Jetzt, wo das mit der SVP (vorläufig) geklärt ist (Herr Blocher in der BaZ: „Die Botschaft ist angekommen, wurde aber vom Volk nicht akzeptiert – schade.“), könnte man in Sachen Europäische Union zu Sache kommen.
Und von den Briten lernen.
Deren politische Elite – ganz im Sinne von Herrn Blocher, beauftragt vom Volk – ist vor eineinhalb Jahren aufgebrochen, um mit der EU endgültig und für immer zu brechen: Schluss mit der Personenfreizügigkeit, Schluss mit dem Europäischen Gerichtshof, Schluss mit französischen Fischkuttern „in unseren Gewässern“, dafür Freihandelsabkommen mit der ganzen Welt.
„Rule, Britannia! rule the waves: „Britons never will be slaves.“
Weil die aktuelle historische Lage spannender ist als eine Fussball-WM, habe ich gestern auf BBC den Schlagabtausch alle gegen Theresa May verfolgt.
Man sucht nach Wattestäbli, weil man meint, sich ständig zu verhören: Frau May behauptet allen ernstes, sie hätte mit dem Austrittsabkommen und der politischen Absichtserklärung für die weiteren Verhandlungen genau das erreicht: Schluss mit der Personenfreizügigkeit, Schluss mit….etc.
Weil wir uns in der Schweiz – und hier nicht bloss die politische Elite, sondern „das Volk“ – seit bald mal dreissig Jahren wiederholt und immer intensiv mit EU-Fragen befassen, ist man versucht, denen im Unterhaus zuzurufen: Vergesst es, ihr werdet eure Forderungen nie und nimmer durchsetzen können. Weder was die Personenfreizügigkeit betrifft, noch was die EU-Gerichtsbarkeit angelangt.
Selbst die Fischereiquoten der europäischen Trawler werdet ihr nicht signifikant runterschrauben können.
Wer mit der EU mit ihrem – nach dem Austritt des UK – noch immer 450 Mio. Einwohner-Markt Wirtschaftsbeziehungen pflegen und damit Geld verdienen will, mus, ob er will oder nicht, weitgehend die Regeln des Blocks akzeptieren. Sonst wird das nichts.
Das lehrt uns der Brexit.
Weil die Briten diesen Markt genauso wenig fahren lassen können, wie es die Schweiz kann, haben sie diese schmerzliche Einsicht, nach eineinhalb Jahren zähen Verhandelns, mit einem fast 600 Seiten umfassenden Dokument akzeptiert.
Das ist für die Schweiz ein denkbar schlechtes Ergebnis.
Also für die, welche ernsthaft meinten, die Briten sässen – wie vermeintlich die Schweizer – am längeren Hebel.
Weil sich der britische Austritt noch über Jahre hinziehen wird, ist das britische Verhandlungsergebnis für die Schweiz, anders als von paar lautstarken Illusionisten erhofft, nicht der grosse Befreiungsschlag.
Man muss sich vielmehr darauf vorbereiten, dass die Schweiz am Ende des Tages weniger als die Briten bekommen wird. Wir wollen ja auch anders als diese keine „special relationship“ sondern einfach ein vernünftiges Miteinander.
Ergo: Die Schweiz wird um ein Rahmenabkommen nicht herumkommen. Wenn nicht dieses Jahr dann wird das halt in zwei oder in drei Jahren unterzeichnet.
Bis dahin werden Politiker, so wie im United Kingdom, auf ihre mit nationaler Inbrunst vorgetragenen Reden bauen.
Und nicht merken, dass sie in einer Echokammer debattieren.
PS: Die Basis der SVP beträgt derzeit 29,4 Prozent. Man kann davon ausgehen, dass die nächsten Wahlen eher einen Rückgang als ein weiteres Wachstum bringen werden. Mit ihrer Selbstbestimmungsinitiative hat sie gerade mal knapp fünf Prozent Stimmbürger ausserhalb ihres Lagers mobilisieren können.