Was hat der Kauf von WhatsApp mit der Masseneinwanderungsinitiative zu tun?
Mehr als man gemeinhin denken könnte.
Die Sache ist die, dass wir uns mitten in einem Sturm der technologischen Umwälzung befinden, wie ihn die Welt bisher noch nicht erlebt hat.
Waren die Verdrängung der Weber durch die Dampfkraft, die Umstellung von der Pferdekutsche auf das Auto beschauliche Frühlingsspaziergänge, die Verdrängung der Schreibmaschine durch den PC und die Vernichtung von Nokia durch Smartphones kleinere Revolutionen, so ist das, was uns jetzt bevorsteht, ein Strassenkrieg, ein Häuserkampf, eine offene Feldschlacht um jeden Arbeitsplatz, um jedes Unternehmen.
Um die Dimensionen zu erahnen, mit denen wir es hier zu tun haben: sei das Beispiel WhatsApp zitiert:
In terms of SMS messaging, WhatsApp is already as large as half of all global texting traffic. This means that SMS, the fastest growing telecom application (as opposed to straight transport) is about to be overtaken by a third-party app. With a team of about 50 people in four years — welcome to the new world order.
Die neue Wirtschaftswelt, von der Macht von Apps befeuert, braucht für die von uns liebgewordenen und halt auch zum Überleben wichtigen Dienstleistungen noch ein Bruchteil der Mitarbeiter wie noch vor drei, vier, fünf Jahren.
Das Tempo der Veränderung ist beispiellos.
Oder am Beispiel WhatsApp: 50 Leute hebeln innert vier Jahren die weltweite Telecomindustrie mit zehntausenden von Mitarbeitern aus. Oder am Beispiel Apple: Ein Neueinsteiger im Handygeschäft bringt in nur fünf Jahren den weltweiten Marktbeherrscher Nokia zu Fall.
Welchen Umbruch 3D-Drucker in der industriellen Fabrikation und in der Heimanwendung zur Folge hat, kann man nur erahnen.
In den USA kann man 3D-Drucker für den Hausgebrauch schon für unter tausend Dollar kaufen.
Wir steuern auf eine Frage zu, die sich in den kommenden Jahren zum zentralen Problem des modernen Sozialstaates entwickeln wird: Was tun mit all den überflüssig gewordenen Leute?
Denn das Problem liegt darin, dass diejenigen, welche aus dem System rausfallen, kaum mehr Chancen haben werden, wieder ins System zurückzufinden.
Umsomehr, als die App-Industrie keine nationale Grenzen kennt. Weder bei der Mobilität der, im Wortsinn, Insider noch für die neuen Unternehmen.
Wir können davon ausgehen, dass in fünf Jahren die Hälfte aller Jobs in der Schweiz nicht mehr so sein werden wie 2014. Oder gar nicht mehr existieren werden.
Womit wir bei der Masseneinwanderungsinitative wären.
Auch wenn alle darüber reden: Es geht gar nicht um Ausländer oder Einwanderung.
Das eigentliche Problem ist, dass 50,3 Prozent der Schweizer, 49,7 Prozent andere, nämlich jene, welche wohl zu den Gewinnern dieser Veränderungsprozesse zählen werden, daran hindern wollen, weiterhin und individuell am globalen Markt teilzunehmen.
Was sich derzeit in diesem Land abspielt ist eine Revolution mit demokratischen Instrumenten. Was die Beteiligten glücklicherweise (derzeit noch) daran hindert, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.
Doch man soll sich keinen Illusionen hingeben, die beiden Lager stehen sich genau so kompromisslos unversöhnlich gegenüber, wie, sagen wir, die Muslimbrüder und das Militär in Aegypten.
Der Kampf um die Zukunft ist ein Ringen um 0,6 Prozent.
Die, man könnte sie mit „zynische“ apostrophieren, Herausforderung ist, wie man die Massen, die in diesen Dienstleistungsgesellschaften nicht mehr gebraucht werden, ermöglicht, sich irgendwie mit sich selbst zu beschäftigen. Und sie dabei mit genügend finanziellen Mitteln ausstattet, um die Schwelle zum Aufstand hoch zu halten.
Man muss diese Frage schon möglichst bald beantworten, weil man den Extremen links und rechts die – jetzt ist der Ausdruck angebracht – zynische Bewirtschaftung dieser 50,3 Prozent grossen potenziell revolutionären Masse entziehen muss.
Die einzige Antwort, die mir bis jetzt vernünftig weil gangbar erscheint, ist die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens.
Weil es im Interesse aller jener ist, die auch künftig ohne grosse Verwerfungen ihrem Job nachgehen wollen.
PS: Nach dem Kauf von WhatsApp durch Facebook habe ich nicht aufgehört, diese Art der Kommunikation zu nutzen. Ich (wir) habe(n) lediglich auf die App eines anderen Kleinunternehmens gewechselt.
Michael Przewrocki meint
Ich seh rechts einen Hintersinnigen mit weissem Kopfumschlag(Vermummung?) am Klavier….
G. Koller meint
Ist das nicht eine Kohlezeichnung von Richter, irgendeine Hafenlandschaft oder ähnliches?
M.M. meint
Ihr wollt mich wohl veräppeln. Das Bild zeigt mich reflektiert in einem Fenster mit Vorhang (Vitra-Bau von H.d.M). Dann noch ein wenig dran gesnapseedet. Voilà.
Michael Przewrocki meint
Sorry bin halt noch nicht ein Bildmanipulator. Kommt vermutlich noch mit dem Alter, wenn ich die Ausrüstung nicht mehr tragen kann oder will….Apropos Vitra-Campus Weil by Herzog und De Meuron: Arte hat vor einiger Zeit-Ende 2012-ein wunderbares Portrait ausgestrahlt. Dort möchte ich auch rein-für 3DVideoaufnahmen.
Elunzo meint
Kann der Analyse weit gehend zustimmen. Das grosse Rätsel bleibt jedoch, was denn die Verhinderung für die 49,7%ern, weiterhin und individuell am globalen Markt teilzunehmen den 50.3%-ern bringt!?! Das ist nämlich das eigentlich Perverse an der MEI, ihr durch und durch destruktiv-nihilistischer Charakter. Die Verlierer reissen die Gewinner einfach zu sich in den Dreck so nach der Devise „wenn ich nicht, dann ihr auch nicht“. Gegen solches Denken hilft auch ein Grundeinkommen nichts, denn de Facto ist dies doch schon lange gesichert. Die 50,3-er werden ja beschäftigt und entlöhnt für ihre Unproduktivität. Wofür sonst brauchen wir denn die ganzen Finanzausgleiche und Subventionen?
Lukas meint
Der Glauben, dass durch den technischen Fortschritt massenhaft Jobs verloren gehen ist übrigens keineswegs neu. Und ein erbitterter Konflikt zwischen den Profiteuren und den Verlieren des Fortschrittes kam auch regelmässig vor (Stichwort: Maschinensturm http://de.wikipedia.org/wiki/Maschinenst%C3%BCrmer ). Natürlich wird es weiterhin gewaltige Umwälzungen geben und der Arbeitsmarkt wird in 20 Jahren ganz anders aussehen wie heute. Es werden aber nicht nur viele Arbeitsstellen verloren gehen sondern auch ganz neue Branchen geschaffen werden. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann es eine hohe Arbeitslosigkeit geben (wie momentan z.B. in Spanien), aber generell wird der Fortschritt nicht zur Massenarbeitslosigkeit führen. Dieser Spiegelartikel beschäftigt sich mit diesem Mythos: http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/mythen-der-arbeit-fortschritt-kostet-arbeitsplaetze-stimmt-s-a-810714.html
Und das Gefühl, dass der Fortschritt heute viel schneller ist wie früher ist übrigens auch nicht neu. Ich wage gar zu behaupten, dass die Umstellung für die Leute des 19. Jahrhunderts grösser war als für uns heute. Wenn Bauern nach X Generationen plötzlich ihren Hof aufgeben müssen um sich in der Stadt um einen Fabrikjob zu Bemühen, ist dies vielleicht aus heutiger Sicht nichts Besonderes, für die damals Betroffenen war es aber alles andere als ein Frühlingsspaziergang.
Der europäische, respektive EU Markt ist nicht gleichzusetzen mit dem globalen Markt. Eine allzu starke Bevorzugung des EU Marktes kann sich sogar negativ auf die globale Marktteilnahme auswirken!
Der Glauben an ein funktionierendes Grundeinkommen-Sozialsystem ist für mich ein „Grundlagenirrtum“. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas finanzierbar ist. Folglich wird das Grundeinkommen so tief sein, dass es als Grundeinkommen gar nicht genügt und dadurch seinen Zweck nicht erfüllt.
PS: Ja, 3D Drucker sind eine tolle Sache. Es gibt übrigens mittlerweile auch günstige 3D Drucker bei Schweizer Onlineversandhäuser zu kaufen. Die Makerbot Drucker gehören nicht zu den günstigsten, sind dafür bei Digitec erhältlich. Bei den 3D Druckern besteht allerdings noch das Problem, dass wenn man nicht nur Modelle aus Online-Datenbanken ausdrucken will, die Modelle mit einem CAD zeichnen muss, respektive auch einscannen kann. Gerade das Zeichnen erfordert aber ein gewisses Fachwissen.
Anton Keller meint
Diskussion im Zürcher Volkshaus zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen.
https://www.youtube.com/watch?v=y_Z6udf4S3Y
Markus Saurer meint
haha… leicht bizarre Ökonomie, würde ich sagen. Die Telekommunikation mit dem Klimbim bis hin zum 3D-Drucker hat ja gerade zur Folge, dass die Arbeitskräfte nicht wandern müssen… und sowieso jeder am globalen Markt teilhaben kann. Was hindert mich den in Steffisburg für BMW in München oder für Hedge Fonds in Londen zu arbeiten …. oder mit einem US- Ökonomen ein Buch zu schreiben…2019 weden die Arbeitskräfte so knapp sein und so gut entlöhnt werden wie eh und je. Es sei denn, in Europa komme es zur Krise und zum beschleunigten Niedergang, weil man versucht hat, die EU gegenüber der globalen Wirtschaft abzuschotten (was in der Tat der Fall ist), um die eigene Wettbewerbsunfähigkeit zu überdecken.
Diese Masseneinwanderungsinitiative hat mit offen oder geschlossen bei genauer Betrachtung rein nichts zu tun. Ich bin dafür, dass wir alles Sozialsysteme abschaffen und im Gegenzug die volle PFZ mit der ganzen Welt einführen …. nicht nur mit dieser sklerotischen EU.
gotte meint
habe am freitag seit jahrhunderten zum ersten mal wieder „arena“ geschaut. da wurde mir bewusst, dass unternehmer blocher ein unternehmer des 20. jahrhunderts war. er produziert ein produkt und verkauft es im ausland: deshalb sagt er, dass es die personenfreizügigkeit gar nicht brauche, man habe ja marktzugang, und marktzugang sei schliesslich auch so gewährleistet. jetzt pass auf: eine volkswirtschaft, die eigentlich nur noch gedanken und ideen herstellt und verkauft (oder dienstleistungen und bits) und nicht kunststoff, die braucht als rohmaterial halt personen und nicht erdöl. der freie personenverkehr ist für die dienstleistungsgesellschaft das, was der freie marktzugang für die produktionsgesellschaft war. ich würde deshalb behaupten: puurezmorge-logik hilfsausdruck. und: 10:0 für calamity-calmy!