Kommunikationsberater und Politblogger Manfred Messmer über die FDP als Wirtschaftskammer-Partei und untaugliche Politiker
Von Joël Hoffmann
BaZ: Manfred Messmer, können Sie die sieben Baselbieter FDP-Nationalratskandidaten nennen?
Manfred Messmer: Nein, das kann ich nicht. Tut mir leid. Ich nehme an Daniela Schneeberger, Christoph Buser und Christine Frey, aber wer sonst noch?
Andreas Dürr, Christof Hiltmann, Sven Inäbnit und Rolf Richterich.
Na gut, aber diese Namen sagen mir alle nichts.
Warum nicht?
Weil der ganze Wahlkampf der FDP auf Wirtschaftskammerdirektor und Ständeratskandidat Christoph Buser ausgerichtet ist. Von dem her sind die anderen FDP-Nationalratskandidaten nicht existent.
Ist ein auf Buser ausgerichteter Wahlkampf also ein Bekenntnis zu Buser und eines gegen die bisherige Nationalrätin Schneeberger oder einfach nur Passivität der Partei?
Das ist Baselbieter Realpolitik, die hier die FDP exemplarisch vorführt. Im Kanton ist die Wirtschaftskammer dominant. Somit liegt es nahe, dass die Partei den Wahlkampf auf Buser ausgerichtet hat. Es geht auch nicht um ihn als Person, sondern um die Wirtschaftskammer. Deren Kandidat kann heissen, wie er will.
Das heisst, die FDP steht eigentlich nicht zur Wahl, sondern die Wirtschaftskammer, die sich hinter dem Label FDP verbirgt?
Ja, aber dies ist bloss ein Abbild der realen politischen Verhältnisse im Kanton Baselland mit der unglaublich starken Wirtschaftskammer. Ich meine, Buser macht ja nur Wirtschaftskammeranlässe und keinen eigentlichen Wahlkampf.
Letztlich ist der Fokus auf Buser halt doch ein Bekenntnis der Partei gegen die Bisherige Daniela Schneeberger.
Ich glaube, alle sind sich im Klaren darüber, dass Daniela Schneeberger wenig taugt.
Und Buser soll besser sein?
Bei allem, was recht ist, Buser ist um viele Qualitätsschritte besser als Schneeberger. Man muss gar nicht gegen sie sein, Buser ist schlicht die logische Wahl, denn er ist die dominante Figur.
Buser fordert auch den SP-Ständerat Claude Janiak heraus. Gibt dieser Zweikampf genug Action her, dass auch die FDP-Nationalratsliste etwas davon hat?
Buser hätte genügend Macht, auch einfach so einen Nationalratssitz zu holen. Ich sehe zudem kein Duell zwischen Janiak und Buser. Die machen parallel Wahlkampf. Buser hat entschieden, sich auf sein Alter von 44 Jahren zurückzuziehen und darüber hinaus seine politischen Floskeln abzuspulen.
Zurück zur FDP. Alle anderen Parteien machen einen Wahlparteitag oder eine Wahlauftaktveranstaltung. Wieso nicht die Freisinnigen?
Die betrachten doch die Wirtschaftskammertagung als Kick-off. Gewaltiger kann keine Partei einfahren als auf dieser Plattform. Mehr braucht eine Partei nicht und dies zeigt, die FDP ist eine Wirtschaftspartei, welche die meisten Unternehmer mobilisieren kann. Das ist doch etwas tolles für diese Partei.
Deutlicher kann man die linken Vorurteile nicht bestätigen.
Ja, aber der Wirtschaftskammeranlass ist immerhin keine Folkloreveranstaltung wie das Buurezmorge der SVP, sondern professionelle Politik, die Buser sehr gut beherrscht.
Aber Freisinn bedeutet doch mehr als nur Wirtschaftspartei.
Mit Busers Nomination als Ständeratskandidat ist der liberale Flügel der Baselbieter FDP am Ende. Und wie die kantonalen Wahlen gezeigt haben, hat die FDP mit ihrem Kurs Erfolg. Sie hat keinen Grund mehr, irgendwelche moderaten oder linksliberalen Positionen zu verkaufen.
Dann könnte man genauso gut einfach SVP wählen.
In der Tat haben wir zwei bürgerliche Parteien mit den fast identischen Positionen. Die einen haben einfach das intelligentere Personal.
Und das ist wer?
Die FDP.
Die Liberalen sind die intelligenteren SVPler?
Genau. Monica Gschwind etwa, die neue FDP-Regierungsrätin, könnte von ihren Positionen her genauso gut in der SVP sein. Die FDP hat einfach die besseren Leute, um die Inhalte umzusetzen, die beide Parteien vertreten.
Bleiben wir kurz beim Personal. Parteipräsidentin Christine Frey hält einen Parteitag als Wahlkampfauftakt für ungeeignet und Kandidat Sven Inäbnit will sich zum Wahlkampf seiner Partei nicht äussern. Was soll das?
Beide haben recht, weil beide nichts zu melden haben. Die Parteipräsidentin ist eh nur fürs Protokoll da. Sie hat keine weitere Funktion ausser der protokollarischen, die sie sehr gut erfüllt. Und Inäbnit ist nichts. Den hat man einfach noch auf der Liste.
Ihrer Meinung nach ist Buser also der einzig taugliche Politiker.
Die FDP hat mit ihm im Gegensatz zur SVP ein Zugpferd. Die Volkspartei hat keinen Caspar Baader mehr, sondern einen Feuerwehrmann und eine Frau, die nichts kann, ausser eine Frisur zu haben.
Sind Sandra Sollbergers Strähnchen relevant?
Ich meine, ja, nur die SVP tritt mit einer lächerlichen Liste an. Der Einzige, der mir gefällt, ist Hanspeter Weibel. Der hat auch den Intellekt …
… und könnte darum FDPler sein?
Klar. Er hat sich sicherlich überlegt, dass er in der FDP weniger Einfluss hätte als in der SVP, weil er dort nicht der einzige gescheite Kopf wäre. Der freisinnige No-Name Inäbnit wäre bei der SVP hingegen der König
Was kommt im Herbst raus?
Ich rechne damit, dass Daniela Schneeberger untergeht. Zudem macht die FDP eher einen zweiten Nationalratssitz als die SVP einen dritten. Und wenn es gut kommt, hat die FDP zwei Nationalratssitze und einen Ständeratssitz. Ich glaube, das Rennen zwischen Janiak und Buser ist offen.
Warum sind Sie von Busers Chance so überzeugt?
Weil die Wirtschaftskammer bei jedem Thema ihre Finger im Spiel hat und der Buser dauerpräsent ist.
Immerhin getraut sich die SP, ihn und seinen Verband öffentlich anzugreifen.
Die Baselbieter SP hat keine Themen und ist darum auf ein Feindbild angewiesen. Dass sie sich Buser wählen, zeigt ja nur, wie mächtig er und seine Wirtschaftskammer sind. Die linke Kritik bringt immerhin beiden etwas.
Inwiefern?
Sie greifen sich gegenseitig an und Journalisten berichten darüber. Die anderen Kandidaten haben hingegen das Problem, dass sie in der Öffentlichkeit nicht stattfinden.
Zuerst erschienen in der Basler Zeitung vom 27. August 2015.
Vielleicht noch dies als Hintergrund: Ich habe das Interview nicht gegengelesen, wie das üblich ist und wie mir das angeboten wurde. Ich habe darauf verzichtet, weil ich diese Gegenleserei, die zu einer Art Nachzensur verkommen ist, schon lange keine gute Entwicklung finde. Entweder man steht auch nachher zu seinen Worten oder man lässt es bleiben mit Journalisten zu reden.
Grummel meint
Was zu beweisen wäre.
Bloss: Wie?
gotte meint
so richtig unbestritten scheint der altmarktprinz doch nicht zu sein, sind doch momentan einige insider dabei, luft ins wirtschaftskämmerlein zu bringen und den verflechtungsfilz etwas zu lüften. das hat schon fast krimi-qualität, wie da mit schein- und tarnfirmen gearbeitet wird, um die politik zu beeinflussen und es werden sicher noch einige motten auffliegen im laufe dieses fdp-internen wahlkampfs…
M.M. meint
Das wäre die eigentliche Politstory, aufzudecken, wer den Gerechtigkeitsfunk aka SRF Regionaljournal mit den Informationen füttert.
Urs meint
Ja was jetzt? Aufdecken, was aufzudecken ist? Oder lieber nur aufdecken, wer aufdecken will?