Das wird eine spannende Woche. Denn diese Woche wird die Regierung entscheiden müssen, ob die Abstimmung über die Mehrwertabgabe gestoppt werden muss.
Weil zwei Bürger dagegen Beschwerde eingelegt haben. Die Gemeinden, so die Begründung, würden unrechtmässig Steuergelder für diese Abstimmung einsetzen.
Letzten Samstag hat die Landeskanzlei die beiden gleichlautenden Beschwerden an die 68 Gemeinden verschickt, welche die Abstimmungskampagne mit jeweils einem Franken pro Einwohner aktiv unterstützen.
Die Wirtschaftskammer und der Hausbesitzerverein – er setzt für seine Kampagne Mitgliedsbeiträge ein, (wir sind aus dem Verein schon vor Jahren ausgetreten) – also die am Liestaler Altmarkt scheinen ziemlich nervös zu sein.
Denn wir könnten ja durchaus von der Annahme ausgehen, dass die beiden Mannen aus Liestal und Aesch mit freundlicher Unterstützung…..
Für Christoph Buser steht denn auch viel auf dem Spiel.
Sollte er auch diese Abstimmung verlieren, dann sind an der politischen Durchsetzungskraft der Wirtschaftskammer ernsthafte Zweifel anzubringen.
Zwar hat er derzeit noch die bürgerliche Hälfte+ des Landrats fest im Griff. Aber nach den März-Wahlen und einer erneuten Abstimmungsniederlage wird sich das wohl ändern.
Wer trottet schon einem angeschlagenen Leithammel hinterher.
Derweil sind die Gemeinden guten Mutes, dass die Abstimmung am 10. Februar trotz dieses Störmanövers stattfinden wird.
Und wenn nicht, dann müssten die Gemeinden beim nächsten Urnengang keinen roten Rappen mehr ausgeben.
Denn dann wissen es alle: Wenn die Wirtschaftskammer ins System eingreift und dabei noch von Fairness redet, dann sind wir alle die Geprellten.
Marc Schinzel meint
Interessante Rechtsfragen, die der Regierungsrat beantworten muss. Unter anderem:
A) Abstimmungsverfahren:
Erfordert eine vorläufige Beurteilung des in den Einsprachen gerügten Verhaltens der 68 Gemeinden im Lichte der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Interventionen von Gemeinden in Abstimmungskämpfe eine Verschiebung der Abstimmung? Oder erscheinen die gerügten Sachverhalte in der ersten Beurteilung als nicht so gewichtig, um in den vorgesehenen Abstimmungsablauf einzugreifen?
B) Inhalt:
1) Hätten die Gemeinderäte der 68 Gemeinden ihren Entscheid, Steuergelder zu verwenden, demokratisch besser abstützen müssen (Einwohnerrat, Gemeindeversammlung)?
2) Die Vorlage betrifft auch die Gemeinden. Sind die von ihnen aufgewendete Mittel und die damit finanzierte Gegenkampagne unverhältnismässige Eingriffe des Gemeinwesens in den Abstimmungskampf oder sind sie unter dem Aspekt der Herstellung gleich langer Spiesse vertretbar?
3) Konnten sich die Bürgerinnen und Bürger über die Argumente aller Seiten umfassend und frei informieren oder liegt mit der Intervention der Gemeinden eine Informationsverzerrung bzw. eine übermässige Beeinflussung vor, die die freie Willensbildung in unzulässiger Weise einschränkt und das Ergebnis der Abstimmung beeinträchtigen könnte?
gotte meint
bevor der regierungsrat irgend eine dieser spannenden rechtsfragen anschaut, wird er die frist-frage beantworten. praktisch jede abstimmungsbeschwerde scheitert an der absurd kurzen frist: beschwerde muss eingereicht sein 3 tage nach kenntnis des mangels – wohlverstanden, begründet eingereicht sein.
Marc Schinzel meint
@gotte: Ja, §83 Absatz 3 des Gesetzes über die politischen Rechte. Die Formel „innert 3 Tagen seit der Entdeckung des Beschwerdegrundes“ ist aber interpretationsbedürftig, wenn das Beschwerderecht nicht generell sinnentleert werden soll. Allzu hohe formelle Anforderungen darf man hier nicht stellen, meine ich. Nehmen wir unseren Fall, bei dem es um 68 Gemeinden geht : Wann hat man Kenntnis? Reicht es, dass eine Gemeinde bekannt gibt, sie wolle Steuermittel einsetzen? Oder erst, wenn das viele, alle, tun? Darf man selber auch noch kurze Rechtsabklärungen treffen, um absolute Aussichtslosigkeit auszuschliessen? Und vor allem: Wenn ein Beschwerdeführer halbwegs plausibel sagt, er habe erst dann und dann davon erfahren bzw. verstanden, worum es geht (die Medien befassen sich ja auch mit Trump, dem WEF, der Hahnenkamm-Abfahrt, der Landung Chinas auf der Rückseite des Mondes und mit Helene Fischer), wird die Beschwerdeinstanz kaum alles in Bewegung setzen, um das Gegenteil zu beweisen.
gotte meint
das ist ein sehr frommer wunsch, der mit der praxis bei abstimmungsbeschwerden gar nichts zu tun hat. die frist ist das fallbeil jeder beschwerde: man darf eben grad keine abklärungen treffen… die einhaltung der frist muss vom beschwerdeführer bewiesen werden, völlig unerheblich ist das „verstanden, worum es geht“, völlig unerheblich auch das subjektive wahrnehmen des mangels, wenn dies bereits objektiv zumutbar gewesen wäre (z.b. rüge eines fehlers im abstimmungsbüchlein: frist läuft bereits mit zusendung der unterlagen und nicht mit tatsächlichem öffnen des umschlags).
Marc Schinzel meint
@gotte: Hier scheint es mir nicht so eindeutig. Beim Zeitpunkt des Eintretens des gerügten Sachverhalts gibt es m.E. Interpretationsspielraum. Aus dem Abstimmungsbüchlein ergibt sich dieser ja gerade nicht. Möglicherweise kann man auf ein gemeinsames Communiqué der Gemeinden abstellen. Aber klar: Auch hierzu wird sich die Beschwerdeinstanz äussern müssen.
M.M. meint
Die Regierung hat nichts entschieden. Die Abstimmung findet also statt.
Peter Vetter – ehemaliger Landschreiber und Anwalt der 68 Gemeinden – hingegen hat interessant zu Handen der Regierung argumentiert.
Unter anderem so:
„In materieller Hinsicht verkennen die Beschwerdeführer die Rechtslage hinsichtlich der Berechtigung untergeordneter Gemeinwesen, ihre substantiellen Interessen in Abstimmungen übergeordneter Gemeinwesen zu vertreten. Insbesondere seit den neueren Bundesgerichtsentscheiden BGE 1A_163/2018 und 1A_239/2018 vom 29. Oktober 2018 sowie 1A_216/2018 vom 10. Dezember 2018 ist klar, dass die untergeordneten Gemeinwesen ihre Interessen – mit nach Inhalt und Umfang angemessenen Kampagnen – vertreten dürfen.
Dass die Gemeinde ihre Engagements in kantonalen Abstimmungen auch mit Steuergeldern finanzieren können, solange sie diese nicht privaten Komitees zukommen lassen, die sie nicht selbst beherrschen, ist bereits seit längerem unbestritten.“
Marc Scinzel meint
Wird kein anderer Entscheid kommuniziert, findet die Abstimmung statt. Die Hürden für einen Eingriff in den ordentlichen Ablauf sind hoch. Nach all den Medienberichten erwarte ich aber schon ein kurzes Communiqué der Regierung in dieser Sache. Sonst geizt man ja auch nicht mit Verlautbarungen.
Albi meint
https://arlesheimreloaded.ch/intensiver-start-ins-neue-jahr/
Na ja, Fakten sind so eine Sache.
M.M. meint
Eben, ich mach da mit als Beisitzer, der seinen Senf datz gibt. Von Leitung keine Rede, das brauchen die nicht.
Habe übrigens noch nie ein Abstimmungskomitee erlebt, das derart engagiert zur Sache geht. Als Team.
Marcel Durrer meint
Der HEV schiesst gegen die Gemeinden, die seiner Meinung nach Steuergelder zweckentfremden.
Die Mehrwertabgabe betrifft allerdings auch nur einen kleinen Teil der Hauseigentümer direkt und nützt in der vorliegenden Minimal-Variante hauptsächlich einigen wenigen Besitzern von grossen Grundstücken. Die haben das nur nötig, wenn sie bisher noch nichts mit Ihren grossen Parzellen gemacht haben, denn was in den letzten Jahren der Untätigkeit der BL Regierung und Landrat bereits auf- oder umgezont wurde, fällt nicht mehr unter die Mehrwertabgabe.
Genauso gut kann festgehalten werden , dass der HEV die Gelder seiner vielen kleinen Hauseigentümrer zweckentfremdet, um wenigen grossen Landbesitzern eine günstige Aufwertung Ihrer Parzellen zu verschaffen.
Giorgio Lüthi meint
Eine Post-Massensendung des JA-Komitees mit der Hauptaussage «die Mehrwertabgabe sei eine zusätzliche Steuer auf einen fiktiven Mehrwert, der in den allermeisten Fällen gar nie realisiert wird» stellt den Sachverhalt bewusst oder wider besseres Wissen falsch und verzerrt dar. Den Eigentümern von Grund und Boden wird weisgemacht, dass sie alle betroffen seien – was schlicht und einfach «Fake News» sind. Tatsächlich betroffen sind lediglich Eigentümer von grossen Arealen, die beispielsweise von einer Industrie- in eine Wohnzone umgezont werden – also keineswegs der durchschnittliche Wohneigentümer, sondern eine krasse Minderheit, die im Falle einer Um- oder Aufzonung einen grossen finanziellen Mehrwert erlangt.
Albi meint
Müsste da jetzt nicht noch ein Disclaimer stehen? (Geschrieben vom Kampagnenleiter)
M.M. meint
bin ich nicht.
Walter Basler meint
Das ist jetzt Begriffsklauberei.
M.M. meint
Nein, Fakt.