Im Nachhinein ist man ja immer etwas schlauer. Obwohl – vielleicht war 2008 der Genfer Staatsanwalt Yves Bertossa einfach seiner Zeit voraus, als er Hannibal Gaddafi ohne Rücksicht auf Verluste kurzerhand über Nacht in Haft nahm. Wegen schwerer Misshandlung seiner Angestellten. Bertossa hielt sich an Justitia, an die Jungfrau mit den verbundenen Augen.
Doch weil seine Rechtsauffassung die Libyen-Krise auslöste, wurde er heftigst gescholten.
Weil der zuständige Staatsanwalt Yves Bertossa diese schwierige Gratwanderung zwischen Gerechtigkeit und politischem Kalkül nicht beachtet hat, muss er jetzt mit einem Verweis seines Chefs, des Oberstaatsanwaltes Daniel Zappelli, rechnen.
Schrieb damals die WELTWOCHE und verstand das als Vorwurf an die Adresse Bertossas. Denn die Libyen-Krise hätte vermieden werden können, monierte das Wochenblatt.
Tja, immer diese Gratwanderungen.
Doch wer sich heute darüber empört, dass man die Gaddafis über Jahre hofierte, verkennt die Realitäten dieser Welt. Rechtsstaat hin oder her, bei Diktatoren und deren Entourage gilt das pragmatische Appeasement.
Dem folgt in der Regel auch die Genfer Justiz, bei der es Praxis ist…
… in diplomatisch heiklen Situationen nach einem Kompromiss zwischen Rechtsstaat und internationalen Beziehungen zu suchen. Denn die Justiz bewegt sich nicht in einem Vakuum. In Genf ist das keine graue Theorie. Dort kann der Staatsanwalt unter Berücksichtigung internationaler Implikationen entscheiden, ob ein Strafverfahren eingestellt werden soll oder nicht. Und das gilt selbst bei Mord.
Selbst bei Mord.
Die Affäre ist jetzt ausgestanden. Die Schweiz ist dank des Aufstands der Libyer aus dem Schneider. Und die 500’000 Franken Kaution, die Hannibal Gaddafi leisten musste, bleiben in Genf.
Mittelmass meint
Aus aktuellem Anlass, hier ein Zitat von Gadafffffi (hatte auch mal was wahres gesagt):
„Türkei „trojanisches Pferd des Islam“ sagt Muammar el Gaddafi
„Das Land sei ein „trojanisches Pferd des Islam“, das nach Europa dränge…..“.“ Ein EU-Mitglied Türkei sei,
als würde man das Organ eines Menschen in eine Person mit anderer Blutgruppe verpflanzen.“ „Die Türken
würden diesmal nicht wie vor einigen 100 Jahren vor den Toren Wiens stoppen, sondern versuchen, den
Islam über den Atlantik zu bringen. Da er „Verantwortung für die Stabilität der Welt“ habe, sehe er sich
genötigt, dies alles öffentlich mitzuteilen. Europa bleibe ohnehin nichts anderes übrig, den Islam irgendwann
zu akzeptieren oder Krieg gegen die Moslems zu führen.“
http://www.focus.de/politik/ausland/libyen_aid_112491.html
Na ja, das mit der „Verantwortung für die Stabilität blabla“ kann man sich schenken.
Vielleicht sollten die Jusos, nachdem sie erfolglos versucht haben Köppel zu verklagen, sich auf Gadaffi konzentrieren, ist ja auch ein Rassist (weil Religion=Rasse).