Arlesheim kurz vor dem Untergang: Propagandabild auf Postwurfsendung in alle Haushaltungen.
Als wir unser Haus in Arlesheim bauen wollten, da kam diese Einsprache aller Anwohner der Privatstrasse wie ein Donnerschlag. Was zum Geier hatte unser Architekt denn falsch gemacht? Hinter der Einsprache stand die hochbetagte Erbin des Schindlerkonzerns.
Mit anderen Worten: sehr viel Geld.
Ergo wurde der für eine solche Sache beste Anwalt des Landkantons, der ehemalige Chef des kantonalen Bauinspektorats, beauftragt, alles zu unternehmen, um diesen Neubau an einer nun wahrlich nicht gerade erstklassigen Lage zu verhindern.
Die Absicht hinter all den Einsprachebegründungen über Dachschrägen, Zonenplankonformität, Zentimeterabständen war einzig und allein, den Bau unseres Hauses zu verhindern.
Denn es ging ums Überhaupt: Überhaupt. es ist jetzt genug gebaut.
Fast ein Jahr hat das Hin und Her gedauert und es sah während Wochen so aus, als ob die Einsprecher in diesem irrationalen Kampf obsiegen würden. Doch irgendwann wurden die Einsprachen ohne weitere Erklärung zurückgezogen.
In Arlesheim (und auch anderswo) kann kaum mehr ohne Einsprachen gebaut werden.
Warum ich das schreibe?
Weil in Arlesheim derzeit ein Zonenplan, über den an der Gemeindeversammlung von Donnerstag abgestimmt wird, absurd hohe Wellen schlägt. Da werden von den Gegnern der Vorlage Plakate gehängt, Prospekte in alle Haushaltungen verteilt, Inserate geschaltet, wird eine Website eingerichtet.
Es wird mit Mehrverkehr argumentiert, mit Grundwasserströmen und Feuchtgebieten, mit Gefahren für Alte und Kinder, mit der Gefahr „einer anonymen Wohnform“ und so weiter und so fort. Kurz: Es wird zurechtgebogen und an die Wand geteufelt, dass es nur so kracht.
Die treibende Kraft hinter dieser im Vorfeld einer Gemeindeversammlung sehr ungewöhnlichen, weil aufwendigen Kampagne ist zum einen ein Banker, Mark Kahnau, früher Merill Lynch, heute Julius Bär, früher Deutscher, heute Arlesheimer.
Der hat kürzlich dort oben gebaut. Wie seine Nachbarn auch nach dem derzeit geltenden Zonenplan. Das sieht dann auch so aus, mit einem Touch von Fertighaus aus Deutschland.
Weil also Geldmittel keine Rolle spielen, wurde flux noch das Planungsbüro HintermannWeber eingespannt. Auf 35 Folien befasst sich das Projekt „1142 Beratung QP Uf der Höchi 2 – Arlesheim“ mit der Vorlage an die Gemeindeversammlung.
Na klar doch, alles, was die Gemeinde bisher gemacht hat, ist falsch. Der prinzipielle Fehler: Der Auftrag für den Zonenplan ging ans falsche Büro.
Mitinhaber des Planungsbüros des Reinacher Gemeindepräsidenten Urs Hintermann ist Felix Berchten. Der wohnt auch im Quartier und versucht seit Wochen, Parteien und Bürger mit den Folien aus dem Hause HintermannWeber.ch zu beeindrucken. Mit Behauptungen und Darstellungen aus einer buntbestückten Propagandakiste.
Das Engagement von Herrn Berchten ist in sofern interessant, als er als Mitglied der Frischluft, des lokalen Ablegers der Grünen Baselland, sich vehement gegen ein verdichtetes Bauen in Arlesheim wehrt. Gegen ein Postulat, das die Grünen landauf landab als Mittel für einen effizienten Umgang mit den letzten Baulandreserven propagieren.
Doch was anderswo gut ist, ist halt vor dem eigenen Wohnzimmerfenster schlecht. In der Frischluft herrscht derzeit denn auch ziemlich dicke Luft.
Nun ist der Vorgang in Arlesheim nicht wegen des Geschäfts interessant, es kann so oder so gebaut werden, es ist einfach eine Frage wie, sondern wegen der Art und Weise, wie hier eine kleine, finanzkräftige Gruppe versucht, das Votum einer Gemeindeversammlung zu kaufen.
Denn fände eine Urnenabstimmung statt, dann könnte man diesen Propagandaaufwand noch verstehen. Aber für eine Gemeindeversammlung sind das doch ziemlich ungewohnte Propagandadimensionen, die da erreicht wurden.
Das wird am Donnerstag eine jener immer öfters zu beobachteten Stimmbürger_innen-Versammlungen werden, wo für ein einzelnes Traktandum ein Grossaufmarsch organisiert wird. Ist das Geschäft erledigt, stehen die Partikularinteressler auf und verlassen den Saal.
Der Gemeinderat hat vorsichtshalber die Gemeindeversammlung vom Donnerstag in einen grösseren Saal verlegt. Es ist eine sonst nicht übliche Eingangskontrolle vorgesehen, weil sich bei solchen Geschäften oftmals Leute einmischen, die gar nicht berechtigt sind.
Ich bin der Meinung, man soll den Kampf der Herren Berchten und Kahnau privatisieren, d.h., die Gemeindeversammlung legt die Regeln fest, nach denen dort oben gebaut werden kann – also so baulandschonend wie möglich – und anschliessend können die beiden gegen das Bauvorhaben Einspruch erheben, falls sie es für nötig erachten bis vors Bundesgericht.
Mark Kahnau meint
Sehr geehter Herr Messmer, Ihr Block hat alles, damit sich ein Arlesheimer Stimmbürger schämen muss. Ein wenig Sozialneid, ein wenig Ausländerfeindlichkeit. Leider enthält dieser wie immer nichts zum Projekt selber. Schaden tun sie damit in erster Linie sich selber, den Beführwortern und der FDP Arlesheim, wo Sie ja Mitglied sind. Das ist alles sehr traurig!
M.M. meint
Ich war noch nie und werde auch nie Mitglied der FDP.
Jakob Rohrbach meint
Wer sich der Sache unvoreingenommen hingibt und die Fakten betrachtet, wird rasch feststellen, dass die Befürworter derzeit aufgrund fehlender Argumente in die persönliche Schiene einschwenken. Die Gegner der Vorlage haben bisher auf solch persönliche Angriffe verzichtet, daher gibt es für mich als Arlesheimer Einwohner derzeit nur eines: die Ablehnung des QP2.
Einsprachen dürfen Mitmenschen immer einreichen, ob diese dann auch gut geheissen werden, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Nun aufgrund von persönlichen Erfahrungen (wie Ihre Herr Manfred Messmer) alle irgendwo auftauchenden Bedenken als lächerlich darzustellen, ist beinahe schon eine Beleidigung. Persönliche Bedenken sind immer (hoffentlich!) persönlich, andernfalls wäre man politische Manipuliermasse und Abnicker. Wer will das schon sein? Zumindest ich bestimmt nicht.
Der QP2 ist als Gefälligkeits- und Kniefall der Gemeinde vor dem Investor zu bezeichnen, und als nicht anderes. Hat die Gemeinde wirklich nichts besseres verdient? SInd EInfamilienhäuser tatsächlich so übel? Leben tatsächlich alle Befürworter in verdichteten Siedlungen? Übernehmen die Befürworter etwelche Folgekosten, wenn der unglückliche QP2 wiederum nicht zum Verkauf der Wohneinheiten führt? Wieso rufen gerade wirtschaftsnahe, politische Kreise/Parteien am Lautesten nach dieser (staatlichen) QP-Korrektur, wo doch sonst die unternehmerische Freiheit so hoch gelobt wird? Wo bleibt hier das unternehmerische Risiko, immerhin entstand der erste QP aufgrund von Bedürfnissen der Bauherrschaft (Aufhebung des bestehenden Zonenplanes!). Wollte man den ersten QP gar nie umsetzen, sondern war da immer eine Immobilienspekulation geplant?
Wieso hört man hinter vorgehaltener Hand, dass sogar Befürworter eigentlich nicht dort (im geplanten QP2) wohnen wollten…? Erstaunlicherweise habe ich genau zu diesen Fragen bisher von den Befürwortern keine Antworten gehört, wo diese wirklich wichtig wären, um für sich eine möglichst objektive Entscheidung zu finden.
Mark Kahnau meint
Lieber Jakob
Ob der bestehende QP von Anfang an nicht zur Umsetzung gedacht war, wird wahrscheinlich nie restlos geklärt werden können. Meine persönliche Erfahrung als Anwohner ist folgende: Bevor ich, wie auch alle meine Nachbarn, das Grundstück zum Bau unserer Häuser gekauft haben, wurde uns der bestehende QP präsentiert. Diesen fanden alle von uns, wie aber später auch die Gemeindeversammlung gut und dem Quartier angepasst. Zusätzlich mussten wir alle unterschreiben, dass wir keine Einsprache gegen diesen QP machen würden. Später dann, als wir schon in unserem Haus gewohnt haben, habe ich wegen meiner beruflichen Tätigkeit versucht Verkaufsunterlagen zum QP zu bekommen. Ich hatte konkrete Anfragen von zwei meiner Kunden, welche sich in Arlesheim niederlassen wollten. Von der Firma Steiner wurde ich an eine Marketingfirma in Luzern verwiesen. Diese hat mir dann mehr oder weniger zu Verstehen gegeben, dass noch keine Unterlagen vorhanden seien, mir solche aber zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt würden. Bis Heute habe ich nichts bekommen. Auch ist mir aufgefallen, dass der auf dem Areal aufgestellte Container der als Verkaufs bzw. Informationsbüro dienen sollte einen eher verweissten Eindruck gemacht hat. Selbst die Buchsbäume am Eingang liess man vertrocknen. Weder hat man irgendwelche Reklame in der Baslerzeitung noch in anderen nahmhaften Tageszeitschriften finden können. Nun ich glaube, jemand der wirklich etwas verkaufen will, der geht anders vor. Jetzt wiederum wird der Gemeinde Angst gemacht mit Asnützungsziffern der Regelbauweise in der Zone W2C, welche masslos übertrieben sind. Dieses geht ganz klar aus dem Begleitbericht der Gemeinde gemäss § 39 RBG vom 28. März 2012 hervor. Dort ist die duchschnittliche Ausnutzung im Quartier mit 53% angegeben und nicht wie bei Steiner und in der Einladung zur Gemeindeversammlung mit maximal 63%. Das Ganze sieht schon sehr nach Programm aus und mann kann vermuten, dass die Firma Steiner den existierenden QP nie richtig hat umsetzen wollen. An Stelle von diesem wollte man wohl eher von Anfang an den QP2 mit wahrscheinlich höherer Rendite umsetzen. Ok es legitim für einen Finanzinvestor sein Interesse zu vertreten und das Maximum rauszuholen. Man sollte aber als Käufer oder Gemeinde oder Anwohner immer kritisch sein. Dies vor allem dann, wenn ein Investor versucht als Gutmensch bzw. Gutfirma zu verkaufen.
Eigentlich ist das aber auch egal. Die Gemeinde Arlesheim hätte die einmalige Chance auf diesem Gelände ein Projekt durch einen willigen Investor realisieren zu lassen, welches in der Agglomeration, ja sogar im Ausland höchste Anerkennung finden könnte. Einen wirklich grossen Wurf. Oekologisch, Sozial und Wirtschaftlich. Man stelle sich vor ein Projet, welches in 20-30 Jahren noch als Vorzeigeprojekt gehandelt würde. Das wäre eine tolle Sache, welche ganz sicher die Zustimmung aller Beteiligten hätte.
M.M. meint
In Arlesheim gilt für alle Neubauten Minergiestandard. Um die Oekologie brauchen Sie sich also keine Sorgen zu machen.
Wer auf dieser Parzelle wie zu welchem Endpreis baut und wer dort dann wohnen wird, braucht weder die Gemeinde noch die Stimmbürger_Innen zu interessieren.
Das nennt man Marktwirtschaft.
Das Einzige, was die Stimmbürger_Innen am Donnerstag verbindlich festlegen, sind die Rahmenbedingungen, unter denen dort gebaut werden kann.
Das nennt man Demokratie.
Ob einer Ihrer Kunden dort möglicherweise dank Ihrer Vermittlung (Money, Money) ein Haus oder eine Wohnung kaufen möchte, ist Ihre private Angelegenheit, respektive die von Julius Bär, wo sie angestellt sind.
Das ist dann ein Provisionsgeschäft.
Urs Hintermann meint
Stellungnahme der Hintermann & Weber AG zum Artikel in der BZ, resp. auf arlesheim reloaded:
Es trifft zu, dass Felix Berchten, Mitinhaber der HW, vom «Zweckverbund Wohnen am Schwinbach» persönlich den Auftrag angenommen hat, die Naturwerte auf dem Land des Goetheanums zu beurteilen und den Auftraggeber in Sachfragen zu beraten. Es ist auch richtig, dass Felix Berchten Anwohner ist und als solcher gegen den Quartierplan ankämpft. Leider wurden die beiden Rollen als Gutachter und Anwohner nicht klar getrennt.
Für seine Präsentation anlässlich einer FDP-Parteiversammlung hat Herr Berchten später die firmeneigene Powerpoint-Vorlage mit dem Firmenlogo verwendet und damit gegen den Quartierplan argumentiert. Wir halten ausdrücklich fest, dass diese Folien die persönliche Meinung von Herrn Berchten wiedergeben und nicht die Meinung der HW; die Präsentation war nicht Teil unseres Auftrages.
HW ist eine unabhängige Beratungsfirma in Umweltbelangen und liefert Entscheidungsgrundlagen. Sie mischt sich aber grundsätzlich nicht in politische Abstimmungen ein. Es widerspricht unserer Geschäftsphilosophie, Sachfragen und persönliche Ansichten zu vermischen. HW bedauert diese Panne ausserordentlich und entschuldigt sich dafür in aller Form.
Helios meint
alles valable Standpunkte, trotzdem: sackschwache Architektur an exponierter Lage. Sechs Jahre Planung und so ein dürftiges Ergebnis (und PR-mässig ebenso sackschwach aufgeschient)
Felix Berchten meint
Sehr heehrter Herr Messmer,
Die Firma Hintermann & Weber AG hat ein Mandat, die in der westlich an den QP-Perimeter anschliessenden, rechtskräftigen Naturschutzzone vorhandenen Naturwerte abzuklären. Das Mandat wurde uns von den Grundeigentümern erteilt. Da sich die hydrogeologischen Verhältnisse am Schwinbach durch das Vorhaben «QP Uf der Höchi II» möglicherweise erheblich verändern, kann dies einen Einfluss auf das geschützte Feuchtgebiet haben. Abgesehen von diesen Inhalten umfasst unser Mandat auch einen kleinen Berateranteil, in dessen Rahmen ich einige Folien zusammengestellt habe. Mit der Gemeinde Reinach oder Urs Hintermann hat das nichts zu tun. Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an mich als Mitinhaber der Firma.
Beste Grüsse
Felix Berchten
M. Leuenberger meint
„Frischluft, des lokalen Ablegers der Grünen Baselland, sich vehement gegen ein verdichtetes Bauen in Arlesheim wehrt.“
Die Grünen habens nicht so mit der Konsequenz. Es wird immer von Verdichtung geredet, selber wohnen sie meist in grosszügigen Einfamilienhäusern mit sehr grosszügigen Gärten. Aber das ist ok, es soll bitte einfach nichts neues mehr entstehen… Das gleiche Bild in Basel. Da will man am Messeplatz einen maximal verdichteten Turm hinbauen – die einzigen, die sich dagegen wehren sind die Grünen – wegen dem Schattenwurf! Die Grünen sind konsequent inkonsequent (siehe auch Umweltschutz – erneuerbare Energien), doch deren Wähler interessiert das nicht.
Raphael meint
Und wenn der Gemeinderat schlau ist, wird er bei der Eröffnung der Sitzung kundtun, dass das Traktandum „Uf der Höchi II“ als Letztes behandelt wird. Somit bleibt das Geläuf aus und viele müssen zu ihrem „Übel“ die ganze Versammlung mit anhören.
Niggi Ullrich meint
Und dazu kommt noch die erstaunliche Stimmungsmache gegen den indischen Baukonzern im Hintergrund, der mit den Gewinnen aus dem honorablen Arlesheim nach Zürich resp. Mumbai abhaut. Eigenartig. Jahrzehntelang hatte man gegen die Umkehrrentabilität nichts einzuwenden. Die Zeiten ändern sich nie und trotzdem!
maya meint
Zuerst die Gehörlosenschule vor der eignen Haustüre verhindern, und dann über Andere lästern, die sich auch an zu grossen Überbauungen stören. Bravo.