Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung mehr, für wen das Schweizer Fernsehen all die Sendungen ausstrahlt, die dort Tag für Tag laufen.
Club, Arena, 10vor10 – ist doch alles ziemlich irrelevant.
Mein TV-Konsum beschränkt sich auf die ZDF-Nachrichten und hin und wieder was auf ZDF-Neo, auf 3Sat und ARTE.
Eigentlich dient uns das Fernsehgerät nur noch als Leinwand, was heisst, wir schliessen ein Apple-Gerät an und streamen Serien.
Angefangen hat das Serienzeitalter damals mit „Fascht e Familie“. Was man halt so geschaut hat, am Freitagabend mit den Kindern.
Doch dann kam „Friends“. Meine Töchter waren gerade in dem Alter. Die Serie hat die Welt des Fernsehens verändert.
Was Serien ausmacht, ist, dass sie süchtig machen. Eine gute Serie zeichnet sich dadurch aus, dass man nach der zweiten, dritten Episode nicht mehr lassen kann.
Was im linearen Fernsehen bedeutete, dass man sich von Serien-Montag zu Serien-Montag hangeln musste, bis es mit Grey’s Anatomy weiterging.
Das ist dank den Streaming-Diensten vorbei.
Weshalb nicht nur am Montag Serien-Abend ist, sondern die ganze Woche über. Selbst der Tatort am Sonntag, der während Jahrzehnten (gibts seit 1970!) zum Ausklang des Wochenendes einfach dazugehörte, findet nun ohne uns statt.
Weil es inzwischen sehr viele Serien gibt, die um einiges besser sind, als es je ein Tatort war. 90 Minuten sind einfach zu kurz, um eine vielschichtige Geschichte zu erzählen und die einzelnen Charaktere zu entwickeln.
In 90 Minuten ist das immer so eine Schnitt-Schnitt-Schnitt-Sache.
Am liebsten ist mir, wenn von einer Serie bereits drei, vier Staffeln abgedreht wurden. Das bedeutet, dass man über zwei, drei Wochen hinweg hängenbleiben kann.
Abend für Abend.
Die Serie wird vorübergehend Teil deines Lebens, zu einer Reise (in diesen Zeiten) in eine andere Welt, deren Figuren zu deinem Bekanntenkreis werden.
Gute Serien sorgen für packende Erregungszustände, die an die Zeit erinnern, als ich noch die Geduld hatte, Romane mit über tausend Seiten zu lesen.
Die letzten zwei Wochen haben wir mit „Killing Eve“ verbracht, eine BBC-Serie. Drei Staffeln mit jeweils acht Episoden (auf appleTV) zeigen den Kampf der Auftragsmörderin Villanelle und der britischen Agentin Eve Polastri, gespielt von Jodie Comer und Sandra Oh.
Gute Serien brauchen nicht nur ein spannendes Skript, einen Autor oder wie bei Killing EVE eine hervorragende Autorin, die ihr Handwerk verstehen, sondern eben auch gute Schauspieler*innen.
Du verbringst schliesslich deine nächsten Abende mit ihnen.
Selbstverständlich gibt es auch sehr viel Serien-Schrott. Liegt in der Natur der unüberschaubaren Menge an jährlich neuen Produktionen.
Eine gute Orientierung bietet die website Rotten Tomatoes, wo die Serien bewertet werden.
Ich zähle mal ein paar aus der jüngsten Zeit auf, die so auf meiner (unserer) Wellenlänge liegen:
Hatufim und Fauda (israelische Produktionen), The Honourable Woman, The Blacklist (bis Staffel drei, danach wird’s langweilig), You better call Saul (leider geht’s erst in einem Jahr weiter), Breaking bad, Outlander, True Detective (nur die erste Staffel), Luther, Marcella, Band of Brothers, The Pacific, Narcos (wegen dieser Serie sind wir im Januar nach Medellin und haben sie uns zuhause nochmals angeschaut), Die Brücke, Gomorrah, Mindhunter, The Killing, Broadchurch, Mr. Robot, Manhunt, Godless, After Life, Line of Duty, Babylon Berlin, Taboo, The Night Manager.
Ich denke, das reicht mal bis Ende Jahr.
Ah ja, klar muss man halt für ein Netflix-Abo, ein appleTV-Abo, für starzplay, Amazon prime usw. bezahlen. So what, wenn ich das mit all dem eingesparten Geld der letzten Monate vergleiche, in denen wir nicht mehr auswärts essen gingen.
Man schaut sich die neuen Serien an und kündigt nach zwei, drei Monaten das Abo wieder.
Sehenswerte Serien bieten hin und wieder auch die Mediatheken von ARD und ZDF. (Und wirklich nie die Mediathek von DRS.) Allerdings braucht es dafür einen VPN-Dienst, um sich als Zuschauer in Deutschland auszugeben.
Ärgerlich an der Sache ist, dass wir on top of that 365 Franken im Jahr für Rundfunkgebühren für DRS (und Telebasel) bezahlen müssen (siehe oben).
Weil wir uns mit Apple Music und Sonos auch radiomässig ausserhalb des nationalen Senderkorsetts bewegen.
Karsten Füllhaas meint
Was den TV-Konsum angeht, kann ich Dir nur zustimmen, auch bei mir ist das TV-Gerät eine Leinwand für Inhalte aus vielen Quellen. Bei den Serien kann ich Dir noch Lucifer als Tipp hierlassen (Netflix, 4 Staffeln)
Christoph Meury meint
Die Einschätzung von MM ist fürs Schweizer Fernsehen natürlich blamabel. Das eigentliche SRF-Zielpublikum der Ü65 wendet sich dezidiert von den angebotenen Fernsehformaten ab und wünscht das analoge Fernsehen ins Pfefferland. Verweigert sich dem staatlich verordneten Tranquilizer. Das wird heiter werden. Die restlichen 100 ZuschauerInnen dürfen, à la Radiowunschkonzert, ihre Programmvorschläge mit Filmrevivals und Limericks aus dem Poesiealbum an ihre Lieben hinter den Bergen bei den sieben Zwergen versehen und werden dann mit einem massgeschneiderten Wiederholungsprogramm und launigen Moderationssprüchen grundversorgt. Die übrigen schwirren zu den Privatanbietern.
Auch wir sind seit geraumer Zeit dort Stammkunden und haben die Programmtipps von MM längstens abgearbeitet. «You better call Saul« ist mein derzeitiger Favorit…
F. Kissling meint
Sie haben recht, analoges Fernsehen ist nichts für Süchtige. Und Ihre Argumentation erinnert an jene, die Kühe für entbehrlich halten, solange es die Milch in Tüten bei Aldi gibt. Unter uns: sind Sie nicht selber etwas zusammengezuckt, als Sie Ihre Liste (oder sind es mediale Linien?) der Abhängigkeit uns Keyboard gedrechselt haben? Immerhin outen Sie sich, in verschiedener Hinsicht – kulturell, psychogrammatisch, intellektuell usf. – das hat durchaus etwas Bewundernswertes (doch, ernst gemeint, es gibt genug, die tun als ob).
M.M. meint
Hab kein Problem mit der Liste. Das Problem ist ja derzeit noch, dass Serien als weniger wertig gelten als Romane.
Man könnte sagen, die uralte Diskussion um den kulturellen Wert des Films wiederhole sich.
Der Vergleich Kuh-Tüte ist deshalb etwas schief, besser wäre Kinobesuch-BBC/HBO-netflix-Serien.
Aber wenn Sie den Samstagsjass Narcos vorziehen, ist Ihnen überlassen.
F. Kissling meint
Aber sicher doch, jenseits von Saul gibt es keinen Markt und wer das bezweifelt, wird gleich als dröger Jasskonsumenten verunglimpft. Minu-TV wäre ein weiteres Killerargument für die ach so ewigjugendlichen MMs oder Meurys dieser Welt, die mit dem hypen Konfektgestreame mitschwimmend der stetig rieselnden Sanduhr zu entfliehen versuchen. Freunde, nabelt doch ab von Euren Hypnotika und lebt noch ein kurzes Weilchen in selbstbestimmter Freiheit.
M.M. meint
Ich denke, Sie sind einfach nicht auf der Höhe der Diskussion. Ist ja egal.
Marcus Denoth meint
SRF: Sport und Netz Natur, sowie aktuelle Dinge wie Abstimmungs- und Wahlstudios.
SRF Radio: Echo der Zeit, International, Morgennachrichten, Regionaljournal evt. Rendez-Vous
Serien: ARD / ZDF / ORF 1
Dokumentationen: ZDF / ORF 2 / ORF 3
Late-Night / Lustiges: ZDFNeo / ZDF / ORF 1
Nachrichten: heute-Journal oder ZIB 2 (Je nach Thematik und Interviewer-Intervieweten-Konstellation)
Sonstiger Radiokonsum den Tag hindurch / Unterhaltung: Am Liebsten FM4.
In etwa so siehts bei mir U40 aus.
M.M. meint
mein Problem: interessiere mich nicht für Sport.
Marcus Denoth meint
Das ist kein Problem, das ist ihre freie Entscheidung, ob sie es mögen oder nicht 😉
Jeder (oder muss man es hier auch „Jede*r“ nennen?) hat seine eigenen Präferenzen.
Was mir beim SRF Mühe macht: Irgendwie scheine ich inkompatibel mit dem schweizer SRF-Humor zu sein, find es einfach nicht so lustig. Mir sind da die Österreicher (Willkommen Österreich) oder die Deutschen (Die Anstalt / heute-Show / Extra 3) einfach näher in Sachen Humor /Kabarett.
Und sobald SRF etwas selber bestimmen darf, dann bleibt es in der Region Zürich beheimatet. Auch die ganzen „Humoristen“ der letzten Jahre, welche am SRF dauerpräsent sein durften und dürfen, haben ihren Lebensmittelpunkt und ihre Sozialisation in und um Zürich. Und das spricht mich einfach nicht an.
Das Selbe dann beim Tatort. Kaum ist die NoBillag-Abstimmung vorüber, wo man versicherte, SRF sei nicht mehr zürichlastig etc. hat man den Tatort nach Zürich verschoben. Nein, das sorgt nicht gerade für Sympathiepunkte gegenüber SRF. Sollen sie ihr zürcher Regionalfernsehen weiter ausbauen, ich schalte immer weniger ein und lande vor allem im benachbartem Ausland am TV.