Wir haben Wahlkampf. Und da versucht sich jeder Kandidat und Bisherige in Szene zu setzen.
Den Gipfel erreicht man als Bisheriger, wenn schon die Ankündigung eines parlamentarischen Vorstosses für Schlagzeilen sorgt. Gut, man muss noch eine Redaktion finden, die mitmacht.
Herr Schäfli, FDP-Landrat aus Pratteln und die Basellandschaftliche Zeitung haben sich getroffen. Und aus dem Gespräch ist folgende Schlagzeile geworden:
Eine bessere Schlagzeile kann man sich gar nicht wünschen. Und genau so knallig geht es im Lead weiter:
Andreas Brunner soll als nebenamtlicher Bundesrichter zurücktreten. Der höchste Baselbieter Richter präsidiert neben dem Kantonsgericht weitere drei wichtige Ämter. Zu viel, findet FDP-Landrat Schäfli.
Weiter unten im Text wird dann relativiert: „demnächst im Landrat einreichen wird“. Um was es genau geht, kann man hier nachlesen.
In Kürze: Herr Schäfli streut den Verdacht, Richter Brunner könne, weil Richter am Kantonsgericht und nebenamtlicher Bundesrichter, entweder im Kanton oder dann auf Bundesgerichtsebene nicht unabhängig urteilen.
«Im Extremfall würde also derselbe Richter den gleichen Fall zweimal beurteilen; zuerst am Baselbieter Kantonsgericht, dann am Bundesgericht», befürchtet Schäfli.
Befürchtet Schäfli? Wer zum Geier ist eigentlich dieser Patrick Schäfli, der sich seit Wochen als FDP-Rechtsausleger in Szene setzt?
Die effizienteste Auskunftei ist das Internet.
Da erfährt man beispielsweise, das Patrick Schäfli auf den 1. September 2002 persönlicher Mitarbeiter des damaligen SVP-Regierungsrats Erich Straumann wurde, ein 70 Prozent-Pensum. Er hatte den Sprung ins Vorzimmer des Regierungsrates von der Gewerbekammer aus geschafft, wo ihn Hans Rudolf Gysin „in die Mechanik des vernetzten Politikbetriebs eingeführt hatte“.
Herr Schäfli sah kein Problem zwischen der Vernetzung der beiden Aufgaben als Landrat und als persönlicher Mitarbeiter eines Regierungsrates:
„Ich werde die beiden Bereiche Beruf und Mandat trennen können. Die Gefahr einer Interessenskollision ist sehr gering.“
Doch schon im Oktober kam es zur Trennung „in bestem gegenseitigen Einvernehmen“.
Als Grund geben Straumann und Schäfli „die offenkundig in der politischen Öffentlichkeit fehlende Akzeptanz der gleichzeitigen Funktion als persönlicher Mitarbeiter eines Regierungsrates sowie als Inhaber eines Landratsmandates“ an.
Ein Jahr später trat das revidierte Gewaltentrennungsgesetz in Kraft, das solche Machenschaften in alle Zukunft verhindert, eine Art Lex Schäfli.
Die Spur verliert sich, nachdem er ab August 2003 zum Stellvertreter des Direktors des Brauereiverbandes ernannt wurde – bis ein neuer Arbeitgeber auftaucht: VSIG Handel Schweiz in Basel. Gemäss der gesetzlich vorgeschriebenen „Offenlegung der Interessenverbindungen“ ist Herr Schäfli „Sekretär des VSIG“. Doch schaut man auf der Website des Unternehmens unter „Organisation“ nach, dann ist von einem Patrick Schäfli weit und breit nichts zu sehen.
Kann auch gar nicht, denn Herr Schäfli arbeitet seit knapp zwei Jahren nicht mehr dort. Gemäss Handelsregister wurde seine Unterschriftsberechtigung am 22.12.2010 gelöscht.
Welcher Tätigkeit Herr Schäfli heute nachgeht, ist nicht bekannt und er legt dies auch nicht in seinem Wahlkampfsteckbrief offen.
Wir könnten jetzt noch über Privates berichten, das so privat nicht ist, weil auf Facebook publiziert. Doch das tun wir nicht. Wir schreiben auch nicht darüber, wie prominente Exponenten der FDP immer mal wieder den „Gefällt mir“-Button drücken, wenn Herr Schäfli zum Beispiel von der „heimatmüden CVP Baselland“ schreibt.
Stattdessen sei kurz daran erinnert, dass die Herren Ceccarelli und Herrmann noch im Sommer 2010 Herrn Schäfli aus der Landratsfraktion werfen wollten. Doch der gab mal kurz den Tarif durch:
„Sollte man versuchen wollen, mich unter dem Deckmantel einer Formalie loszuwerden, kann ich mir ein Weiterpolitisieren in einer andern Partei vorstellen“, sagte der rechtskonservative Politiker, der einen guten Draht zur SVP hat.
Herrmann und Ceccarelli hatten verstanden. Heute muss er nicht mehr mit einem Rauswurf rechnen. Schäfli ist einer der führenden Köpfe der Partei.
PS: Im unteren Baselbiet häufen sich die Parteiaustritte.
Wahrsager meint
Die Politfilzlaus-und Duckmäuser-Epidemie grassiert immer noch auf dem Land?
Michael Przewrocki meint
Das Schlimme sind nicht die Schreihälse sondern die Medien welche ihnen eine Plattform geben.
Stephan Gassmann meint
…und Herr Schäfli bezeichnet es als einen Skandal, wenn sich ein CVP-Mitglied kritisch zu Herrn Ballmer äussert…
http://www.onlinereports.ch/News.109+M5edc6e74865.0.html#echos
U. Haller meint
Hohle Sprüche eines Wichtigtuers, mehr nicht.
gotte meint
immerhin spricht er eine gender-gerechte sprache und bezeichnet sich im steckbrief als „Betriebsökonomin“! bravo!