Hongkong nach vier Stunden Flug. Gutes Essen in der Business-Klasse. Die hatten sogar einen Sauternes zum Dessert auf der Getränkeliste.
Warten bis nach Mitternacht auf den Weiterflug nach Zürich. Kolumne für diese Woche ist geliefert, etwas zum Herzstück.
Kaum ist man wieder online, springt einen als erste Schlagzeile entgegen: Merkel will nicht mehr, Das scheint auch gut so.
Was wir mitnehmen:
In Japan gibt es keine öffentliche Abfallkübel, auch nicht dort, wo sich Menschen für ein Picknick treffen. Und trotzdem liegt nirgendwo Abfall rum. Weil es eine Selbstverständlichkeit ist, dass jeder seinen Abfall mit nach Hause nimmt und dort entsorgt.
Die Schweizer putzen ja auch gern. So wie die Japaner.
Doch während wir putzen, weil es einfach noch schöner ist, wenn’s sauber ist, ist der Putzeifer der Japaner religös bedingt.
Ein Zigarettenstummel auf dem Trottoir oder ein weggeworfener Papierfetzen – beides wird man in Japan kaum irgendwo rumliegen sehen – stört die im Shintoismus angelegte Harmonie.
Es sei für sie schier unerträglich, meinte eine unserer Guides, wenn sie auf dem Trottoir etwas rumliegen sehe, das dort nicht hingehöre. Da komme es schon mal vor, dass sie sich nach dem Weggeworfenen bücke und es mit nachhause nehme.
Und lachte dabei über sich selbst.
Wirklich erstaunlich ist, dass sich die praktisch alle Japaner sowohl zum Shintoismus als gleichzeitig auch zum Buddhismus bekennen. Wobei der Shintoismus nach dem Dekret von McArthur nun keine Staatsidiologie mehr ist, sondern wieder eine Religion.
Während ersterer dem Animismus zuzurechnen ist, mit ensprechendem Ausgeliefertsein an Schicksal, Mächte und Götter und, noch schlimmer (finde ich), an die verstorbene, weitläufige Verwandschaft, handelt es sich bei letzterem bekanntlich um eine Selbstberlösungsreligion, wo das Ziel ist, mit einem karmapositiven Lebenswandel nach tausenden von Geburten endlich ins Nirvana einzugehen.
Ganz ohne Verwandtschaft.
Es ist irgendwie irritierend, dass die scheinbar rationale und durch ausgefeilte Regeln getaktete Welt der Japaner durch einen ziemlich einfältigen Aberglauben gesteuert wird. Der Verkauf von Glücksbringern – Kitsch kennt da keine Grenzen – ist ein sehr lukratives Geschäft.
Die Japaner leben auf ihren Inseln in einer ziemlich geschlossenen Gesellschaft. Doch die prägenden Impulse kamen immer von aussen: Die Schrift aus China, der Buddhismus samt Hindugöttern aus Indien und die Industrislisierung, das Rechtssystem und der Parlamentarismus aus Europa. Noch heute stellen japanische Ärzte ihre Rezepte auf Deutsch aus, weil es ein Deutscher war, der die moderne Medizin nach Japan brachte.
Was wir mitnehmen:
Eine Mahlzeit kann aus vielen verschiedenen Elementen bestehen, aus Fleisch und Fisch, aus Gemüse und Früchten. Wenig Süsses aber viel Eiweiss. Reis und Misosuppe ist ein Muss. Auch zum Frühstück.Satt wird man nicht durch Menge sondern mit Vielfalt.
Die japanische Art des Badens: Zuerst gründlich duschen und sich danach in die mit heissem Wasser (40 Grad) gefüllte Wanne legen. Sich in der Badewanne einzuseifen und dann noch in dieser Brühe zu verweilen, bis das Wasser kalt ist, löst bei Japanern das helle Entsetzen aus. (Als ich das einem unserer Guides erzählte, kam ich mir wie ein wirklich unzivilisierter Barbar vor. So jedenfalls hat sie mich angeschaut.) Duscht man zwischendurch mit kaltem Wasser, dann hat so ein japanischer Badegang den entspannenden Effekt einer Sauna.
Wir, sorry, sie wird ein paar Ideen aus den vielen grösseren und kleineren japanischen Gärten, die wir mit grosser Bewunderung bestaunt haben, bei uns zuhause übernehmen. Steine und Grünzeugs, sogar einen Miniteich haben wir. Ist dann nur noch eine Frage des Ordnens und Schnippselns. Ähem.
Michael Przewrocki meint
In Polen in der Sozialismuszeit war das genauso. Kein Abfall auf dem Boden. In Basel gestern abend halbvolle Bierbüchse aus dem Bus spediert. Auf der Bank BVB-Häuschen Riesensack Abfall. Behälter ist in 5m Entfernung. Die Putzequipe reinigt sogar deN Müll vor dem Lädeli-auf Privatgrundstück- weg. Dort hats Automat.
altro due elle meint
. . .„karmapositiven Lebenswandel“ . . . – wow, griffige Redewendung, bei Google noch unbekannt!
Daneben die auf buddhistischen Ursprung zurückgehende Achtsamkeit und die meditative Haltung, welche in fast allen Bereichen und Künsten zu grundlegenden und ritualisierten Bestandteilen mit transzendenter Ausrichtung geworden sind, sei es Ikebana, Malerei oder Schwert, etc.
(—> Noch mehr Japan im Museum Rietberg Zürich, Ausstellung ROSETSU – Fantastische Bilderwelten aus Japan, noch bis 4.11.)