wie man meine.
Gut möglich, dass das Interview, das sie vor einer Woche der AZ-Mediengruppe gegeben hat, das endgültige Aus für ihre Bundesratsambitionen bedeutet.
Mitten in der Affäre um russische Spione forderte die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission allen Ernstes die Lockerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland: «Ich finde grundsätzlich, dass Wirtschaftssanktionen nicht zielführend sind.»
Die Forderung ist insofern erstaunlich, als sie wissen müsste, dass die Schweiz gar keine Wirtschaftssanktionen gegen Russland ergriffen hat.
Sie hat lediglich Finanz- und Handelsbeschränkungen eingeführt, damit die EU-Sanktionen nicht via die Schweiz umgangen werden.
Man fragt sich deshalb in Bern irritiert, ob das die neue Position von Economiesuisse sei, weil die Vorstandsfrau nach den Sitzungen der Dachorganisation «jeweils deren neueste Sprachregelungen raushaut» (ein bürgerlicher Nationalrat).
Seis drum.
Die Ausgangslage ist seit Dienstag die, dass mit der St. Gallerin Karin Keller-Sutter, als Favoritin der FDP, die Frauenquote erfüllt wäre. Womit bei der CVP Männer nach vorne rücken.
Allerdings gilt in der Politik, gewählt wird, wer am Schluss übrig bleibt.
Insofern …
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 26. September 2018
Oberbaselbieter meint
Es gibt eine ganz einfache Frage, die jeder und jede beantworten kann: Wären die Baselbieter stolz darauf, sie als „unsere“ Bundesrätin zu haben? Die Antwort der erdrückenden Mehrheit ist: Nein. Da warten wir doch lieber nochmals hundert Jahre.
ferdi meint
Nein, bitte nicht in den Bundesrat! Ich halt sie als Nationalrätin kaum aus!
Jolanda K. meint
Sie ist schon eine erstaunliche Politikerin – sicher kompetent, in dem was sie tut. Aber sie hat es in all den Jahren nicht geschafft, sich eine gute Wählerbasis zu schaffen. Das liegt nicht allein an der Partei, siehe Lauber.
dideldu meint
Sie wurde nur ein einziges mal gewählt, vor vier Kahren. 2010 ist sie reingerutscht, weil ihre Vorgängerin zurücktrat. Von Null auf Bundesrat wäre etwas happig.
Paule meint
Die NZZ hat unlängst festgestellt, sie sei im Nationalrat besser aufgehoben als im Bundesrat. Sehe ich auch so.
Lektor meint
Einspruch, Herr Paule: Verwaltung Biel-Benken, das ist der für sie passende Level. Auch ehrbar, aber eben, adäquat.