Pagode mit Stupas beim Inle-See. Die braunen Stupas sind „renovierte“ und die weissen, die neuen.
Noch drei Tage, eine kritische Bilanz.
Ja. Burma ist eine Reise wert. Und man sollte nicht allzu lange zögern, um hinzufahren.
Denn im Moment sind die Tourismuszahlen noch so, dass die wenigen Hotspots, die alle besuchen und die auch durchwegs besuchenswert sind, noch nicht überrannt sind.
Das wird in drei, vier Jahren anders sein, nimmt man all die Hotelprojekte als Grundlage für diese Vermutung.
Es gibt da aber noch ein anderes Problem, weshalb man sich sputen sollte.
Die Burmesen sind dabei, ihr Kulturerbe zu zerstören.
Die Ursache ist zum einen in einem völlig anderen Umgang mit Altertümern, als wir es gewohnt sond, zu finden.
Während für uns eine Kirche aus dem 11. Jahrhundert ein historisches Bauwerk ist, das zwar subtil erhalten aber nicht verändert werden darf, ist hier eine Pagode aus der gleichen Zeitperiode in aller erster Linie eine Pagode.
Eine solche dient in allererster Linie den Gläubigen als Kultstätte.
Was dazu führt, dass den enthaupteten Buddhastatuen – die Köpfe werden für teures Geld in Europa und den USA gehandelt – dieser Burma-Standard- Buddhakopf aufgesetzt und die ganze Figur danach mit den üblichen Einheitsfarben übermalt wird.
Was ich den Leuten nicht verargen kann, weil für sie ein kopfloser Buddha im Wortsinn ein Sakrileg ist (etwas „heiliges stehlen“).
Herabgefallene Türmchen werden mit Zementnachbildungen ersetzt und weil es heutzutage dazugehört, den alten Stupas Metallschirmchen aufgesetzt.
Mitten im einmaligen Pagodengebiet von Bagan hat einer der einflussreichsten Geschäftsmänner des Landes, der gemäss unseres Reiseführers auf einer internationalen Schwarzen Liste geführt wird, einen kitschig-monströsen Hotelkomplex samt Aussichtsturm hingeklatscht.
Der Deal mit der Regierung beinhaltete, sagte uns unser Guide, die Renovation einer grossen Pagode. Die sieht jetzt aus wie neu gebaut.
In einer anderen Pagode mit bis anhin vollständig erhaltenen Wandmalereien aus dem 13. Jahrhundert hat sich vor vier Wochen das staatliche „Archeological Department“ zu schaffen gemacht.
Die seien da gewesen, hat uns der Schlüsselhüter dieses einmaligen Kunstwerks berichtet, und hätten auf die Bilder irgendwelches Material gestrichen, um so Kopien herzustellen. Beim Ablösen des Materials sind dann grosse Teile des Originals kleben geblieben. Im Prinzip ist das Innere dieser Pagode zerstört. Was man noch gut sehen kann, sind mit Kugelschreiber ausgetragene Markierungen.
Der Mann war richtiggehend erschüttert.
Bagan und das ist ein Jammer, wird nie zu einem UNESCO-Kulturerbe, obwohl kunsthistorische Bedeutung eines sorgfältig erhaltenen Bagan mit derjenigen von Angkor Wat verglichen werden kann.
Ein weiteres krasses Beispiel haben wir beim Inle-See gesehen (Bilder). Im Zuge der Ankurbelung des Tourismus hat man sich an ein paar Ruinen erinnert und diese freigelegt.
Die sind heute Nebensache.
Inzwischen gibt es eine neue Pagodenanlage – ein lukratives Geschäft – und zu ihr ein kilometerlanger Säulengang mit Verkaufsständen für Tourikitsch.
Auch hier wird renoviert.
Die Stupas, sie stammen aus der gleichen Zeit wie jene in Bagan und waren eine Königsstätte, werden frisch aufgebaut, zugegipst und übermalt. Dazwischen stellt man neue, das sind die weissen Stupas.
Das ist der andere Grund, weshalb die Burmesen ihr Kulturerbe zerstören: Den Klöstern fliessen unglaubliche Gelder zu, die überall im Land verbaut werden.
Auch ausländische Besucher spenden, wie auf den „renovierten“ Stupas zu lesen ist. Man kauft sich ein Stück Weg zum Nirvana.
Positiver Schluss: Die Burmesen sind ungemein gastfreundlich, sind sehr zuvorkommend, ehrlich, haben Humor und sind neugierig auf die Welt (stellvertretend unsere jungen Guides).
Idealerweise sollte man drei Wochen einplanen und davon eine Woche Badeferien. Dann kann das ein perfekter Urlaub werden.
Morgen fahren wir mit dem Auto zur letzten Station unserer dreiwöchigen Reise durch Burma/Myanmar, zum Golden Rock.
Ursprünglicher Zustand der Stupas nach deren Freilegung (Vordergrund). Doch schon gleich einmal wurde mit Zement der weiteren Verfall bekämpft. Und dann noch Metallschirmchen draufgesetzt. Sie nennen es „little Bagan“.