Diese Woche war ich im ersten Lunchkonzert des Sinfonieorchester Basel. Diese finden jeweils im Stadt-Casino statt, beginnen kurz nach zwölf und dauern etwa eine Stunde. Nicht die schlechteste Art, seine Mittagspause zu verbringen.
Sie spielten John Cage, „Suite for Toy Piano“, zunächst die Originalfassung, also genau auf dem Spielzeugklavier, für das Cage dieses Stück geschrieben hat, (gibt eines im Musikmuseum Basel, in Basel gibt es (fast) alles). Die Pianistin kniete vor dem Instrument, das anschliessend von einem Bühnenarbeiter lässig mit einer Hand abgeräumt wurde, unter beifallendem Gelächter des Publikums. Danach hörten wir die Orchesterfassung des Stücks (arrangiert 1963 von Lou Harrison).
Na ja, habe ich mir gedacht, ich bin ja nicht vom Fach, ich lese ja nur (noch immer) diese Biografie. Die Orchesterfassung ist eher enttäuschend, die Komposition tönt jetzt wie die Filmmusik für ein Sandalenepos aus den 50-Jahre. Stehe nach dem Konzert unter dem Eindruck, dass das Leben von Cage mehr hergibt, als seine Kompositionen.
Was mich geärgert hat:
Während mir die Namen irgendwelcher drittklassiger Männer, die für den Basler Regierungsrat kandidieren, geläufig sind, hatte ich keine Ahnung, wer dieser Dirigent dort vorne am Pult ist. Ich meine: das ist doch der Name, den man sich in Basel merken muss (Dennis Russel Davies). Werde in den nächsten Wochen beim rebooten meiner Festplatte einiges nicht mehr neu speichern.
Der Junior hält mich seit zwei Tagen mit seinem ganzen Charme auf Trab. Er ist zwar erst 1.3 Jahre alt, aber er weiss bereits, wie man dieses verflixte iPhone einschaltet.
Sein Leben ist ein einziger intensiver Lernprozess. Nichts entgeht seiner Aufmerksamkeit. Was neu ist dieses Mal, er wiederholt Abläufe, er übt. Herr Sloterdijk hat dazu ein lesenswertes Buch geschrieben „Du musst dein Leben ändern“, (ich lese ihn seit ein paar Wochen und werde wohl noch ein paar weitere mit ihm verbringen; weil die deutschen Verlage partout nicht ans E-Book glauben halt auch auf Papier; ich grüsse die Papierfraktion).
Sein Essay ist ein Plädoyer für’s Üben. Herr Sloterdijk versteht unter Üben „jede Operation, durch welche die Qualifikation des Handelnden zur nächsten Ausführung der gleichen Operation erhalten oder verbessert wird, sei sie als Übung deklariert oder nicht.“
Also genau das macht er jetzt, der Junior. Und wird nie mehr damit aufhören, hoffe ich.
bugsierer meint
ist hier zwar etwas off topic, aber dennoch: sie sind ja ein bekennender und träf formulierender klimaskeptiker und berufen sich immer wieder auf dieses klimawidget, das sie seit jahren in ihrem blog eingebaut haben.
jetzt muss ich lesen, dass dieses widget als die „populärste trickgrafik der klimaskeptiker“ bezeichnet wird. und dies in einer quelle, die nicht ohne ist:
http://www.scilogs.de/wblogs/blog/klimalounge/klimadaten/2012-09-27/die-populaerste-trickgrafik-der-klimaskeptiker-vahrenholt
ihre meinung?
M.M. meint
Ich bin auch erschüttert. 🙂
Hier kann man sich durch Dutzende von Bodenstationen durchklicken.
Ob die Kurven steil oder weniger steil verlaufen sollen – who the f**** cares? Fest steht. 0.34 Grad plus weltweiter Durchschnitt seit 1979.
Werner Spinnler meint
Das Mittwochabendkonzert mit dem Sinfonieorchester hatte ebenfalls dieses Toy-Piano mit der knieenden Japanerin im Programm. Jon Gage war übrigens zum Vergessen. Zwei weitere Programmpunkte liessen diesen Abend zu einem grossartigen Genuss werden. Eine Komposition für Klavier und Orchester von Manuel de Falla und die vierte Symphonie von Johannes Brahms. Das Orchester interpretierte die Symphonie so eindrucksvoll, dass man tief beeindruckt war.
merlinx meint
Heute der Aufführung eines Cage’schen Werkes im Musiksaal beizuwohnen bringt vergleichsweise etwa soviel Vergnügen wie eine geführte Wanderung im Steinbruch, wo der Marmor für eine berühmte Marmorstatue gehauen wurde. Man kommt leicht ins Schwärmen.
Aber seine Biographie ist eine einzigartige Linkliste zu allen wichtigen Personen und relevanten Strömungen der Kunst des 20. Jh.
Von dort immer wieder zu Cage zurückzukehren, ist sehr spannend und nur empfehlenswert.
M.M. meint
Schön geschrieben. Und zutreffend.