Mal was ganz anderes, über etwas, das ich unter dem Obergriff „Dass-ich-so-alt-werden-musste“ führe.
Denn darüber ich hatte bislang keine Ahnung.
Die Erzählung geht so: Die Europäer kolonisierten Amerika und schickten im Austausch Handelswaren zurück nach Europa.
Nun wird mir in einem Buch mit dem überraschenden Titel: „How Indigenous Americans Discovered Europe“ (gibts auch im Apple Bookshop) erklärt, dass das so nicht stimmt.
Das mit dem Austausch Menschen gegen Waren.
Im 16. Jahrhundert nahmen zehntausende indigene Menschen den umgekehrten Weg und besiedelten Europa.
Der transatlantische Verkehr war derart rege, dass nicht mal hundert Jahre nach der Entdeckung Amerikas allein in Spanien 650’000 indigene Sklaven gelebt und vor allem gearbeitet haben.
Vergleichswert: Madrid zählte 1530 rund 3.000 Einwohner, 1600 waren es bereits 84.0000 und 1650 war Spaniens Hauptstadt mit 100’000 Einwohnern die neuntgrösste Stadt Europas.
Die Autorin Caroline Dodds Pennock hat jahrelang in Archiven und Personenregistern recherchiert und festgestellt, dass Indigene nicht nur als Sklaven nach Europa verschifft wurden.
Es gab auch sehr viele Indigene, die aus Entdeckerinteresse das Schiff nach Osten nahmen.
Andere gingen nach Europa – als Anwälte, Entertainer oder Ehepartner – und etablierten sich an königlichen, religiösen und juristischen Höfen. Vertreter indigener Völker überquerten den Atlantik mit Ordensbrüdern, die sich auf ihre Seite stellten und die Missbräuche der Europäer bei der Besetzung indigener Gebiete anprangerten.
Viele halfen bei den Verhandlungen über den Kolonisierungsprozess und verteidigten ihre Gemeinschaften vor Gericht.
Es gab Kulturspezialisten, die kamen, um die Europäer zu unterrichten: Es mag intuitiv sein, eine Tomate zu pflanzen und daraus eine Sosse zu machen, aber Schokolade aus Kakaobohnen herzustellen, ist weniger offensichtlich. (Übersetzung)
Pennock zeichnet ihre Reisen nach und, wo möglich, deckt ihre Beweggründe auf, den beschwerlichen Weg übers Meer genommen zu haben.
Aufgrund dieser Geschichten legt sie dar, dass diese Zehntausende vergessener Menschen nicht nur zurück in die Geschichte geschrieben werden müssen, sondern in einigen Fällen als eigenständige Entdecker betrachtet werden sollten; Menschen, die in ferne und unbekannte Länder reisten, wo sie versuchten, neue Sprachen zu verstehen und fremde Bräuche zu begreifen.
Was kochen wir heute?