Man kann nicht einfach mehr irgendwohin reisen. Man ist dann nicht mehr einfach nur dort, so wie es in alten Reiseerzählungen beschrieben wird. Man ist weder ganz dort noch hier.
Wir beginnen in einer Art Zwischenreich zu leben, in dieser Schnittstelle zwischen analoger und digitaler Realität. In dieser individualisierte Grenzzone, die wir mit den herkömmlichen Sinnen plus unseren elektronischen Gadgets durchstreifen und uns eine subjektive neue Realität erschaffen.
Ich bin also dort, sagen wir in Lissabon, orientiere mich an Strassenschildern und hole die Information über den vor mir liegenden Platz aus dem Internet. Ich frage nicht mehr einen Einheimischen nach der Richtung sondern orientiere mich nach google maps. Ich weiss dank GPS besser als die meisten, die ich fragen müsste, wo ich mich gerade befinde und welches der kürzeste Weg zum Ziel ist.
Wikipedia erklärt mir schneller und einfacher, was es sich mit dieser Schlossanlage auf sich hat, als der Führer vor Ort. Ich weiss besser Bescheid über die tagesaktuelle Politik als der Taxifahrer, weil ich morgens im Hotel schnell die lokalen Onlinemedien (googleübersetzt) überflogen habe. Zudem weiss ich, was die Strecke zum Flughafen kostet.
In den Hotelzimmern findet sich neben dem Telefon noch ein zweiter sinnloser Gegenstand: das TV-Gerät. Die ARD-Tageschau kann sich, wer will, auf dem iPad anschauen. Für einen Film gibt’s iTunes. Die Nachrichtensendungen von DRS (oder wie das jetzt heisst) kann als Podcast abonniert werden. Die Sonntagszeitungen liest man, wo auch immer, wie zuhause beim Frühstück auf dem Tablet.
Meine RSS- und Twitter-Feeds versorgen mich mit den neuesten Nachrichten und dem letzten Tratsch aus aller Welt.
Das nächste Hotel bucht man online und hat damit einen besseren Überblick über das aktuelle Angebot, als früher die Auskunft im Tourismusbüro. Die Fahrplanauskunft gibt’s ebenfalls dort. Bücher und Musik sind digitalisiert mit dabei.
Das Fremde ist nicht mehr fremd. Die Einheimischen lösen sich als Kollektiv der Wissenden auf und bewegen sich in ihrer individualisierten Welt, wie ich in meiner.
Wir alle sind Pendler zwischen der analogen und der digitalen Welt. Wir sind dabei, eine eine völlig neue Weltsicht zu entwickeln.
Martin meint
Alles richtig – wenn schnelles mobiles Internet verfügbar ist und man es sich leisten kann (ausserdem ist Akku-Management sehr wichtig, ein iPhone hält bei tatsächlicher Nutzung ja nur ein paar Stunden durch).