Mein Problem mit dem Wahlergebnis in Stadt und Land ist, anders als bei den anderen Politbeobachtern, nicht der Rechts- und Linksrutsch in Stadt und Land. Weil mir die Parteizugehörigkeit der Kandidaten aufs Erste gesehen ziemlich schnurz ist. Was für mich zunächst zählt, ist die Qualität der Gewählten, deren Kompetenz, Intelligenz, Bildung und politische Erfahrung.
Polit-Axiom: Ein intelligenter Gegner verspricht mehr Spass als ein Dummkopf, kann auch eine Frau sein, aus dem eigenen Lager.
Stellt man also die Parteizugehörigkeit hintan, dann hat Basel-Stadt in Sachen Qualität ein deutliches Upgrade erfahren: Der politisch blasse, Kommentatoren behaupten gar, unfähige Herr Lehmann und der als netter Tiefflieger geltende Herr Stolz, dessen Politkarriere nun ebenfalls beendet ist, wurden durch Herrn Eymann und Frau Arslan ersetzt.
Damit schicken die Basler fünf Abgeordnete plus das Ausnahmetalent Fetz nach Bern, die man dort allesamt zur Kenntnis nehmen wird. Na ja, vielleicht mit Ausnahme von Herrn Frehner, weil der in der unübersichtlichen Masse der SVP-Fraktion verblassen wird.
Trotzdem: Hat man die Basler Abordnung vor Augen, dann ist (einmal mehr) das Gefälle zum Landkanton nicht wegzudiskutieren. Zumindest auf der bürgerlichen Seite. Klar mag ich der Frau Sollberger, der Kandidatin von Busers Gnaden, gönnen, dass sie den zweiten Sitz der SVP gewonnen hat.
Und selbstverständlich kann ich auch Frau Schneeberger von Mensch zu Mensch gratulieren, dass die besondere personelle Konstellation dieser Wahlen ihr erneut zum Glück gereichte.
Dass sie und Herr de Courten wiedergewählt wurden, liegt halt in der Naturgesetzlichkeit der Wahlen in der Schweiz: Wer die Flagge «bisher» schwenken kann, dessen Wahl ist so gut wie gesichert. Gerade weil die Herren Lehmann und Stolz und mehr noch Herr Mörgeli die Ausnahme der Regel bestätigen.
Das Baselbieter Problem liegt darin, dass die Baselbieter Parteien – und zwar von links bis rechts – ein ziemliches Personalproblem haben, was bei diesen Nationalratswahlen einmal mehr überaus deutlich wurde. Wegen Frau Leutenegger Oberholzer fehlt der SP die Zwischengeneration zum Nachwuchs und bei den Grünen kommt hinter Maya Graf sehr lange gar nichts. Die CVP tritt mit Leuten an, die niemand kennt.
Der doch recht leichtfertige Umgang mit der Personalnot führt dazu, dass die Parteien mit dem ihnen zugestandenen Jus primae electionis ziemlich unbedacht umgehen. Sie tun so, als hätte der Kanton Baselland 15 Sitze wie der Aargau oder 26 wie Bern zu vergeben. Was dort zulässt, dass es neben ein paar herausragenden Vertreterinnen und Vertretern auch einen Rest an Mittelmass verträgt. Doch in Baselland haben die Bürgerlichen gerade mal vier Plätze zu vergeben. Allein diese Knappheit müsste die Parteien dazu zwingen, Qualität vor Plakattauglichkeit zu stellen.
Denn diese Frage müsste doch wachrütteln: Was, wenn der oder die tatsächlich gewählt wird? So gesehen hätte bei der FDP die Wahl meines Nichtfreundes Buser oder die von Herrn Dürr unbestritten eine andere Qualität als die von Frau Schneeberger.
Und dass bei der SVP Leute wie Frau Mall oder Herr Schäfli überhaupt auf die Liste gelangen konnten und dass Hanspeter Weibel, einer der klügsten Köpfe der Partei, von der Parteileitung im Stich gelassen wurde, muss man dem Präsidenten als taktischen Fehler ankreiden.
In diesem Sinne: viel Spass mit den Gewählten.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 21. Oktober 2015
Beat Hermann meint
Interessant ist aber auch zu sehen was in Zürich mit der dortigen SVP-Liste geschehen ist. Die Wähler haben mit dem ganz grossen Besen gekehrt: 4 alte oder angeschlagene Schlachtrösser „durchgereicht“ und Herrn Köppel und andere des Lesens und Schreibens kundige Personen mandatiert. Vielleicht müssten sich auch die Baselbieter (ein Wort, das man häufiger gebrauchen sollte) Wählerinnen und Wähler selbst an der Nase nehmen; sie sind etwas träge und denkfaul geworden.
Henry Berger meint
Ja, der Vorgang mit den veränderten Listen in Zürich ist schon etwas erstaunlich. Bin ich bis dato doch davon ausgegangen, dass die übergrosse Zahl von SVP-Wählern eine unveränderte Liste einreicht (ein Vorurteil meinerseits?) Dies auch ein Zeichen, dass sich die Wählerschaft der SVP in allen sozialen Milieus am wachsen ist.
liberopoulos meint
Im Kanton Baselland haben wir viel mehr politische Ämter zu vergeben. Ich habe lieber die besten Köpfe in der Exekutive an der Basis.
Alex Schneider meint
Wer will sich denn als intelligenter Mensch als PolitikerIn dem Trommelfeuer der Kritiker in den Medien unterwerfen? Das geht doch bis ins Privateste. Siehe arlesheimreloaded.
Schewardnadse meint
Haben Sie Frau Mall nicht mal für den Regierungsrat empfohlen, oder war das auch zynisch gemeint?
M.M. meint
Das war eine theoretische Trockenübung, auf der Logik der SVP-Strategie „nette Frauen auf’s Plakat*.
Interessant ist jedoch das Faktum, dass Herr Kämpfer Frau Mall am Tag vor der entscheidenden Präsidentensitzung der BüZa Frau Mall fallen liess.
Der Deal war dann, um die Wogen zu glätten, sie als Entschädigung auf die Nationalratsliste zu setzen.
Wie sich jetzt zeigt, und Analysen im Hintergrund zeigen, setzte die SVP-Wahlkampfleitung auf Frau Sollberger.