Unsere beiden Lichter treiben den Ganges runter.
Charlie fuhr uns also runter zum Ganges. Weil der Verkehr von Varanasi selbst einen routinierten Fahrer zur Verzweiflung treibt, hatte er einen ortskundigen Freund mit dabei, der ihm als GPS diente. Charlie konnte sich also voll auf die Motorräder, Rischkas, Autos, Velofahrer, Fussgänger, Kühe, Hunde, und das alles dicht an dicht und mal hundert multiplizieren, konzentrieren.
Während der Fahrt zum Bootsanlegeplatz erzählte uns dieser Freund, der auch als Chauffeur tätig ist, von seinem Malheur in Dehli, von dieser Fliege,
die ihn zur Verzweiflung brachte und wie er an einem Rotlicht kurz die Türe öffnete, um die Fliege ins Freie zu lassen und wie just in diesem Moment ein Velofahrer in hohem Tempo heranbrauste – Türe, Zusammenstoss, Velofahrer am Boden.
Er habe sich entschuldigt, es habe alle Schuld auf sich genommen. Als jedoch ein Polizist sich genähert habe, sei er weitergefahren. Denn Polizist – das bedeutet nicht nur Ärger in Indien, sondern meistens auch ein hohes Bestechungsgeld. „Ach“, jammerte der Mann, „könnte ich das nur wieder gut machen, mit 500 Rupien oder so.“ Ich meinte, er könnte die ja mir geben. Er zückte sein Portemonnaie – okay, war nur ein Scherz.
Na ja, ich habe ihm gesagt, er solle die Geschichte in eine Box packen – in eine Fantasiebox -, ein paar Jahre warten, weil er noch weitere solche Geschichten erleben werde und die Box dann eines Tages zusammen mit ein paar Blumen in den Ganges werfen.
Wir waren dann auf diesem kleinen Ruderboot, auf dem Weg zu einer allabendlichen Zeremonie, die wir etwas später und von Ferne vom Boot aus auch gesehen haben. Aber ehrlich Leute, ich habe keine Ahnung, um was es da ging. Irgendwas mit den Göttern und so halt.
Auf alle Fälle, kurz nachdem wir unser Blumenschale mit den Kerzen in den Fluss gesetzt hatten, umschwirrte mich diese Mischung aus Fliege und Moskito. Und setzte sich dreist auf meine Backe. Mit eine kräftigen Bewegung scheuchte ich das Vieh weg….. und mit dem fortgesetzten Schwung meiner flachen Hand flog meine Brille über Bord.
Ist das nicht schön? Ich meine, das mit der Brille ist schon ziemlich blöd (ich brauche sie nur nachts und zum Glück nicht zum Lesen). Aber dafür ist mein Leben um zwei nette Geschichten reicher geworden.
Und das ist schliesslich auch was.
Dort vorne die Zeremonie – ich hier hinten hatte eher ein Gefühl von Venedig.